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Logo Unter weißen Segeln

Carina's Logbuch

Portugal

 

Povoa de Varzim – per Fingerabdruck in die Marina

 

Nach einer 24-stündigen Überfahrt von Muros/Gallicien aus, erreichen wir nachmittags um 16:00 die Marina von Povoa de Varzim/Portugal, die in der rechten Ecke des riesigen Fischerhafens liegt. Es ist absolut windstill. Im Marinabüro wird gerade eifrig über den herannahenden Sturm diskutiert. Der Marinaofficer meint wir hätten Glück, die Windrichtung hätte etwas gedreht und es wird „nicht gar so schlimm werden“. Noch merkt man nichts von all dem. Die nette Dame die uns eincheckt möchte auch unsere Fingerabdrücke ???? Ach so, damit öffnen wir die Sicherheitstore zu den Stegen und zu den Duschen. Raffiniert, aber nicht zweckmäßig wie ich später feststellen muss. War man beim Duschen oder lange im Regen, funktioniert das nicht mehr, weil die Finger aufgeweicht sind und so nicht mehr identifizierbar sind. Dann muss man halt solange draußen warten bis sich die Finger wieder normalisiert haben oder zufällig jemand anderer gerade das Tor öffnet.

Noch scheint die Sonne und nebenan auf der schicken 48er Allures (einer 16 m Aluyacht) bügelt die Französin im Cockpit die frisch gewaschene Wäsche. Na ja, wenn man mit so einer Yacht unterwegs ist, muss man auch selbst schick genug sein. Und das sind die Beiden. Sie sind nicht nur schick, sind auch ganz normal und nett.

Wolfgang ist in die Stadt gegangen um einen Supermarkt zu finden (warum weiß ich zwar nicht, denn unsere Vorratsschränke sind noch gut gefüllt) während ich das Schiff sturmgerecht vertäue. Für heute Nacht sind bereits über 35 kn angekündigt und morgen soll es noch schlimmer werden.

 

Der Sturm

Die Nacht wird sehr unangenehm. Der Schwell scheint ungehindert in die Marina zu kommen und schaukelt das Schiff schlimmer als wir es je auf See erlebt haben. Dazu kommt das heftige ruckartige Reißen an den Festmacherleinen. Der Himmel hat alle Schleusen geöffnet und es schüttet als wenn jemand Eimer um Eimer über uns ausleert. Ich würde gerne nachsehen ob alles in Ordnung ist, kann mich aber nicht überwinden bei diesem Sauwetter auch nur den Kopf aus dem Niedergang zu stecken. Als es hell wird, ist erst der erste schwächere Teil des Sturms durchgezogen. Ein Mariniero ist mit einem Arm voll Leinen unterwegs und hilft wo er nur kann. Männer im Schwerwetterzeug hantieren auf den Stegen und versuchen ihre Schiffe zu sichern. Auch ich bin unterwegs, prüfe die Leinen der Carina, bringe weitere Leinen an und so liegt die Carina nun mit 5 Springs und 4 Festmachern vertäut und mit 9 Fendern gegen den Steg gesichert. Es schüttet immer noch und ein Blick auf den Windmesser zeigt mir 45 kn an. Die Brecher, die draußen inzwischen die 7 m Grenze erreicht haben, kommen über den Wellenbrecher in die Marina und das Brausen jagt mir Schauer über den Rücken. Zum Glück sind die Stege weit genug vom Wellenbrecher entfernt so dass dies keine Gefahr für uns darstellt. Die größere Gefahr ist der extreme Schwell. Die Marina besteht aus mehreren Schwimmstegen an denen die Schiffe an sogenannten Fingern liegen, die vom Hauptpontoon seitwärts weggehen. Die einzelnen Finger wurden zusätzlich mit Spanngurten an den Hauptpontoon befestigt. Die etwas  größeren Schiffe haben den Buganker ausgebracht und haben die Heckleinen diagonal über den Pontoon gespannt. Es ist sehr schwierig sich in der Marina zu Fuss fortzubewegen. Auf den Fingern kann man sich vor lauter Geschaukel kaum halten und auf dem Hauptpontoon stolpert man ständig über die sich spannenden und wieder lösenden Festmacher. Als ich wieder ins Schiff zurückkehre bin ich trotz Schwerwetterzeug total durchnässt. Die Gummistiefel kann ich auskippen. Macht nix, Hauptsache das Schiff liegt sicher.

An diesem Tag und der folgenden Nacht verlässt niemand sein Schiff, erst am zweiten Tag legt sich der Wind etwas und es hört auf zu regnen. Noch immer ist der Hafen gesperrt und auch die Häfen von Aviero, Duoro in Porto und Figuera da Foz sind gesperrt. Der Schwell vor den Einfahrten erzeugt noch schwere Brecher die eine Zufahrt unmöglich machen. Wie soll man sich das vorstellen wenn ein Hafen gesperrt ist? Nun, es gibt keine Barriere oder so etwas. Man muss sich einfach informieren. Es wird ständig über Funk auf Kanal 16 als nautische Warnung durchgegeben und auf den Türmen der Hafenbehörden hängt entweder ein schwarzer Ball oder ein schwarzer Zylinder, nachts gibt es Lichter auf dem Turm: grün – rot – grün. Das bedeutet: Hafen gesperrt.

