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Leben im Camper

Jumpino on tour 3 – September/Oktober 2024

Härtetest für den Jumpino – Flamingos und Prinzen - Über die Apenninen durch die Toskana an den Lago di Trasimeno in Umbrien 

Irgendwo im Nirgendwo kann‘s so schön sein

Am Parkplatz in Bergamo docken die Schausteller ihre Lastwägen an ihre Monsterhomes. Es wird auch für mich Zeit aufzubrechen, bevor die Schranke mit 2,20 (zu niedrig für den Jumpino) wieder geschlossen wird. Um 10:30 brechen wir auf (wir = Jumpino und ich), gemeinsam mit den Schaustellern.

Für uns geht’s Richtung Süden – Ziel: Arezzo in Umbrien, aber mit einigen Zwischenstopps. Ich mag nicht eilen, sondern gemütlich über kleine Nebenstraßen durchs Land fahren und irgendwo im Nirgendwo Zwischenstopps einlegen. Ich fahre eine kaum befahrene Strecke an einem Bach entlang an dem ca. 200 weiße Seidenreiher sitzen, schneeweiß mit einem netten Schopf. Auch ein einzelner Graureiher ist dabei. Ansonsten ist die Fahrt vorbei an Cremona ziemlich unspektakulär, flach, Felder (meist Mais) und kleine Ortschaften.

Wie üblich ist auf den Nebenstrecken wenig Verkehr, es geht mit 60 km/h Durchschnittsgeschwindigkeit durchs Land und nach 2  1/2 Stunden Fahrt ist es auch schon wieder genug für heute

Das für heute auserkorene Ziel heißt Casalmaggiore. Ein Ort über den ich nichts weiß, aber er liegt am Fluss, am Po (nördlich von Parma) und es gibt einen Parkplatz direkt am Flussufer. Das sind für mich schon genug Gründe einen Ort anzusteuern. Mal sehen ob er für die Nacht geeignet ist.

Aber es ist erst 14:00 Uhr. Soll ich da schon anhalten? Ich ziehe gerade in Erwägung noch ein paar Stunden weiterzufahren und nur eine kurze Mittagspause in diesem Ort zu machen.

Was für ein unsinniger Gedanke. Nein, hier kann man nicht einfach weiterfahren, hier muss man mindestens einen Tag verbringen. Ich bleibe!

Der Parkplatz liegt direkt am Fluss durch einen Damm vom Ort getrennt auf dem ein wunderschöner Radweg entlangführt. Es ist absolut ruhig hier. Ich parke direkt am Ufer, 5 m unter mir fließt mächtig, breit und behäbig der Po. Zu beiden Seiten liegen Parks. Ein kleiner, netter hübsch angelegter mit Bänkchen und zur andern Seite eine Naturreservat - Wildnis pur. Ich wandere durch beide und dann über den Damm durch ein hübsches Stadttor in ein absolut liebenswertes Städtchen. Schmale Gassen, bunte Häuschen, schöne Villen, viele Kirchen…

2 ältere Damen kommen mir entgegen, etwa 5 Jahre älter als ich, und beide tragen sie bei den warmen Temperaturen Jacken und Halstücher. Sie beginnen einen kleinen Plausch mit mir, verwundert weil sie so warm angezogen sind und ich nur im T-Shirt herumlaufe. Schickt es sich vielleicht in Italien nicht, für ältere Damen (wie mich), mit bloßen Armen herumzulaufen? Ein paar Brocken versteht man ja immer und alle 3 lachen wir als ich auf mein Hemd deute dass ich für den Notfall um die Hüften gebunden habe. Schade dass ich noch nicht mehr verstehe und sagen kann. Aber das spornt zum Lernen an und jeden Tag arbeite ich mich durch eine Italienisch Lektion.

Zurück am Stellplatz am Ufer, gibt es einen der schönsten und längsten Sonnenuntergänge die ich je jenseits der Meere erlebt habe. Gemütlich im Eingang vom Jumpino sitzend genieße ich den herrlichen Anblick der sich über eine Stunde hinzieht und untermale die Stimmung ein wenig mit meiner Flöte, trink ein Gläschen Wein und bin so froh hier für die Nacht angehalten zu haben.

Sonnenschein am nächsten Morgen aber nordwestlich von hier muss es stark geregnet haben. Der Pegel ist sichtlich gestiegen, der Fluss fließt schneller und bringt viel Treibgut mit sich, ganze Bäume schwimmen da daher.

