/* Feste Breite um zu kurzes Bild bei erstem laden zu umgehen */ background
Logo Unter weißen Segeln

Carina's Logbuch

27.08.2015 Biskaya

Wie es sich anfühlt nass und kalt zu werden - Start im Regen

Donnerstag morgen, draußen regnet es in Strömen. Heute wollen wir zur Biskaya-Überquerung aufbrechen. Die Tiefs über der Biskaya sind durchgezogen und ein Hochdruckgebiet hat sich für die nächsten 4 Tage angekündigt. Das wird zwar bedeuten dass wir gelegentlich zu wenig Wind haben werden, aber lieber zu wenig als zu viel denk ich mir. Für den Teil den wir auf hoher See verbringen, können wir sowieso nicht viel planen. Da müssen wir eben abwarten wie der Wind wird. Er sollte eigentlich aus nördlicher Richtung wehen, so dass wir unseren Kurs von 224° einhalten könnten. Die Gesamtstrecke wird ca. 300 sm betragen. Ich rechne auf grund der schwachen Winde mit einer Dauer von 4-5 Tagen, denn wir müssen segeln, auch wenn wir nur 1-2 Knoten Fahrt machen. Um zu motoren ist unsere Tankkapazität zu klein. Er fasst nur 45 l. Die selbe Menge haben wir noch mal in Reservekanistern dabei. Den Diesel will ich jedoch als Notreserve aufheben, wenn wirklich gar nichts mehr geht.

Als ersten Ansteuerungsort in Galicien hatte ich die Ria Cedeira, ca. 40 Seemeilen östlich von La Coruna ausgewählt. Sollten wir die aus irgendeinem Grund nicht ansteuern können gilt Plan B – direkt nach La Coruna, oder Plan C, falls wir zu weit östlich ankommen die Ria Vivero anzusteuern. So haben wir zusätzlich die Möglichkeit den Ort auszuwählen, den wir bei Tageslicht erreichen können, denn eine Nachtansteuerung eines unbekannten Gebietes werde ich auf alle Fälle vermeiden. Notfalls warten wir in gutem Abstand zur Küste, draußen auf See die Nacht ab. Das dürfte aber bei diesen 3 Plänen nicht nötig sein. Das einzige dass uns Probleme machen könnte ist der heftige Schwell der schwere Brecher in den Zufahrten versacht und so manche Ansteuerung unmöglich macht. Wir müssen mit der Flut einlaufen, denn bei Ebbe würden die Wellen nur steiler, höher und die Brecher noch heftiger. Die Flut wird am frühen Nachmittag einsetzen, so dass wir mit der Ansteuerung auf alle Fälle bis Mittag warten müssen. Nun ja, wir haben ja Plan A, B und C. Damit kann eigentlich nichts mehr schief gehen.

Die Wegepunkte und Routen habe ich bereits in die Papierseekarten und auch in den Plotter eingetragen. Das Logbuch enthält alle notwendigen Infos für die Ansteuerungen und alle Funkkanäle für evtl. erforderliche Anrufe. Das Schiff ist startklar. Aber es regnet und es gibt keinen Wind heute.

Als der Wind um 14:00 immer noch nicht auftaucht und der Regen auch noch nicht aufhören will, beschließen wir trotzdem jetzt zu starten. Wir hätten sowieso nicht mehr länger in diesem Hafen bleiben können, denn heute werden die Regattaschiffe der „Tour de Bretagne en Voile“ hier erwartet. Für sie ist der gesamte Hafen reserviert und wir müssen raus. Außerdem fürchte ich dass wir das gute Wetterfenster verpassen wenn wir erst morgen starten, denn unten am Kap Finisterre braut sich für Montag/Dienstag bereits wieder ein deftiges Tief zusammen, dessen Ausläufer wir noch abbekommen werden.

Wir starten unsere Überfahrt also bereits unter Motor, ganz entgegen aller Vorsätze. Da ich vor der Abfahrt noch im Nieselregen den Wassertank aufgefüllt und das Schiff klargemacht hatte ohne Regenzeug anzuziehen, sind jetzt meine Haare etwas nass und mein Pullover und Hose leicht feucht. So schlüpfe ich nun in mein Schwerwetterzeug mit dem Effekt dass dieses nun von innen nass ist.