Am Donnertag ist wieder schönstes Sommerwetter, kaum noch Wind, aber die Brecher kommen immer noch über die Hafenmauer. Kein Schiff verlässt den Hafen, obwohl er schon mit Einschränkung freigegeben ist (dann hängt der Zylinder oder Ball auf Halbmast und die grün-rot-grünen Lichter blinken)

Für Wolfgang ist die Zeit auf der Carina heute zu Ende. Sein Flug, von Porto aus zurück nach Deutschland, geht morgen früh. Nach 5 Wochen in denen wir von Concarneau aus gemeinsam hierher gesegelt sind und wir von Schönwetter über Nebel und Sturm alles erlebt haben trennen sich unsere Wege.

 

Endlich allein

Von Wolfgang habe ich mich soeben verabschiedet und bin total froh endlich wieder allein zu sein. Das klingt jetzt ziemlich böse, ist aber nicht so. Wir hatten eine sehr gute Zeit zusammen und ich bin froh dass Wolfgang dabei war. Aber für jemand wie mich, die es seit über 20 Jahren gewohnt ist allein zu leben ist das nicht immer einfach. Ich vermute Wolfgang ging es genauso und auch er ist froh wieder alleine zu sein. Ich freue mich nun einfach mein Schiff wieder für mich alleine zu haben und starte gleich mal einen Großputz, wasche die gesamte Wäsche und mache hinterher einen Spaziergang durch die Stadt und genieße das Alleinesein.

Am nächsten Morgen verlasse ich den Hafen von Povoa alleine ohne Crew. Einer von den norwegischen Booten ruft mir noch hinterher ob ich meine Crew vergessen hätte? Nein, nein, ich segle ab jetzt wirklich alleine weiter. Na ja, segeln ist wohl für diesen Tag nicht der richtige Ausdruck, denn ich bin die ganze Strecke bis Aveiro unter Motor gefahren. Zu Beginn war kein Wind und die Wellen nicht mehr über 3 m hoch. So konnte ich die Zeit gut nutzen um all die Leinen auf Sturmschäden zu überprüfen. Der Großteil hat es heil überstanden. Ein Festmacher aber ist schwer beschädigt. Der komplette Mantel ist durchgescheuert, zum Glück ist der Seele nicht viel passiert. Also hole ich Segelgarn und Nadeln raus und flicke sie wieder.

 

Bitte, bitte, lass mich da heil durchkommen

Die Zufahrt nach Aveiro wird in den Handbüchern als sehr schwierig beschrieben. Es gibt eine Barre (Sandbank) vor der Einfahrt an der sich die Wellen sehr aufsteilen oder gar brechen und es gibt Strömungen bis zu 7 kn. Man soll also unbedingt kurz vor Hochwasser passieren und das nur bei gemäßigten Wetterbedingungen und sehr wenig Schwell. Als ich heute morgen losfuhr hatte ich gemäßigte Bedingungen und für diese Region nicht allzu viel Schwell. Inzwischen ist etwas Wind aufgekommen, aber ich lasse die Segel unten und motore weiter, denn unter Segeln würde ich es nicht rechtzeitig vor Hochwasser zur Einfahrt schaffen. Davon abgesehen ist Hochwasser um 20:30 und da wird es dann auch bald dunkel. Bei Dunkelheit will ich auch nicht ankommen. Je näher ich Aveiro komme um so höher, kürzer und steiler werden die Wellen. Noch bin ich einige Meilen von der Küste entfernt, aber der Seegang ist schon sehr rau. Ich mache mir Sorgen wegen der Einfahrt, aber ich habe keine andere Wahl. Der nächste  Hafen ist zu weit entfernt, den kann ich nicht schaffen, und ob der dann besser ist, ist auch fraglich. Da muss ich also nun durch wenn nicht die Nacht auf See verbringen will, was bei diesen Bedingungen auch kein Spaß ist. Die Zufahrt wird extrem rau. Der Hafen ist noch nicht gesperrt und ich steuere Richtung Einfahrt mit 8 kn Geschwindigkeit, obwohl ich kaum noch Gas gebe. (Die Carina schafft unter optimalen Bedingungen und Vollgas max. 6 kn)  Ich brabbele unentwegt vor mich hin „Bitte, bitte, lass mich da heil hineinkommen“. Es scheint geholfen zu haben. In dem Moment in dem ich den Wellenbrecher erreiche sind auch die Wellen spurlos verschwunden. Das Meer ist flach, uuuffff, geschafft, aber das Wasser  brodelt als wenn es kocht. Das ist die Strömung. Im nächsten Moment kommt ein heftiger Wind über das hier komplett flache Marschland gefegt, so dass ich Probleme habe die Carina in dem schmalen Kanal in der Fahrrinne zu halten. Oh Mann, unter diesen Bedingungen soll ich ankern!! Eine andere Wahl gibt es hier nicht. Ich schwitze obwohl es kalt ist. Ich hoffe nur dass in dem Bassin in dem die Marine und die Fähre angesiedelt sind, in dem man angeblich ankern kann wenigstens keine so starke Strömung mehr ist. Ich treffe die Einfahrt, runde die Untiefe, die zum Glück betonnt ist und erreiche die Bojen an denen die Fischerboote hängen. Hier soll man also laut Handbuch ankern können. Da ist ja kaum Platz!!! Bojen, Untiefe, Fährstelle, nicht ein Schiff vor Anker – schwitz – und dieser heftige Wind der nicht nachlassen will. Schiff auf Position halten, Anker klar machen, das wird sportlich, ich hechte vom Steuer im Cockpit zum Anker am Bug und zurück und wieder vor ….  viele Male. Zum Glück hält der Anker sofort.