 

Härtetest für den Jumpino

Meine für heute geplante Route nach Arezzo muss ich wieder ändern. Aufgrund extremer weitflächiger Überschwemmungen in der Emilia Romagna sind alle Straßen in diese Richtung gesperrt. Bleibt nur nach Südwesten über die Apenninen zu fahren. Und so fällt die Wahl für den heutigen Stopp auf Bagni di Lucca (noch in den Bergen und nördlich vom bekannteren Lucca).

Die ersten 100 km waren für mich ziemlich langweilig durch die große Ebene mit viel Verkehr. Nicht so für den Jumpino, für den war sie der absolute Härtetest. Ich bin noch nie auf so schlechten Straßenbelägen gefahren. Ein Rütteln und Schütteln ist das hier obwohl man eh nur 50 und oft nur 30 km/h fahren darf (und auch gar nicht mehr könnte sonst würde das Auto in alle Einzelteile zerfallen). Und genau das befürchte ich nun beim Innenausbau des Jumpino. Hab ich alles stabil genug gebaut? Oder fällt da hinten gerade alles auseinander? Stunde um Stunde geht das nun schon so dahin, es ist keine Besserung in Sicht, Schlagloch an Schlagloch und Risse im Belag und Huggel an Huggel von all den miserabel ausgebesserten Stellen.

Dann kommen die Berge in Sicht über die ich die kleinen Passstraßen nehmen muss. Ouff, das sie so klein und eng sind hätte ich nicht gedacht. Vielleicht hätte ich es mir dann anders überlegt. Sie sind so schmal dass man oft eine Ausweichstelle suchen muss um den Gegenverkehr vorbeizulassen. Jetzt weiß ich auch warum Fiat so kleine Autos baut, die sind hier wirklich angebracht und sehr häufig anzutreffen.

In 1000 engen Kurven geht es 100 km durch steiles Gelände. Vorgeschriebene Höchstgeschwindigkeit 30 km/h weil man nie weiß ob nach der nächsten Kurve Gegenverkehr auftaucht und weil die Kurven so verdammt eng sind. Auch der Straßenbelag lässt hier, genauso wie in der Ebene davor, zu wünschen übrig. Fahrzeuge über 8m Länge dürfen diesen Pass nicht befahren – und könnten es auch nicht. Oft zweifle ich dass ich da heil durch komme. Und ich dachte schon der Splügenpass war gruselig. Pah, der war ja richtig entspannend im Vergleich zu dem hier. Die Landschaft ist atemberaubend schön und der Herbst hat bereits begonnen hier oben auf ca. 1500 m. Die endlos weiten Laubwälder die sich über die Steilhänge ziehen leuchten bereits im herbstlichen Gold. Und dann nach 2 Stunden angestrengtem Gekurve bin ich endlich drüben und unten in einem wunderschönen Tal angekommen in dem Bagni di Lucca liegt. Dort gibt es einen kostenlosen Womo Stellplatz mit Wasser, Entsorgung, Strom – alles Dinge die ich gar nicht brauch, aber wenn sie schon einen bereitstellen sollte man ihn auch annehmen.

Er liegt direkt an einem schönen Wasserfall der laut rauscht und unweit einer antiken Brücke. Ca. 8 Fahrzeuge hätten hier Platz, aber wir sind nur zu viert. Mir ist noch ganz schwindlig von den vielen Kurven und ich geh mir ein weinig die Beine vertreten, schau mir die antike Brücke an und wandere durchs Örtchen. Und dann, nach einem kleinen Plausch mit meinen Augsburger Nachbarn lass ich den Abend im Jumpino ausklingen. Wer weiß wohin der morgige Tag mich bringt.

Nachdem ich ja jetzt schon so nahe an der ligurischen Küste bin reizt es mich natürlich einige Tage am Meer zu verbringen und ich suche nach geeigneten Übernachtungsplätzen. Mich trifft fast der Schlag. Alles ist verbaut, es gibt sehr wenige Parkplätze und die sind gebührenpflichtig, mit 3,50 €/h ! rund um die Uhr so dass man bei einer Übernachtung locker auf 70 € kommt, für einen popeligen unbewachten Parkplatz? Womo Stellplätze sind rar und sehr teuer und Campingplätze sind nicht viel anders. Das übersteigt ganz gewaltig mein Budget. Über die vereinzelten Plätze die günstiger sind und in Frage kämen lese ich nichts Gutes. Jeder Platz hat mindestens 2 Rezensionen über Einbrüche oder gar das gesamte Fzg gestohlen. Ehrlich gesagt, ich trau mich nicht. Und so muss das Meer eben warten und meine Route lenkt mich mehr landeinwärts, weg von all dem übertriebenem touristischen Wahnsinn.