Wolfgang war zwar von Anfang an in Regenkleidung, aber leider in einer nicht seetauglichen. Nach 4 Stunden, immer noch im Nieselregen und unter Motor unterwegs, sind wir schon ganz ordentlich durchgekühlt. Das Meer ist von den vorausgegangenen Sturmtagen noch stark bewegt und der Schwell beträgt in etwa 3 m. Gegen 18:00 ziehe ich das nasse Zeug aus und schlüpfe in meinen Daunenschlafsack um mich für die Nachtwache aufzuwärmen, während Wolfgang tapfer draußen die Stellung hält. Ich kann mich über eine Stunde lang gar nicht erwärmen, erst dann kann ich ein wenig schlafen. Um 21:00 löse ich Wolfgang ab, der inzwischen noch mehr durchkühlt ebenfalls in seinen Schlafsack kriecht und sich noch langsamer erwärmt.

Um 22:00 kommt endlich etwas Wind auf und ich kann den Motor abstellen. Mit 3-4 Knoten Fahrt und raumen Wind segeln wir nun dahin und sehen in der Ferne gerade noch den schwachen Lichtschein des Leuchtfeuers der Ile de Groix. Dann ist auch dieses verschwunden und um uns ist nichts mehr zu sehen als dunkelgraues Meer. Zum Glück ist beinahe Vollmond der jetzt durch die Wolken lugt und der Regen hat auch endlich aufgehört.

 

Wird uns das Schiff überfahren?

Um halb 2 Uhr nachts kommt Wolfgang wieder aus der Koje zum Wachwechsel. Von hinten kommt ein Schiff auf uns zu. Es scheint mir bedrohlich nahe und ich bin mir nicht sicher ob es uns sieht. So bleibe ich noch bei Wolfgang bis uns dieses Schiff passiert hat. Ich funke es mehrmals auf Kanal 16 an ob es uns sehen kann, erhalte aber keine Antwort. Ich leuchte mit der Taschenlampe die Segel an und lasse das Blitzlicht funkeln. Dann dreht das Schiff ab. Wir vermuten dass es sich um einen Fischer handelt, der jetzt sein Fanggebiet erreicht hat und kein englisch versteht und deshalb auch nicht geantwortete hat. Ich hätte ihn wohl besser auf französisch anfunken sollen, nur glaube ich dass er „mein“ französisch erst recht nicht verstanden hätte. Ich verschwinde in die Koje, Wolfgang segelt alleine weiter. Und er macht das sehr gut.

 

Sonnenaufgang, Delfine und Mondfische

Um 06:00 morgens gerade als der Mond untergegangen war ist wieder Wachwechsel. Es ist jetzt stockdunkel draußen. Gegen 07:00 erscheint der erste Lichtschein der aufgehenden Sonne am Horizont und mit ihm eine Schule Delfine. Sie begleiten uns sehr sehr lange und es sieht wunderschön aus wie sie im Licht der Morgensonne durchs Wasser gleiten. Eine Möwe umkreist uns mehrmals und eine Sturmschwalbe zieht vorbei. Um 08:00 Uhr schläft der Wind komplett ein. Wir machen keinerlei Fahrt durchs Wasser, aber der Motor bleibt jetzt aus. Wir haben am Vortag ohnehin schon viel zu viel motort. Eine nach Südwest setzende Strömung von 1 – 1,5 Knoten bringt uns jedoch langsam in der richtigen Richtung voran. Das Meer ist jetzt spiegelglatt. Rund um uns ist alles blau. Wir fühlen uns wie in einem riesigen Teller voller blauer Suppe schwimmend. Da kann man sich gut vorstellen dass man glaubte die Erde sei eine Scheibe, so scharf ist die Kante am Horizont dass man Angst haben könnte hinter ihr ins Nichts zu stürzen.

Um 10:30 sehe ich 2 seltsame Flossen an der Wasseroberfläche hin und her wackeln. Delfine sind es nicht, Thunfische, Haie auch nicht. Es sind ganz schmale Flossen die sehr hoch aus dem Wasser ragen. Den Fischrücken sieht man nicht. Da wir kaum Fahrt machen (nur die Strömung) und das Meer spiegelglatt ist können wir wunderschön beobachten wie eine der Flossen verschwindet und die andere die Carina am Heck passiert um dann in ca 1 m Abstand an unserer Backbordseite neben uns herschwimmt. Es handelt sich um einen silbergrauen, fast kreisrunden, flachen ca. 60 cm großen Fisch ohne Schwanzflosse. Statt dessen hat er oben und unten diese seltsam schmale Flosse mit der er sich fortbewegt. Er scheint sehr neugierig zu sein, den er schwimmt bestimmt 10 Minuten neben uns her und schaut uns mit großen Augen an. So einen bizarren Fisch haben wir noch nie gesehen. Im Fischerkennungsbuch finde ich ihn dann. Es handelt sich um einen Mondfisch. Ein sehr selten vorkommendes Exemplar dass eigentlich im Senegal zu Hause ist. Ob er wusste dass ich dort im nächsten Winter hinwill und mir schon mal den Weg weisen will?