Ich war so beschäftigt dass ich gar nicht bemerkt hatte, dass hinter mir eine weitere Yacht fuhr die nun ebenfalls hier einen Ankerplatz sucht. Sie hat nicht so viel Glück wie ich, es braucht einige Versuche bis der Anker hält. Das liegt daran, dass es hier Stellen mit gut haltendem schwarzen Schlamm gibt (so eine hab ich erwischt) aber auch viele mit Seegras bewachsene Stellen in denen ein Anker nur sehr schwer greifen kann. An der Flagge sehe ich dass sie ebenfalls aus Deutschland ist. Mehr kann ich nicht erkennen, dafür ist sie zu weit entfernt und es ist auch schon etwas dunkel geworden. Am Funk höre ich auf Kanal 16 eine deutsche Stimme rufen: „Deutsche Baby-Yacht, deutsche Baby-Yacht – hier Segelyacht Finn“

Nach dem zweiten Mal, denke ich die meinen vielleicht mich und ich antworte. Es ist die Yacht die unweit von mir entfernt ankert und ich plaudere einige Zeit auf Kanal 69 mit einer 4-köpfigen Familie, Mama, Papa und 2 Kinder 11 und 7 Jahre alt. Sie sind ebenso geschockt von der Einfahrt wie ich und der Meinung der Wetterbericht hätte nicht recht gehabt. Hhhmmhh, wir hatten den von Povoa und Porto, aber nicht den von Aveiro. 40 Seemeilen Entfernung machen hier oft einen Riesenunterschied und natürlich sind da auch noch die thermischen Winde, die man noch dazurechnen muss. Denn die sind im Wetterbericht nicht berücksichtigt, aber in einer Gegend in der es an Land schnell mal 30° hat, das Wasser aber nur 18°, sehr heftig und machen leicht 2 Bft aus die man noch obendrauf rechnen muss. Sie finden meinen Plan, früh morgens auszulaufen, bevor die thermischen Winde wieder zuschlagen sehr gut und wollen ebenfalls bereits um 07:00 mit mir auslaufen mit dem selben Ziel: Figuera da Foz wo wir uns dann auch mal persönlich kennenlernen werden. Zum Glück schläft der Wind um 22:00 Uhr komplett ein und es wird eine herrlich ruhige Nacht hier am Ankerplatz.

 

Figuera da Foz, was quietscht denn da so erbärmlich?

Als wir morgens um 07:00 den Anker lichten ist es noch immer windstill. Es dämmert gerade so dass man schon gut sehen kann wo man hinfährt und die Ausfahrt aus dem Hafen ist absolut easy. Wie so was sein kann –gestern so heftig und jetzt als wär nichts gewesen. Ich bin froh und dankbar dafür und setze meinen Kurs auf Figuera da Foz ab.

Wieder Null-Wind und zusätzlich bewölkt – trist und grau kämpft sich die Carina unter Motor südwärts. 2 Stunden später kommt die Sonne durch. Ca 10 Seemeilen vor Cabo Mondego höre ich ein seltsames Quieken, Piepsen, ich weiß nicht recht wie ich es nennen soll und kann auch nicht identifizieren woher es kommt. Erst ist es nur gelegentlich dann permanent. Es scheint vom Ruder zu kommen. Oh Gott, dass fehlt mir gerade noch. Aber eigentlich kann es nicht sein. Die Carina hat eine Pinnensteuerung und das Lager ist aus Teflon. Das kann einfach kein solches Geräusch von sich geben. Aber es kommt definitiv vom Heck und ist inzwischen so penetrant dass ich mir am liebsten die Ohren zuhalten möchte. Endlich ist der Verursacher gefunden. Es ist der Motor, der verzweifelt nach Öl schreit. Zu dumm, ich hatte den letzen Liter vorgestern eingefüllt und noch keine Gelegenheit gehabt neues zu besorgen. Zum Glück ist inzwischen ein laues Lüftchen aufgekommen und ich kann den Motor abschalten. Mit anfangs 1,5 Knoten segle ich dahin. Aber je näher ich dem Cabo Mondego komme um so mehr Wind kommt auf. Als ich das Cap gerundet hab ist so viel Wind dass ich mit nur einem winzigen Fetzen Genua und ohne Groß immer noch mit 5 Knoten auf Fíguera zu rausche. Vor dieser Einfahrt habe ich allerhöchsten Respekt um nicht zu sagen sogar ein wenig Angst, nachdem ich den Seeunfallbericht gelesen habe von dem Schiff dass vor 2 Jahren hier in die Brandungszone geraten war wobei 4 Menschen (3 Crew und ein Seenotretter) ihr Leben verloren. Ich segle so weit ich kann an den Wellenbrecher heran um den Motor (ohne Öl) zu schonen und hoffe inbrünstig dass er mich dann wenn ich ihn brauche nicht verlässt, mich heil in den Hafen und in die Marina bringt und dabei keinen Schaden nimmt. Ich beschwöre ihn und verspreche ihm hoch und heilig alles für ihn zu tun, ihn besser zu pflegen und in Figuera viele Liter des besten Öls zu kaufen dass es gibt. Der Motor hält durch. Unter ohrenbetäubendem Gepiepse laufe ich in die Marina ein. Das hat den Vorteil dass alle in der Marina Anwesenden meine Ankunft nicht überhören können und sich so genügend Helfer am Steg einfinden um meine Leinen anzunehmen.