 

Wer den höchsten Turm hat …

Der heutige Tag bringt mich weiter süd-ostwärts durch die Toskana. Ziemlich bergig hier, ich hatte sie sanfter hügeliger in Erinnerung (war vor 35 Jahren mit unserem allerersten Womo, einem ausgebauten Mercedes 608 schon mal hier). Die Hügel zieren bei weitem nicht mehr so viele  Zypressen wie man das immer auf den Fotos sieht, dafür wird Wein angebaut und riesige Olivenhaine mit alten knorrigen Bäumen die jetzt voller noch grüner Oliven hängen.

Meine Fahrt endet heute auf einem kleinen kostenlosen Parkplatz am Rande einer Siedlung in San Gimignano. 2 weitere Wohnmobile und einige Autos parken hier bereits. Ich hab Glück den Randplatz zu erwischen. Hier hab ich einen schönen unverbauten Blick in die schöne toskanische Landschaft, hinter mir Olivenbäume, Schilf und sogar ein wilder Zitronenbaum der reife gelbe Früchte trägt. Aber leider liegt er an einem abschüssigen Hang so dass die Früchte für mich unerreichbar bleiben. Zur anderen Seite eine weitläufige Wiese, dahinter gepflegte Wohnhäuser und nur 10 Min zu Fuß in die Altstadt von San Gimignano. So ein Glück! Hier bei mir am Ortsrand gibt es so viele freie Parkplätze dass man ganz sicher keinem Einwohner den Platz streitig macht. Und am Abend ist es ganz leer hier geworden (außer jetzt insgesamt 4 Wohnmobilen). Die vielen Autos auf den anderen Riesenparkplätzen waren also alles nur Touristen, was in der Altstadt unübersehbar war. Als ich dort ankomme sehe ich nichts außer Menschenmassen in den engen Gassen und Geschäfte mit allerhand Kitsch und Tand (außer ein paar brauchbaren, mit Käse, Salami und Wein). Man muss sich schon ganz schön recken und strecken um zwischen all den Leuten auch noch die schönen Gebäude zu sehen. Und das an einem Donnerstag in der Nachsaison. Aber die Geschlechtertürme von San Gimignano sind so hoch dass sie unübersehbar sind. San Gimignano wird auch ‚Stadt der Türme‘ genannt. 72 Türme hatte die von einer Festungsmauer komplett umgebene Stadt, 15 sind davon noch übrig. Die Türme dienten zur Verteidigung aber auch um Macht und Wohlstand zu demonstrieren. Wer den höchsten Turm hatte galt als wohlhabendste und einflussreichste Familie.

San Gimignano wurde bereits um 200 bis 300 v.Chr besiedelt. Erstmals dokumentiert wurde sie 929. Sie verdankt ihre Existenz der Via Francigena (Frankenstraße). Auf diesem Hauptverkehrsweg des mittelalterlichen Italiens zogen Händler und Pilger von Norden nach Rom. Die Blütezeit der Stadt dauerte 160 Jahre. Ihr Wohlstand beruhte auf dem Anbau und Handel von Safran mit dem man Seidenstoffe färbte.

Heute verdankt sie ihren Wohlstand dem Tourismus und statt Safran gibt’s Geschäfte mit Lavendel, Käse, Wildschweinsalami, Wein, Kleidung und dem üblichen Souvenir-Kitsch. Die Hauptgasse quillt nur so über mit all den Menschenmassen die sich hier durchwälzen. Weicht man auf eine der parallel verlaufenden Gassen aus (in denen es keine Geschäfte oder Restaurants gibt) ist es total ruhig und man ist fast ganz allein in der alten schönen Stadt.

Den zweiten Tag laufe ich nur außen um die Stadt herum, außerhalb der Mauern, bin ganz allein, es ist ruhig und es bieten sich herrliche Ausblicke auf die Umgebung. Und den Abend krönt ein wunderschöner Sonnenuntergang an meinem Stellplatz den ich heute ganz für mich alleine habe.

 

Wie sich doch die Welt verändert hat

Als ich mich so durch San Gimignano zwängte und vor lauter Menschenmassen die alte Stadt gar nicht wirklich wahrnehmen konnte hab ich zurückgedacht, wie es vor ca. 35 Jahren hier war. Ehrlich gesagt bin ich enttäuscht, gar entsetzt. Damals konnte man – sogar in der Hauptsaison – gemütlich durch die Gassen schlendern und ist nicht vielen anderen Besuchern begegnet. Aus den Fenstern und Türen in denen Vorhänge leicht im Wind wehten um vor der Hitze schützen, klang italienisches Geplauder, Musik, und der Duft von frisch zubereitetem Essen aus Mamas Küche. Jetzt gibt’s stattdessen Restaurants, Souvenirshops mit Kitsch und 500-mal so viele Menschen - und das an einem Wochentag in der Nachsaison. Sobald man sich von der Hauptgasse entfernt wird es ruhig, aber vom damaligen italienischen Leben ist auch dort nichts mehr zu finden, es ist nicht nur ruhig sondern eher tot.