 

Das erste Etmal

Am Freitag um 14:00 sind wir seit 24 Stunden unterwegs und haben ein Etmal von 71 Seemeilen geschafft. (Für die Nichtwissenden: Ein Etmal ist die Strecke die man in 24 Stunden zurückgelegt hat). Das ist nicht viel, aber was will man mehr erwarten wenn kein Wind weht.

Ich sehe dass das ewige rütteln und schütteln an den Segeln, verursacht durch den starken Schwell, das Unterliek des Großsegels einige Zentimeter aus der Nut gezogen hat. So können wir nicht segeln. Wir lassen das Groß etwas herunter und ich spanne das Liek nach, kann es aber nicht in die Nut zurückbringen. Dazu müsste ich das Groß ganz abschlagen und neu anschlagen. Das will ich hier auf See nicht tun. Nachdem es ein Baumrollreff hat, reffen wir einfach 1- 2 Drehungen ein und das Problem ist gelöst. Dadurch büßen wir ca 10 % der Segelfläche ein, was uns sicher nicht umbringt.

 

Der Wind hat ausgeschlafen – die Windsteuerung arbeitet für uns – eine unruhige Nacht

Endlich hat der Wind ausgeschlafen und schiebt uns nun mit 3 – 4 Knoten voran. Das ist eine gute Gelegenheit endlich mal die neue Windsteuerung (eine Pacific light) zu testen. Es dauert ein wenig bis die Segel korrekt getrimmt und die Windfahne entsprechend eingestellt ist, aber dann arbeitet sie fantastisch, zuverlässig, lautlos und benötigt keinen Strom. Wir haben ab jetzt frei. Sie segelt das Schiff und hält es besser auf Kurs als wir das könnten.

Zum Abendessen gibt es mit Käse überbackene Kartoffeln und einen bunten Salat.

Um 20:30 übernimmt Wolfgang wieder die Wache. Ich bin kaum eingeschlafen, als um 22:00 Uhr der Wind auffrischt und der Seegang wieder rauer wird. Wolfgang refft das Vorsegel etwas ein was zur Folge hat, dass die Windsteuerung nun nicht mehr richtig arbeitet, da er diese nicht mitjustiert hat. Dadurch übersteuert sie, das Vorsegel steht back das Drama beginnt. Ich werde wach vom Schlagen der Segel und sehe Wolfgang im Cockpit kämpfen. Ich eile ihm zu Hilfe. Zu allem Unglück hatte sich auch noch die Kette der Windsteuerung an der Pinne an einem Pin für den Autopiloten verhängt und den Bullenstander hat er auch vergessen als er halsen wollte. Es gibt halt doch viel zu bedenken und wenn man zum Allerersten Mal ganz alleine so ein Manöver fahren will. Man sollte das zumindest nicht bei Nacht und zu viel Wind für die ausgebrachten Segel versuchen. Gemeinsam haben wir das schnell wieder im Griff, binden ein Reff ins Großsegel, stellen die Windsteuerung wieder richtig ein und ich kann mich noch eine Stunde hinlegen bevor meine Wache um 23:00 beginnt.

Um 00:30 sehe ich ein Schiff an steuerbord voraus. Es ist weit genug entfernt und es besteht keine Kollisionsgefahr. Neben mir höre ich ein seltsames Schnauben und Platschen. Die Delfine sind wieder da und begleiten uns sogar bei Nacht.

Um 02:30 übernimmt Wolfgang wieder. Ich geh wieder schlafen. Um 04:30 weckt mich Wolfgang, Die Windsteuerung arbeitet nicht mehr korrekt. Das Schiff läuft total aus dem Ruder. Wolfgang steuert per Hand, ich suche nach dem Problem. Die Ringmutter am Pendelruder an der die Leinenübertragung auf die Pinne montiert ist einfach abgegangen. Wie auch immer das passieren konnte. Vermutlich hatte ich sie nicht fest genug angezogen. Zum Glück ist die Schraube nicht verloren gegangen. Also Mutter wieder befestigt, Windsteuerung wieder eingestellt und wieder ab ins Bett.