Im Marinabüro schaut mich der Beamte sehr verwundert an, als ich keine Crew vorzuweisen habe. Er staunt bewundernd und meint ich sei die erste Frau die alleine hier angekommen sei.

Ich mag Figuera da Foz. Die Sonne scheint so heiß dass ich meinen Bikini auspacke, der Himmel ist strahlendblau, die Marina von einer Palmenpromenade gesäumt und dahinter zieht sich eine interessant aussehende Stadt mit schönen Gebäuden den Hang hinauf. Ich beschließe 2 Tage hier zu bleiben obwohl es der teuerste Hafen bisher ist (21,50 € pro Nacht). Ich wandere durch die Strassen, mit einem Lächeln im Gesicht, neugierig staunend wie ein kleines Kind auf dem Christkindlmarkt. Ich vermute so sehe ich auch aus, denn viele Blicke der Passanten oder der Leute die in den Cafes sitzen, an denen ich vorbeischlendere, folgen mir. Ich genieße aus meinem Cockpit die schönsten Sonnenuntergänge und verwöhne meinen Motor mit viel neuem Öl und frischem Diesel den ich in Kanistern vom Tanksteg zum Schiff transportiere. Carinas Tank ist soooo klein dass es sich gar nicht rentiert eine Tankstelle anzulaufen. Er fasst nur 40 l. Der Motor verbraucht nur 1 l pro Stunde, so dass ich nur gelegentlich einen meiner 4, 10-Liter Reservekanister nachfüllen muss. Aber wie mir scheint, braucht der Motor seit der Reparatur in Concarneau viel mehr Öl.

Da auch für den Tag meiner Weiterreise für Nachmittag wieder viel Wind vorhergesagt ist starte ich bereits um 07:00 morgens um bereits mein Ziel „Nazare“ erreicht zu haben bevor der heftige Spätnachmittagwind einsetzt. Und da passiert was schon lange zu erwarten war. Ich vergesse beim Starten des Motors auf die Motorbatterie umzuschalten. Und da die Versorgerbatterien (mit denen ich jetzt ungewollt den Motor starten würde) mit einer 60 A Sicherung gegen Kabelbrand gesichert sind, macht es nur ein kaum hörbares pppffff und die Sicherung ist durch. Kein Strom und kein Motorstart. Eigentlich habe ich erwartet dass dies zu einem viel ungünstigeren Zeitpunkt passieren würde, zum Beispiel wenn ich gerade Stress mit den Segeln habe und den Motor zu Hilfe nehmen wollte, und wollte diese Sache schon längst mal ändern. Auf der Jobliste stand es, aber ich hatte es immer aufgeschoben. Stärkere Sicherungen habe ich nicht und sie würden auch nicht den angedachten Zweck erfüllen. Also klemme ich schnell die Kabel um und umgehe die Sicherung einfach, so wie es früher auch war und hab keine Probleme mehr. Dadurch verzögert sich zwar jetzt meine Abreise, aber zumindest ist diese Geschichte erledigt. Der Motor springt jetzt auch sofort an (hab wieder auf  Starterbatterie umgeschaltet) und von den Stegnachbarn hat keiner was mitbekommen, die schlafen alle noch. So lege ich allein still und heimlich ab und verlasse den Hafen bei Windstille. Über Figuera hängen schwarze Wolken. Vor mir in der Richtung in die ich will sieht es etwas heller aus. Zum Glück regnet es nicht. Wir motoren wieder mal (jetzt haben wir ja wieder Öl und Diesel aber keinen Wind). Ich nutze die ruhige Zeit, hole meine Handbücher raus und suche nach einem geeigneten Platz an dem ich die Carina lassen kann wenn ich im Oktober für 6 Wochen nach Deutschland fliege.

Ab mittag bin ich wieder mit den Segeln beschäftigt, denn jetzt haben wir wieder ordentlich Wind und auch Sonnenschein – und auch die Wellen fehlen nicht. Inzwischen habe ich mich so daran gewöhnt, dass 3 m Wellen normal und nicht mehr erwähnenswert sind.

 

Nazare – Dörrfisch - der Unterwassercanyon und 32 m hohe Wellen

Mein heutiges Ziel ist Nazare, das Surfer-Paradies. Hier an der Praia de Norte (also der Strand nördlich des Kaps) wurden die höchsten Wellen Europas mit 32 m gemessen. Das liegt daran, dass ein Unterwassercanyon bis an diesen Strand reicht. Das Kap südlich davon und entsprechende Strömungen helfen dazu und so steilt sich hier an diesem herrlichen goldgelben Sandstrand der Schwell auf und verursacht fantastische Brecher in denen die Surfer ihren Spass haben. Heute ist zum Glück wenig Wind und wenig Welle, aber es sieht auch von See aus mit gebührend Abstand schon sehr beeindruckend aus. Der Hafen liegt hinter dem Kap, also südlich davon und hier ist kaum etwas von den Wellen zu merken. Die Einfahrt ist leicht und der Hafen sehr geschützt. Laut Handbuch liegt die Marina in der südlichen Ecke, aber die Segelmasten die ich sehe, befinden sich in der nördlichen ???? Hmmm, nach dem 2. Wellenbrecher wird alles klar. Es gibt die Marina im Süden und den privaten Segelclub im Norden. Ich will gerade auf die Marina zusteuern als mich ein Marinero an den Segelclub herüberwinkt. Also fahre ich dahinein, finde einen geschützten Steg zwischen den Riesenyachten, die mir guten Windschutz geben. Ich bin so klein dazwischen dass man mich gar nicht sehen kann, erst wenn man direkt vor der Carina steht ist sie sichtbar.