Dasselbe Erlebnis am nächsten Tag in Monteriggione, einem winzigen Dorf umgeben von einer massiven Mauer mit vielen Türmen. Es gab einen etwas abschüssigen kleinen Parkplatz auf dem ca 15 Fahrzeuge Platz hatten. Da standen wir gemütlich und kostenfrei mit wenigen anderen über Nacht  (von Samstag auf Sonntag in der Ferienzeit). Sonntagmorgen liefen wir ins Dorf um frisches Brot und Schinken zu kaufen, fürs Frühstück. Heute gibt es den ehemaligen (einzigen) Lebensmittelladen nicht mehr, stattdessen werden dort schrecklich kitschige Souvenirs verkauft.  Und das Dorf ist überlaufen mit Hunderten von Touristen. Der Blick ins Tal ist nun versaut mit riesigen Parkplätzen die alle voll und kostenpflichtig sind. Allerdings muss man Monteriggione zu Gute halten dass die Parkgebühr moderat ist. 3,50 für den ganzen Tag. Aber solange will sich da kaum jemand aufhalten, dafür ist es viel zu klein. In 30 Min hat man alles ein paarmal gesehen und wenn man noch in einem der Restaurants einkehren möchte sind auch nicht mehr als 2 Stunden hier zu verbringen. Umso makabrer ist es dass man 5 € zahlen soll wenn man auf der Festungsmauer herum ums Dorf wandern will. Das ist so klein dass man trotz Stau (wegen den vielen Leuten und Selfie-Süchtigen) in weniger als 10 Min rundherum ist.

Und erst die Küste, da bin ich ja richtig entsetzt. Wo es früher kilometerlange unberührte Sandstrände und Pinienwälder gab in denen sich immer ein netter Platz zum Übernachten fand, gibt es jetzt mondäne Strandbäder und jeglicher Zugang zum Strand ist gebührenpflichtig (um die 30 € für einen Strandbesuch, die Parkgebühr kommt noch oben drauf) Und all die Kriminalität, man fühlte sich damals absolut sicher in dieser Region.

Die Zeiten haben sich leider nicht in jeder Hinsicht zum Guten verändert. Und um ganz ehrlich zu sein, trage ja auch ich, heute wie damals, ein klein wenig zu diesem Dilemma bei.

Und dann geht’s weiter. Eines meiner Ziele war Siena, nicht heute (hab schrecklichen Schnupfen und hab erst mal genug von Menschenmassen), aber in den nächsten Tagen. Trotzdem führt mich meine heutige Route durch die überfüllten Straßen von Siena, wo ich aber nicht anhalte und mir ernsthaft überlege ob ich da wirklich noch hin will. Dasselbe Spektakel, dasselbe Drama mit all den Besuchern. Dabei war Siena damals mein absolutes Highlight. Vielleicht im November, wenn wirklich keine Saison mehr ist – oder auch gar nicht. Es ist vielleicht besser ich behalte es so in Erinnerung wie ich es damals erlebt habe.

 

Armer Jumpino … und die teuerste Tankstelle der Toskana

Und wieder geht die Fahrt über die holperigsten Straßen die man sich nur vorstellen kann. Es rüttelt und schüttelt, aber das sind wir ja jetzt schon gewohnt und ich mach mir kaum noch Gedanken deswegen – bis ich meine erste Pause einlege und einen Blick in den Wohnbereich werfe. Oh je - da sieht’s vielleicht aus - alle Polster am Boden – die Gitarre hatte ich vorsorglich auch schon dort deponiert – die kleine Vorhangstange für das Zwischenfenster zur Fahrerkabine ist runtergefallen, der peruanische Wandbehang ebenfalls in dem ich meine Flöte aufbewahre, im Kleiderschrank herrscht Chaos, alle Bügel sind von der Stange gehopst und alle meine Jacken, Hosen, Blusen, Kleider liegen nun als wilder Haufen am Boden, die obere Küchenschublade klemmt und lässt sich nicht mehr öffnen. Na da gibt’s einiges zu tun wenn ich mein heutiges Ziel erreicht habe.