Es war eine sehr unruhige Nacht. Mit viel Seegang, viel Geschaukel, viel Wind, viel Lärm und einigen Störungen. Der nächste Tag wird uns dafür wieder versöhnen.

 

 

Sonnenbad – Nähtag und Bergfest

Für die unruhige Nacht entschädigt uns ein sonniger Samstag Morgen, strahlendblauer Himmel und immer noch eine gute Brise. Das Meer ist jetzt etwas ruhiger. Der Schwell bleibt, aber diese langgezogenen teilweise bis zu 4 m hohen Wellen sind gut zu bewältigen. Es hebt das Schiff hinauf und man schaut ins Wellental. Das Schiff gleitet ins Tal und man schaut auf den nächsten Wellenberg. Alles verläuft relativ ruhig. Die Schaukelei hält sich in Grenzen solange keine Windsee aus einer anderen Richtung den Schwell überlagert.

Ich mache einen Rundgang übers Schiff um nach dem Rechten zu sehen. Der Schraubschäkel der Großschot ist halb geöffnet. Na gerade noch rechtzeitig entdeckt bevor die Talje einfach aufs Deck knallt und der Baum mit dem Großsegel unkontrollierbar wird. Auch die Baumbremse ist nach vorne gerutscht und wird wieder auf ihren alten Platz zurückgeschoben. Die hat ohnehin noch nicht den idealen Platz gefunden und muss demnächst mal richtig fixiert werden. Der Wind hat nachgelassen und ich schüttele die Reffs wieder aus. Wieder unter vollen Segeln lass ich mir die Sonne auf den Bauch scheinen. Auch Wolfgang gesellt sich zum Sonnenbaden und so verbringen wir einen großen Teil des Tages faul in der Sonne liegend, während die Windsteuerung das Schiff auf Kurs hält.

 Um 14 Uhr errechne ich das heutige Etmal – 74,5 sm. Nur wenig mehr als am Vortag.

Eine halbe Stunde später ist der Wind wieder weg. Auch die Strömung hat uns verlassen. Wir stehen auf der Stelle. Nachdem mein Yanmar Diesel sehr sparsam ist und nur 1 l pro Stunde braucht leisten wir uns wieder ein bisschen Fahrt unter Motor. Wir sehen einen anderen Segler der in die Gegenrichtung unterwegs ist.

Bei mir ist Nähtag. Eine Sommerhose hat einen kleinen Riss und bei der Regenhose ist hinten die Naht aufgegangen. So sitze ich in der Sonne und flicke meine Hosen und takle ein paar Leinen.

Um 17:00 ist Bergfest. Wir haben die Hälfte der Strecke hinter uns. Dazu haben wir 2 Tage und 3 Stunden gebraucht. Meine Schätzung mit 4-5 Tagen Überfahrt wird wohl aufgehen. Der Wind hat wieder aufgefrischt so dass wir wieder segeln können.

 

Nebelnacht mit regem Schiffsverkehr

22:00 Ich trete wieder meine Nachtwache an. Der Wind ist eingeschlafen und Nebel macht sich breit. Unsere Welt schrumpft zu einem kleinen grauen Teller über dessen Rand man nicht mehr hinaussehen kann. Man kann maximal 100 m weit sehen. Jetzt kommt endlich mal das letztes Jahr neu installierte Radar zum Einsatz. Um Strom zu sparen stelle ich ihn auf Standby mit einem Intervall von 5 Min ein. Das heißt alle 5 Min schaltet sich das Radar an und scannt 1 Min lang die Umgebung ab. Findet es keine Veränderung schaltet es zurück auf Standby. Findet es etwas, bleibt das Radar an. Zusätzlich hab ich den Watchman aktiviert. Dazu habe ich einen Bereich festgelegt der überwacht werden soll. Tritt ein Radarecho in diesen Bereich ein gibt es einen Alarmton und das Radardisplay bleibt an.

Um 03:30 passiert uns ein Schiff an backbord in 3 sm Entfernung. Ich kann es auf dem Radarschirm sehen und sein Nebelhorn hören. Am Funk höre ich wie es mit einem anderen Schiff abspricht wer den Kurs wie ändern wird um eine Kollision zu vermeiden. Es wird nicht das einzige Schiff in dieser Nacht bleiben

Zum Wachwechsel um 04:00 erkläre ich Wolfgang das Radar, wie er es überwachen kann und in welchen Situationen er mich wecken soll. Wie bestellt kommen 2 Schiffe in den zu überwachenden Bereich um zu demonstrieren wie das auf dem Radarschirm aussieht. So kann Wolfgang im warmen trockenen Schiff am Radar sitzen bleiben, denn draußen würde er im inzwischen dichter gewordenen Nebel ohnehin nichts mehr sehen. Eine feine Sache so ein Radargerät. Ohne es hätte ich diese Nacht wohl leichte Panik gehabt.