Der Marinero spricht nur portugiesisch und ich ahne nur was er mir sagen will. Auf alle Fälle erst mal „tranquillo“ und dann ins Hafenbüro kommen. Dort finde ich einen jungen Herrn vor der sehr gutes englisch spricht und der mir persönlich alle Einrichtungen des Clubs zeigt.

Jetzt will ich aber erst mal in die Stadt, die beim hersegeln schon so beeindruckend aussah. Schneeweiße Häuser hinter einem ewig langem gelben Sandstrand der von den farbigen Klippen des Kaps begrenzt wird. Auf den überhängenden Klippen setzt sich die Stadt fort. Der Hafen liegt einen 15-minütigen Fußmarsch außerhalb der Stadt. Man muss nur immer am Strand entlang gehen. Dort am Strand wird noch wie früher Fisch gedörrt. Auf mit Draht bespannten Holzrahmen dörren verschiedene Fischarten und Oktopusse in der Sonne. Davor sitzen alte Frauen, die den Fisch direkt hier verkaufen. Ich bin neugierig und will „einen“ Fisch kaufen. Die alte Frau packt einen weiteren dazu. Nein, ich will nur einen!!

Sie bleibt ungerührt, packt beide in die Tüte und will 1,- € dafür. Bei der nächsten Frau kaufe ich noch einen getrockneten Oktopuss. Der Fisch, vermutlich eine Makrele, war gut und schmeckte wie Räucherfisch. Den Oktopuss konnte man nur lutschen. Es war hauchdünn vom Trocknen, wie Papier, und es war unmöglich etwas abzubeißen, der Geschmack war aber super. Vermutlich hätte man ihn in eine Suppe oder einen Eintopf stecken müssen.

Die Stadt war sehr malerisch, wenn auch sehr touristisch. Winzige Gassen führen schachbrettartig durch die Stadt. Unzählige Restaurants mit Holzkohlengrills laden zum Essen ein, und natürlich fehlen auch die Souvenirläden nicht. Zum Glück ist Nachsaison und die Stadt nicht mehr gar so überfüllt. Mich interessiert die Oberstadt in die eine Zahnradbahn hinaufführt (Preis 1,20 €). Hunde und Katzen dürfen auch mit der Zahnradbahn fahren, müssen aber in die extra dafür bereit gehaltenen Transportboxen. Von hier oben hat man einen fantastischen Blick. Von irgendwoher klingt Fado-Musik. Es ist einfach nur schön und stimmungsvoll hier oben. Ich folge dem Klang der Musik durch die Gassen und finde mich auf einem großen Platz wieder, bestanden mit riesigen Palmen. Hierher kommt die Musik, 2 Straßenmusikanten sitzen vor einem kleinen Pavillon, rundherum gibt es Stände an denen Männer und Frauen in Trachten Nüssen verkaufen und hinter allem erhebt sich majestätisch eine wunderschöne Kirche. Ich sitze einige Zeit am Brunnenrand, lausche der Musik und lasse die Schönheit und die Stimmung dieses Platzes auf mich wirken. Ich bleibe ein paar Tage hier in Nazare, es ist einfach zu schön um gleich wieder weiter zu segeln.

Am riesigen Stadtstrand wird gerade ein Schwimmer gerettet der die Brandung und die Strömung unterschätzt hatte und es nicht mehr an den Strand zurück schaffte.

Vom Strand aus beobachte ich eine Yacht die hier am Strand vor dem Kap ankern will. Ein paar Fischerboote fahren zur Yacht hinaus woraufhin sie noch einmal neu ankert, ein wenig weiter draußen. Ich würde da nicht ankern wollen, viel zu viel Schwell und Brecher am Strand.

Am nächsten morgen um 08:00 Uhr kommt die Allures mit den Franzosen in den Hafen und macht gegenüber von mir fest. Sie waren das, die dort geankert haben. Sie haben kein Auge zugetan die ganze Nacht und raten dringend davon ab, das selbe zu versuchen.

Ich kaufe Brot beim Bäcker, Wein beim Weinhändler und Tomaten m Gemüseladen. Natürlich gibts auch Supermärkte hier, aber da will ich nicht hinein. Viel brauch ich ja nicht für mich alleine und außerdem bin ich immer noch am aufessen von Wolfgangs Gemüse- und Obstvorräten und werde bestimmt noch eine Woche hinessen bis alles aufgebraucht ist.

Ich will gerade ins Hafenbüro um meine Gebühren zu bezahlen und um morgen weiterzusegeln, da kommt ein kleiner Katamaran herein der aussieht wie eine Schildkröte und so heißt er auch „Tortuga“. Das sind Freunde von mir, von denen ich geglaubt hatte ich werde sie nicht mehr wiedersehen. Um so größer ist die Freude und morgen segeln wir gemeinsam weiter nach Peniche.

 

Da gehört die Tripleine aber wirklich nicht hin – Ankern in Peniche -  wer ist blauer, der Himmel oder das Meer?