Aber noch bin ich nicht dort und wäre beinahe auch nicht dort angekommen. Denn Eines ist mir noch nicht zur Gewohnheit geworden – dass Autos Sprit brauchen und man ab und zu tanken muss. Zuletzt hatte ich in Bregenz getankt (vor 2 Wochen) und immer die Dieselpreise in Italien verfolgt. Erfreut sehe ich das bei Tamoil Tankstellen der Diesel weniger als 1,50€ kostet, an anderen Tankstellen zwischen 1,65 und 1,73 €. Muss halt nur rechtzeitig an der Richtigen tanken.

Hah, total verplant, voll vergessen zu tanken, nur durch Zufall schaue ich rechtzeitig auf meine Tankuhr und stelle fest dass ich kaum mehr als für 50 km Diesel im Tank hab. Tante Google sagt es sind noch 85 km bis ans Tagesziel. Und weil es auf den Strecken durch die Pampa, wo sie mich langschickt, sehr selten Tankstellen gibt, wird mir klar dass ich die nächste Gelegenheit nutzen sollte. Und als dann auch noch früher als erwartet das Reserve-Lamperl aufleuchtet halte ich an der nächsten Tankstelle und bekomme 10,8 l (a 1,83€/l) für meine letzten 20€ die ich für diesen Monat noch verfügbar hab (bin momentan auf Low-Budget weil ich für den Ausbau vielmehr investiert hab als ich zur Verfügung hatte). Aber die teuren 10,8 l bringen uns noch bis nach Castiglione del Lago in Umbrien am Lago di Trasimeno an dem ich einige Zeit zu verweilen plane.

2 Dinge hab ich heute gelernt:
- Tanke immer rechtzeitig!
- Traue Tante Google nicht! Die schickt dich über die unmöglichsten Strecken auch wenn es Bessere gäbe.

Ab jetzt werde ich meine Strecken wieder per Papierkarten planen (der ADAC hat mir ja ein schönes Tour Paket für ganz Italien zusammengestellt und mitgegeben). Da sieht man wenigstens ob es sich um Haupt- oder Nebenstraßen handelt. Sobald Tante Google Routen ausgearbeitet hat kann man nicht mehr erkennen um welche Art von Straße es sich handelt (vor allem wenn man wie ich Autobahnen vermeiden will). Um des Jumpino‘s Gesundheit Willen werde ich ab jetzt besser auf die Art der Straßen achten die ich fahre.
Aber jetzt bin ich erst mal in Umbrien am Lago di Trasimeno angekommen an dem ich erst mal bleiben werde.

 

Endlich wieder Normalität – Castiglione del Lago

Nach all dem touristischen Trubel in den ‚sehenswerten‘ Städten, hab ich beschlossen endlich wohin zu fahren wo es wenige Touristen gibt, das normale italienische Leben stattfindet und es trotzdem schön ist. Castiglione del Lago am Lago die Trasimeno war die richtige Wahl!

Was für eine Wohltat! Es tut so gut endlich an einem hübschen Platz zu sein an dem sich keine Menschenmassen drängeln, an dem es reichlich freie Parkplätze gibt und die Altstadt trotzdem malerisch und interessant ist.

Obwohl das hier gar nicht nötig gewesen wäre hab ich mich diesmal für einen Zeltplatz entschieden, den ‚Camping Listro‘ in Castiglione del Lago. Richtig nett, klein, überschaubar, 10 Min Fußweg am See entlang zur Altstadt und nur noch bis zum 30. Sept geöffnet (heute ist der 28. Sept.). Deshalb wird der Pool gerade zugedeckt (der Wind ist eh zu kalt zum Baden) und der kleine Laden hat nicht mehr allzu viel anzubieten – trotzdem gibt es täglich frisches Brot und Croissants und das Restaurant hat auch noch geöffnet. Es gibt einen Taxiservice für 1,50 € egal wohin, solange es im Stadtgebiet bleibt. Für Kinder gibt es kleine Kettcars mit Anhänger und einen Spielplatz am Sandstrand. Für Wohnmobile Ver- und Entsorgung, Wasser, Strom und schöne warme Duschen – alles ist im Preis von  8,50 € per Stellplatz + 8 € pro Person enthalten.

Die Plätze sind richtig groß, man hat endlos viel Platz (auch mit Monstermobilen), kein Nachbar rückt einem zu nahe und ich steh in erster Reihe, direkt am See, neben einer mächtigen Linde und hab die meiste Zeit des Tages Sonne. Genau wie ich es wollte. Zurzeit ist es nicht mehr so heiß (25°)  da ist man lieber in der Sonne statt im Schatten, wovon es aber mehr als genug gäbe im hübschen hohen Laubwald.