 

 

Sonntag – nach Nebel folgt Gewitter – oder nur ein Leuchtfeuer?

Zum Sonnenaufgang lichtet sich der Nebel und ich denke wir haben es hinter uns, aber bereits um 09:50 tritt das Radar wieder seinen Dienst an. Der Nebel ist zurückgekehrt und wieder ist die Welt nur undurchdringlich grau. Erst mittags verschwindet der Nebel endgültig.

Das heutige Etmal beträgt 75 sm. Wir steigern uns Tag für Tag minimal ;)

Um 22:25 Uhr, der Wind dreht und schläft dann ganz plötzlich ein. Am Himmel vor mir glaube ich den Lichtschein der Küste zu erkennen, hinter mir zucken Blitze am Himmel. Schießübungen oder Gewitter? Mir graut – ein Gewitter auf See – des is gar ned schee! Schnell reff ich die Segel, denn ich erwarte jeden Augenblick die ersten Böen. Eine Stunde später ist immer noch kein Wind da und die Blitze am Himmel bleiben ohne Donner. Allmählich vermute ich dass es sich hierbei bereits um das Licht des Flugfeuers Aero Punta de los Aquillones auf dem Kap Ortegal handeln könnte dessen Lichtschein über den Himmel zuckt. Jedenfalls kehrt nur eine leichte Brise zusammen mit Nieselregen zurück.

 

 

Manöver im Unterhöschen – und dann passiert mir der selbe Fehler

Um 02:00 Uhr morgens sind wir nur noch 40 sm von unserem Ziel, dem Ankerplatz in der Ria Cedeira entfernt. Wolfgang übernimmt wieder. 1 Std später höre ich wieder Segel schlagen und stürze an Deck. Irgendwie ist es wieder passiert, der Wind hat gedreht und alles ist wieder außer Kontrolle geraten. Ich habe nur ein Unterhöschen und ein T-Shirt an, die Haare nicht zusammengebunden und sehe kaum etwas. Bald haben wir wieder alles im Griff, aber bis ich die Segel wieder korrekt getrimmt und Windsteuerung wieder justiert habe, verging doch fast eine Stunde in der ich im kleinen Höschen ganz schön gefroren habe.

Um 06:30 (da ist es hier noch dunkel) kann ich das Leuchtfeuer von Kap Ortegal eindeutig ausmachen. Inzwischen konnten wir von der großen Überseglerkarte auf die Karte 1111 wechseln. Um 08:30 ist es hell, aber die Küste ist im leichten Nieselregen nicht zu erkennen. Der Wind hat ordentlich aufgefrischt. Es sind inzwischen 5 Bft. Wolfgang hat Freiwache und hat sich in der Vorkabine schlafen gelegt. Ich beschließe vorsichtshalber schon mal zu Reffen bevor der Wind noch stärker wird, was zu erwarten war. Da passiert mir genau der selbe Fehler wie Wolfgang. Ich denke nicht mehr an den Bullenstander als ich das Schiff in den Wind drehen will was natürlich nicht gelingt. Das Groß steht back, der Wind fegt und ich krieg weder die Leine des Bullenstanders lose, noch das Schiff in irgendeine Richtung in der ich es haben will. Da steht Wolfgang im Niedergang – „Brauchst Du Hilfe?“ – Oh ja, die kann ich jetzt wirklich gut gebrauchen und gemeinsam haben wir das dann auch schnell wieder im Griff. Aber Wolfgangs Nachtruhe ist dahin. Er kann jetzt nicht mehr schlafen. Er war so tapfer und verantwortungsbewusst die ganze Überfahrt und war mir wirklich oft eine große Hilfe, aber geschlafen hat er viel zu wenig. Das werden wir aber nachholen sobald wir angekommen sind. Bis dahin will uns die Biskaya aber erst noch zeigen dass sie auch anders kann.