Am nächsten Tag segeln wir weiter (wir - damit meine ich die Carina und mich). Ich lege um 08:00 wie geplant ab, die Tortuga wird vor 9 nicht losfahren. Rund um mich herum auf den Riesenbooten schläft noch alles als ich mich leise aus dem Steg schleiche. Vor der Tankstelle hole ich Fender und Leinen ein und winke noch mal den inzwischen wach gewordenen Franzosen auf der schicken Allures zu.

Die Ausfahrt ist ruhig, noch ist kaum Wind und der Schwell minimal. Nachdem ich aus dem Schutz des Cliffs heraus bin werden die Wellen wieder höher, wie angekündigt, ca 2 m aber mit langer Wellenperiode und daher nicht unangenehm. Die ersten beiden Stunden sind wieder Motorstunden, dann kommt eine sehr leichte Brise auf und ich kann segeln, allerdings sehr langsam. 2 – 3 kn. Die Sicht ist schlecht heute und ich fahre Zickzack zwischen all den ausgelegten Krabbenkörben. Von hinten kommt die Tortuga auf und überholt mich. Sie ist viel schneller als ich, nicht nur weil sie ein Katamaran ist, sondern auch weil sie ihr Vorsegel ausgebaumt hat. (Für die Nichtwissenden: dazu spreizt man eine Alustange zwischen vorderes Segel und Mast damit das Segel schön weit draußen stehen bleibt und auf Kursen in denen der Wind von hinten kommt den Wind schön einfangen kann) Bei mir fällt bei so wenig Wind in diesem Seegang die Genua (das vordere Segel)  bei jeder Welle ein, was mich natürlich Fahrt (= Geschwindigkeit) kostet. Ich muss mich endlich mal um den Spibaum kümmern und ihn richten, damit ich auch etwas schneller werde. Steht jetzt auf der Jobliste für den nächsten Stopp in Cascais.

Ca 5 sm vor dem Cabo Carveiro gibt es etwas mehr Wind und ich kann 3 – 3,5 Kn verzeichnen. Das ist auch gut so, denn der Schwell versetzt mich Richtung Klippen auf dich nicht auflaufen möchte. Das Kap sieht sehr dramatisch aus, steil, schwarz, hoch und Brandung so hoch wie die Klippen. Über allem trohnt der Leuchtturm. Die Welt ist immer noch schwarz-weiß, im leichten Nebel. Zwischen dem Kap und der vorgelagerten Insel Berlenga gibt es endlich mehr Wind, aber auch mehr Welle. Hinterm Kap und bei der Ansteuerung des Hafens von Peniche ist kaum noch Schwell zu spüren. Ich nutze die Gelegenheit um schon mal den Anker von all den Befestigungen zu befreien und eine Tripleine anzubringen. (Eine Tripleine ist einfach nur eine Leine die man direkt am Anker befestigt und ans andere Ende eine kleine Boje hängt, damit man den Anker, falls er sich verhakt hat, wieder frei bekommt.)  In diesem Hafen kann man auf 4-5 m im Sand ankern, aber es liegt jede Menge Fischereizeug da unten weshalb eine Tripleine empfohlen wird. Diese Tripleine wird mir kurz später beim Einholen der Genua zum Verhängnis. Aus mir noch unerklärbaren Grund lässt sich die Genua nicht reffen. Ich zieh und zieh, aber es geht keinen Millimeter voran. Also wieder nach vorne klettern und nachschauen. Die vorbereitete Tripleine hatte sich um die Rollreffanlage gewickelt und sie blockiert. So schnell bekomme ich das Ding gar nicht frei und nehme beinahe ein paar Krabbenkörbe mit die hier vor der Einfahrt ausgelegt sind. Dann aber hab ich wieder alles unter Kontrolle, das Segel eingeholt und zwänge mich zwischen 3 auslaufenden Fischern durch die Hafeneinfahrt. Oh je, der erwartete Ankerplatz ist inzwischen mit privaten Bojen belegt. Nur ganz hinten ist noch ein ganz kleiner Platz übrig an dem bereits die Tortuga ankert. Ich suche gerade nach einem passenden Platz für den Anker, zwischen Tortuga und Bojen als ein holländisches Schiff hinter mir den selben Platz ansteuert. Ich bin schneller, der Anker ist unten und hält während die Holländer nun zwischen den Bojen mehrere Ankermanöver fahren. Da hängen wir also nun gut, fest, geschützt und kostenfrei, während die weiteren ankommenden Schiffe in der gegenüberliegenden Marina bereits Päckchen bilden.

Peniche ist so ziemlich der größte Fisherhafen hier an der Westküste und dementsprechend geht es hier auch zu. Es vergehen keine 10 Min in denen nicht ein Fischer reinkommt oder den Hafen verlässt und dabei ordentlich Wellen verursacht, denn die haben es hier immer sehr eilig und halten sich nicht an die Geschwindigkeitsbegrenzung von 3 kn. Das verursacht jedes Mal Wellen unter denen die Boote in der Marina schwer zu leiden haben. In unsere versteckte Ecke am Ankerplatz kommen die Wellen kaum. So wird die Nacht auch sehr ruhig hier.