Hier kann ich nun zum ersten Mal so richtig entspannen. Bisher war ich immer noch auf Trab, so gewohnt von all den Monaten die ich rumgereist bin, geplant und ausgebaut habe. Auch während ich schon mit dem Jumpino unterwegs war hatte ich immer noch keine richtige Muße gefunden, brauchte immer einen Plan womit der Tag zu füllen sei – Italienisch lernen, Gitarre üben, Flöte spielen, Wandern, Berichte schreiben, Routen ausarbeiten … Erst hier kann ich einfach nur den Tag genießen, vor dem Jumpino in der Sonne sitzen und auf den See schauen ohne das Gefühl zu haben ich müsste heut noch was tun. Endlich bin ich angekommen in meinem eigenen Lebens-Rythmus.

Nachdem es auf dem Zeltplatz auch Waschmaschinen gibt ist heut Waschtag und ich genieße die sauberen warmen Duschen. Und dann leg ich die Füße hoch und genieße den sonnigen Tag.

 

Ein Schwein namens Erika

Aber die Neugierde hat mich schnell wieder eingeholt und ich wandere hinüber in die Altstadt. Oben auf dem Hügel, umgeben von einer Mauer, mit einem Palast und einer Festung. In den Straßen mal kein Getümmel und ganz normale Geschäfte – schicke italienische Mode, Haushaltswaren, Metzger, sogar eine ‚Schweinerei‘ (also ein Metzger bei dem es nur Schwein gibt) vor der ein großes rosa (Plastik) Schwein mit Sonnenbrille sitzt das mir ein Lächeln entlockt. Da musste  ich an ein Buch denken das mir Corina mal geschenkt hat. Es hat den Titel „Ein Schwein namens Erika“. Und weil bei Corina nichts ohne tiefgründige Bedeutung passiert hab ich mir erst schon Sorgen gemacht, was sie mir wohl sagen will? Letzendes ist Erika, in dem Buch, ein großes dickes Plüschschwein das als Weihnachtsgeschenk gekauft wurde und auf dem Nachhause-Weg, zu Fuß und per Tram durch die winterlichen trüben Straßen, alle Menschen zum Lächeln bewegt und zu guter Letzt über seltene Umwege in Italien endet wo sie mit Ihrer Gesellschaft einen einsamen traurigen Koch wieder fröhlich macht. So, hab ich gedacht, als ich das Schwein vor dem Laden sah, da ist Erika also gelandet! Und immer noch bringt sie Menschen zum Lächeln. So wie ich hoffentlich auch.

Der Spazier- und Radweg am See entlang ist schön und führt rund um die Altstadt bis zu einem Wohnmobilstellplatz und einem kleinen Yachthafen … und weiter rund um den ganzen See.

Als ich mir so den Womo Stellplatz anschaue der auch 16 € die Nacht kostet (billig für Italien) der ganz hübsch am See liegt aber nur Schatten bietet, keine Duschen, keine Toiletten, keinen Pool, kein …. Und wo man dicht an dicht parken muss so dass man sich von Fenster zu Fenster die Hände schütteln kann, bin ich froh mich für den ebenso günstigen viel hübscheren, geräumigeren, Camping Listro entschieden zu haben. Allerdings endet dort morgen die Saison und ich muss umziehen.

 

Mein Feiertag

Heute ist der 1. Oktober und für mich ein Feiertag. Heute ist es genau 1 Monat her dass der Jumpino fertig wurde und ich unterwegs bin.

Es ist ein sonniger, windstiller Morgen, so dass man draußen Frühstücken kann.

Und es ist das Ende meiner 3-monatigen Low-Carb-Diät (eigentlich war es fast No-Carb) während der ich 11 kg abgenommen hab und die mich wieder zu meinem Wunschgewicht gebracht hat.

So erleichtert, machen auch Radfahren und lange Wanderungen wieder Spaß und heute führ ich das Birdy aus (mein kleines Klapprad) zu einer längeren Tour entlang dem See.

Und zur Krönung gibt’s am Abend mal wieder richtige Leckereien, sogar knuspriges Brot mit Butter, und Schinken, Käse, Oliven, Wein – ich kann mich nicht beklagen – schlecht geht’s mir nicht. Und vor morgen nachmittag fahr ich hier nicht weg, denn morgen früh ist …

 

Markttag in Castiglione del Lago

Heute bin ich ausnahmsweise schon um 10;00 Uhr unterwegs (normalerweise trödle ich da noch mit Kaffee und Morgentoilette herum. Aber die Marktleute warten nicht auf mich. Jeden Mittwoch vormittag ist oben in der Altstadt Markt und ich bin gespannt was da angeboten wird.