 

Die Biskaya kann auch anders

Auf  den letzten 20 Meilen will uns die Biskaya doch noch ein wenig Respekt einflössen. Der Wind fegt jetzt mit 7 Bft übers Meer und wirft eine unangenehme kurze Welle über den hohen Schwell. Wind und Strömung versetzen uns so stark dass wir 30 ° vorhalten müssen um die Einfahrt in die Ria Cedeira zu treffen, die recht schmal und von Untiefen und Felsen gesäumt ist, an denen sich der Schwell heftig bricht. Dazwischen müssen wir durch. Ich hoffe dass das hier nicht noch heftiger wird, sonst bin ich mir nicht mehr so sicher ob die Einfahrt passierbar ist. Jetzt abdrehen und Plan B zum Einsatz bringen will ich aber auch nicht. Denn bis La Coruna wären es noch mal 40 Meilen. 40 Meilen im inzwischen strömenden Regen bei diesem Wind und Seegang sind keine Verlockung. Außerdem würden wir nachts ankommen, was ich ja grundsätzlich vermeiden will. Also kämpfen wir uns weiter in Richtung Cedeira vor. Je näher wir der Einfahrt kommen um so ruhiger wird das Meer und der Wind scheint schwächer. Wahrscheinlich gibt Kap Ortegal, das höchste Kap Europas, ein wenig Windschatten. Nur der Regen wird stärker. Schade, denn die Küste hier ist beeindruckend schroff, grün und schön, nur halt leider im Regenschleier kaum erkennbar. Wir sind nun an der Einfahrt. Von hohen Bergen gerahmt an denen kleine Dörfchen kleben wie Vogelnester wirkt es auf uns ein wenig wie ein norwegischer Fjord oder wie der obere Gardasee. Die Brecher sind nicht so schlimm wie befürchtet, da es hier doch bereits ein wenig geschützt ist, und die Zufahrt dazwischen breit genug. Mann muss nur das Richtfeuer von Punta Promotorio und Punta Serridal in Deckung bringen und den Kurs von 155° einhalten, bis man den Wellenbrecher hinter Punta Serridal erreicht hat. Dann den Wellenbrecher runden und in der weitläufigen sandigen Bucht auf 2 – 4 m einen Ankerplatz suchen, außerhalb des Fairways der Fischerboote und mit genügend Abstand zu den Bojen der einheimischen Boote.

 

Angekommen

Um 16:30 fällt der Anker vor Cedeira. Wir haben es geschafft. Die Biskaya liegt hinter uns und vor uns ein wunderschöner Flecken Erde, auch wenn es noch regengrau ist. Hohe Eukalyptus bestandene Berge rahmen eine absolut vor dem Atlantikschwell geschützte Ria. Ein netter Ort zieht sich den Fluss entlang und den Berg hinauf. Wir sind glücklich und zufrieden, kochen uns noch ein feines Abendessen, trinken ein Fläschchen Rotwein zur Feier des Tages und fallen dann müde in die Kojen. Wir freuen uns auf die erste Nacht in der wir einfach mal wieder durchschlafen können.

 

FAZIT

Die Überfahrt betrug 303 Seemeilen für die wir 4 Tage und 2 Stunden gebraucht haben. Das sind insgesamt 98 Stunden von denen wir 28 motort und 70 gesegelt sind. Wir haben ca 60 l Wasser verbraucht. Diesel haben wir 20 l verbraucht. Das Obst ist uns bis auf ein paar Bananen zu früh ausgegangen. Der vorgekochte Eintopf hat uns gut über die ersten beiden Tage gebracht in denen wir noch keine Lust zum Kochen hatten,

Unsere Seebeine haben wir recht schnell gefunden, niemand wurde auch nur annähernd seekrank obwohl der Seegang dazu berechtigt hätte.

Es gab keine ernsthaften Probleme, niemand hat sich verletzt und das Schiff hat es heil überstanden. Die Carina hat sich außerordentlich gut gesegelt.

Wir haben beide die Überfahrt genossen, jeder auf seine Art. Ich hätte noch tagelang so weiter segeln können.

 

2024  Unter weißen Segeln um die Welt   globbers joomla templates
Wir benutzen Cookies

Wir nutzen Cookies auf unserer Website. Einige von ihnen sind essenziell für den Betrieb der Seite, während andere uns helfen, diese Website und die Nutzererfahrung zu verbessern (Tracking Cookies). Sie können selbst entscheiden, ob Sie die Cookies zulassen möchten. Bitte beachten Sie, dass bei einer Ablehnung womöglich nicht mehr alle Funktionalitäten der Seite zur Verfügung stehen.