Früh morgens um 07:00 lichtet die Tortuga ihren Anker und auch ich hole meinen Anker wieder auf. Und wieder macht mir die Tripleine Ärger. Eigentlich hat sie das gestern schon beim Ankern getan, denn ich wollte es ganz schlau machen und hab mich statt dessen ziemlich dämlich angestellt. Zu guter Letzt hing die Boje nicht über dem Anker sondern schwamm an einer viel zu langen Leine fröhlich in der Gegend rum, so dass ich sie aber auch vom Schiff aus nicht erreichen konnte. Beim Aufholen des Ankers hat sich die Leine irgendwo unterm Schiff, wahrscheinlich am Kiel oder am Saildrive verhakt so dass ich zwar den Anker problemlos hoch bekam, aber die Tripleine mit der Boje nicht. Ich hatte schon Angst dass die Leine in die Schraube kommt und sie blockiert, denn inzwischen schwimmt die Boje hinter mir. Vorwärts, rückwärts, keine Chancen die Leine mit der Boje ist nicht an Bord zu bekommen, sie hängt fest. Da hilft nur Boje opfern und Leine abschneiden – und da schwimmt sie davon, die Boje. Das mit der Tripleine muss ich also noch üben sobald ich wieder eine neue Boje habe.

 

Auf dem Weg nach Lissabon

Die heutigen 47 Seemeilen nach Cascais, der Sommerfrische von Lissabon, verlaufen unspektakulär. Die ersten Stunden ist wie immer kein Wind, der Himmel ist bedeckt und die Carina durchpflügt ein glattes bleigraues Meer mit ca 1 m Schwell. Die Küste ist im Dunst kaum zu erkennen, aber man kann ahnen dass sie sehr spektakulär aussieht mit hohen Cliffs und davor oder dazwischen goldgelben endlosen Sandstränden. Mittags kommt die Sonne raus und mit ihr der Wind und es wird ein herrlicher sonniger Segeltag mit raumen Wind (das heißt, der Wind kommt von hinten) und wenig Welle. Und endlich sieht man auch was von der wirklich spektakulären wunderschönen Küste. Das Cabo da Roca mit dem prominenten Leuchtturm glänzt in der Sonne und Meer und Himmel wetteifern wer denn blauer sei. Kurz vor Cascais, einige Meilen vor der Mündung des Tejo reihen sich die Großschiffe ein, Tanker hinter Containerschiff, einer nach dem anderen kommt vom Verkehrstrennungsgebiet und erwartet hier seinen Lotsen um nach Lissabon hineingleitet zu werden. Ich werde die 10 Seemeilen den Tejo nicht hinaufsegeln sondern in Cascais bleiben, da es schwierig ist in den Marinas von Lissabon einen freien Platz zu bekommen.

Um 16:00 fällt der Anker vor der Marina von Cascais. Hier liegt man kostenlos und geschützt, während man in der Marina 4,60 € pro Meter Schiffslänge bezahlt. Damit ist sie die mit Abstand teuerste Marina in ganz Portugal. Hier, am Ankerplatz, werde ich ein paar Tage bleiben und mit der Metro nach Lissabon hineinfahren um diese traumhaft schöne und interessante Stadt zu besichtigen. Bin mal gespannt wie sie sich in den 40 Jahren, seit ich zuletzt hier war, verändert hat.

 

Cascais ist wunderschön – rudern hält fit – in der ersten Reihe

Der Ankerplatz ist super- man hat einen schönen Blick auf die noblen Villen und die Strände von Cascais. Ich wundere mich etwas über die riesigen gelben Bojen die gerade in der Bucht hinter und zwischen den ankernden Seglern ausgelegt werden. Vermutlich eine Regatta der kleinen Jollen am Wochenende - aber warum gerade hier wo doch draußen so viel Platz ist?

Ich habe gerade das Beiboot aufgeblasen und zu Wasser gelassen, den schweren Motor runtergehievt und bin fertig zum ersten Landgang. Der Motor springt an wie er soll, aber noch bevor ich die Leine los hab und wegfahren will stirbt er wieder ab und lässt sich auch nicht mehr starten. Der Mechaniker in Gallicien hatte recht – es ist eine „mala machina „ ein absolutes „Glump“. Na ja, hilft halt nix, muss ich eben rudern. Es ist bestimmt 600 m oder mehr bis zum Tanksteg der Marina an dem man das Beiboot lassen darf. Im Moment ist es windstill und kaum Strömung und es ist gar nicht so schlimm zu rudern.

Cascais ist so schön, dass man gar kein so großes Verlangen mehr verspürt nach Lissabon hineinzufahren. Das werde ich aber trotzdem morgen, am Sonntag, tun, denn von hier fährt ein kleiner Zug alle 20 Min bis ins Zentrum und kostet nur 4,80 hin und zurück.

In Cascais werden gerade Zelte und Absperrungen für den morgigen Triathlon aufgebaut.

In einem Schaufenster sehe ich einen gebrauchten 2-Takter Außenbordmotor. Den kaufe ich, damit endlich Ruhe ist mit der ewigen Gaudi, und meinen Mercury versenke ich!! Nein, tu ich nicht, denn der 2-Takter ist leider nicht verkäuflich. Ich rudere also weiter. Abends ist hier am Ankerplatz immer heftiger Wind und ich habe ganz schön zu kämpfen da gegenan zu rudern und zurück zur Carina zu kommen.