Das Ambiente war schön, das Angebot eher enttäuschend, fast nur Bekleidung, allerdings ganz hübsche Sachen und nicht der Ramsch den man auf deutschen Märkten findet. Nur 2 Gemüsestände, aber da bekomme ich was ich brauche.

Ich wandere durchs heute total verschlafene Dorf. Viele Geschäfte haben noch geschlossen, oder räumen gerade Ihre Waren auf die Straße. Aus einigen Cafés duftet es schon nach frischem Kaffee und es ertönt leise Musik. An der einen oder anderen Ecke stehen Italiener und plaudern. Ja, das ist Italien! Ich find es so schön heute dass ich 3x dieselben Gassen auf und ab schlendere (es ist ja nicht groß hier) und dann wandere ich am See entlang zurück zum Jumpino. Ich finde es so wunderschön hier, so friedlich und entspannend und habe einen so tollen Parkplatz (direkt neben dem jetzt geschlossenen Campingplatz) und niemand stört sich daran wenn ich meinen Stuhl neben dem Jumpino in die Wiese stelle und dort sitz und lese. Und ich frag mich ob ich wirklich in den Trubel der touristischen überfüllten Städte will wo ich mich hier doch so wohl fühle und endlich das „Dolce far niente“ (das süße Nichtstun) gelernt hab. Ich mag diesen See und beschließe noch länger am Lago  di Trasimeno zu bleiben.

Regentag

Die letzten 5 Tage habe ich Minestrone gegessen. Obwohl ich von jeder Sorte nur ganz wenig verwendet hab, kam bei 10 verschiedenen Gemüsen doch eine ganz beachtliche Menge zusammen. Und gut war sie auch, also musste sie auch gegessen werden. Heute gibt’s dafür zur Abwechslung Saltimbocca. Und es beginnt gerade leicht zu nieseln.

Am nächsten Morgen regnet es in Strömen und es will den ganzen Tag nicht mehr aufhören. Draußen weht der Wind buntes Laub am Fenster vorbei. Es ist Herbst geworden und im Jumpino ist es gemütlich. Ein wenig durch meine Schubladen und Kisten räumen, lesen, Italienisch lernen, Gitarre üben – und schon ist der Tag fast wieder um.

Ich packe meinen großen bunten Regenschirm und wandere ein wenig durch die Straßen wobei ich den Schirm mehr als Schutz vor dem Spritzwasser der vorbeifahrenden Autos benutze als ihn über meinen Kopf zu halten. Es hat so viel geregnet dass alles unter Wasser steht. Riesige Pfützen, richtige kleine Bäche am Straßenrand und ich bin froh um meinen Parkplatz auf dem ich ziemlich trocken stehe. Am Zeltplatz nebenan hat sich mein so wunderschöner Stellplatz in einen kleinen See verwandelt. Noch ein paar Einkäufe auf dem Nach hause Weg und wieder zurück in die gemütliche warme Stube, in den Jumpino.

Diesmal laufe ich nicht vor dem Regen davon, denn egal in welche Richtung ich schaue, es regnet überall für die nächsten beiden Tage. Und dann wird’s eh wieder überall sonnig.

 

Und schon wieder Erika

Heute morgen scheint die Sonne wieder und ich bin wieder unterwegs, am See entlang auf einem langen Spaziergang. Bei einem meiner Altstadbummel hab ich in einem Schaufenster ‚Miele di Erica‘ entdeckt. Ein Honig der MIR gewidmet ist. Wow! Er wird tatsächlich aus den Blüten des Erika Heidekrauts gewonnen das auf Englisch Erica auf Latinisch Hethera heißt. Also bei so einer Rarität kann ich nicht widerstehen, suche den Laden wieder auf und erstehe für unverschämte 11,50 € ein 500 g Glas Erika-Honig.

Was für ein Ort. Erst entdecke ich ein Schwein das mich an „Ein Schwein namens Erika“ erinnert und dann einen Honig aus Erika. Wenn das nicht MEIN Ort ist!

Als Kind mochte ich meinen Namen nie, aber inzwischen mag ich ihn. Denn ich hab meinen Namen nicht einfach so bekommen weil das Kind halt einen Namen braucht, sondern ich hab ihn wegen genau diesem Heidekraut aus dem auch der Honig ist. Meine Eltern haben mir immer erzählt dass meinem großen Bruder das Erikakraut, in meines Vaters Sammlung der getrockneten Pflanzen, besonders gut gefiel und er sich wünschte, sollte er mal ein Schwesterchen bekommen, dass es Erika heißen soll. Ich war ein weinig früher als erwartet dran und weil man sich noch nicht einig war wie ich heißen soll, gab man dem Wunsch meines Bruders nach. Und deshalb bin ich nun die Erika.

Bis ich heimkomme beginnt es bereits wieder leicht zu regnen. Es wird ein gemütlicher Lesenachmittag, ein weiterer Spaziergang unterm großen bunten Regenschirm und ein entspannter Abend. Und immer noch habe ich nicht das Bedürfnis weiter zu ziehen. Mir gefällt’s an meinem Parkplatz am Ufer des Lago di Trasimeno – trotz Regen.

 

Neue Nachbarn

Die meiste Zeit stand ich ja alleine hier auf meinem Parkplatz am Seeufer. Das heißt aber nicht dass es hier einsam ist. Gleich nebenan ist ja das Katzenressort an dem täglich mehrfach Volontäre nach dem Rechten schauen und Futter bringen, Radfahrer, Spaziergänger und die vielen Gassi-Geher mit ihren Hunden, der Müllmann der jeden 2. Tag die Mülleimer ausleert und die Straßenkehrmaschine die 2x die Woche kommt, machen es zu einem lebhaften Ort.

Heute aber ist ein holländisches Wohnmobil angekommen und hat sich in derselben Weise wie ich 3 Parklücken weiter aufgestellt. Er ist kaum eine Stunde da, da drückt er mir schon seine ganze lange Lebensgeschichte rein. Oh, der nervt. Also nichts wie weg. Spazierengehen! Als ich 3 Stunden später zurückkomme stehen 5 Wohnmobile auf meinem Parkplatz. Was ist denn heute los. Ah ja, wahrscheinlich weil eh schon 2 da stehen kann man  sich dazustellen. Viel Freude werden die nicht haben mit dem Holländer. Der passt jeden ab der nur die Tür öffnet und belabert sie mindestens 1 Stunde lang. Sogar dem Italiener, der seit ich hier parke, jeden Tag in der Wiese vor uns mit seinem Hund trainiert drückt er seine Geschichte rein. Seitdem sind Hund und Herrchen nicht mehr hier erschienen. Auch die anderen Wohnmobile sind gleich am nächsten Tag weitergezogen und ich pass immer ab, wenn er grad nicht draußen ist bevor ich meine Tür öffne oder mich nach draußen wage. Heute, nach 3 Tagen, ist er zum Glück weitergefahren.

 

Flamingos und Prinzen und …

Unter der Woche ist es recht beschaulich in Castiglione del Lago, aber am Wochenende ist richtig was los. Da kommen jede Menge Ausflügler aus den großen umliegenden Städten wie Arezzo, Perugia und oft auch von viel weiter her. Und oft kommen sie in wunderschönen Autos.

Am Freitag parkte vor den Toren des historischen Zentrums eine ganze Reihe NSU Prinz, in rot, grün, beige, insgesamt 8 Autos. Und während ich sie nostalgisch bewundere (wir hatten auch so einen in meiner Kindheit) kommen die Besitzer zurück steigen ein und fahren in einer schönen Parade an mir vorbei. Brummm, Wrummm … So schön! Da würde man am liebsten mitfahren.

Am Samstag als ich trotz eher trübem Wetter den Jumpino alleine lasse und mich zum alltäglichen Spaziergang am See aufmache zieht gerade ein Schwarm Flamingos über den See – ca 40 Vögel – in einer wunderschönen Formation. Ich hoffe sie werden landen und am See bleiben – er bietet sich ja sehr dafür an, er ist der viertgrößte See Italiens und extrem flach (an seiner tiefsten Stelle nur 7 m) aber leider ziehen sie weiter, süd-ostwärts. Schade, sie waren so schön.

Der Sonntag ist sonnig und es ist wieder viel los am See und heute entdecke ich an der Uferpromenade wieder eine Rarität. Da parken hintereinander 3 Citroen DS23, zwei goldene ein silberner. Wow sind die schön!

Es wird also nie langweilig in Castiglione. Und nachdem mein nerviger Nachbar ja abgereist ist, gibt es für mich auch keinen Grund hier weg zu gehen. Bestenfalls, das Wetter, es ist ziemlich kühl mit Höchsttemperaturen um die 17° und immer wieder mal Regen. Aber woanders ist es auch nicht besser. Also bleib ich noch einige Tage.

Und weil es da kaum etwas Neues zu berichten geben wird, schließe ich damit auch diesen Bericht und melde mich erst wieder von neuen Orten und mit neuen Begebenheiten.

 

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