Am Sonntagmorgen werde ich von einem Rauschen geweckt dass sich anhört wie ein Gebirgsbach und einfach nicht mehr aufhören will. Ich steck den Kopf aus der Luke der Vorkabine und was muss ich sehen? Direkt vor Carinas Bug kraulen ca 100
Triathleten vorbei und das genau 3 Mal. Ich sitze immer noch in meinem Bett in der Vorkabine den Kopf durch die Luke gesteckt und schaue ihnen aus der ersten Reihe fasziniert zu. Das ist ein Geplatsche und Gerausche und sehr ästhetisch anzuschauen. Aha, dafür waren die gelben Bojen, das sind ihre Wendemarken. Rundherum sind die Betreuer und Retter unterwegs als Stand-up-Paddler aber auch mit Motorbooten.

Den Sonntag hab ich in Lissabon verbracht, am Torre Belem von dem die großen Entdecker aufgebrochen sind, am Denkmal der Entdecker und im Bajo Alto. Dass Lissabon wunderschön und interessant ist brauche ich ja nicht zu erwähnen und dass hier auch die Sonne scheint, davon geht man aus und genau so war es.

Wieder zurück in Cascais dämmert es gerade und als ich am Steg vor meinem Beiboot stehe und es ist noch mehr Wind zum zurückrudern als gestern. Während ich gerade mit einem anderen Beiboot kämpfe, das meines einsperrt, kommt ein Pärchen auf den Steg herunter und ich höre sie sagen, „Ja, sie ist es“ und schon schütteln mir 2 freudestrahlende Menschen die Hände. Ich freu mich auch erst mal, obwohl ich in 2 mir scheinbar unbekannte Gesichter schaue. Dann dämmert es mir, es sind die Franzosen von der Allures, die zwar immer an den selben Orten waren wie ich, mit denen ich aber nicht allzuviel Kontakt hatte. Und das Beiboot das meines einsperrt ist ihres, und ja natürlich schleppen sie mich zur Carina zurück. Und jetzt ist auch meine Freude echt und begründet.

Am nächsten Abend treffe ich am selben Steg vor meinem Beiboot auf Tony und Cindy von der Tortuga und lade sie spontan zum Abendessen ein. So sitzen wir etwas später bei Ratatouille und Bratkartoffeln begleitet von Champagner (ich weiß schon, das ist eine eigenartige Kombination, aber halt das was wir noch an Bord gefunden haben) in Carinas Cockpit und bewundern einen rot aufgehenden Vollmond über der Bucht von Cascais während Tony mir die Angelausrüstung angelfertig vorbereitet und erklärt, die er mir als Geschenk mitgebracht hat. Jede Menge Haken und Köder und Leinen und Gewichte damit ich auf See Thunfisch fangen kann. Der Abend wird nicht allzu lang, denn ich will morgen früh bald los und hab wieder mal eine lange Passage von 55 sm nach Sines vor mir. Spätestens am Wochenende treffen wir uns wieder in Portimao an der Algarve. Das Leben ist schön.

 

Sines – Geburtsstadt von Vasco da Gama

Heute muss ich wieder früh aufstehen und um 07:00 sobald es etwas hell wird lichte ich den Anker. 55 Seemeilen sind es nach Sines, meinem nächsten Ziel und letztem Zwischenstopp bevor ich am Mittwoch das Cabo Sao Vicente runden und in der Algarve ankommen werde.

Es wird ein sonniger Segeltag mit einer herrlichen aber zu leichten Brise und leider aus Süden. Das ist die Richtung in die ich muss. Zwischendurch muss ich immer wieder mal ein Stück motoren um Strecke zu machen und noch vor Einbruch der Dunkelheit den Ankerplatz in Sines zu erreichen. Ich sonne mich ein wenig, während Carina unter Segeln lautlos dahingleitet, schreibe ein wenig an diesem Tagbuch, koche Nudeln und genieße den Tag. An der Einfahrt in den Hafen von Sines muss man gut Abstand vom Ende des nördlichen Wellenbrechers halten, da ein Teil davon eingebrochen und halb versunken ist. Am Ende des versunkenen Wellenbrechers befindet sich laut Seekarten eine rote Tonne. Die Wirklichkeit hat keine rote Tonne, und man muss es einfach wissen, dass man 500 m Abstand halten muss um nicht auf die Steine zu fahren. Im Licht der untergehenden Sonne erreiche ich meinen Ankerplatz im kleinen inneren Hafen. Da liege ich nun geschützt direkt unter der Festung in der Vasco da Gama geboren wurde. (Wer es nicht weiß: Vasco da Gama war der Seefahrer der die Route nach Indien über Afrika, um das Kap der Guten Hoffnung herum, entdeckt hatte.)

Ich gehe nicht an Land, denn ich will gleich morgen früh weiter. Mach also nur die Routinechecks am Schiff, bereite alles für die frühe morgendliche Abreise vor und verschwinde in meiner Koje.

 

Cabo Sao Vicente – das Ende der Welt in der Zeit der großen Entdecker

Der Wecker klingelt um 05:00 – ich drücke noch mal auf die Schlummertaste, denn wenn es ums früh Aufstehen geht bin ich ein Faultier. Aber heute nutzt es nichts. Ich muss raus. Die letzte Etappe vor der Algarve steht vor mir mit 70 Seemeilen. Es gibt keinen Schutzhafen oder Ankerplatz mehr zwischen Sines und den ersten Buchten hinterm Kap. So hole ich bereits um 06:00 Uhr noch im Dunkeln den Anker auf und verlasse den Hafen von Sines. Der noch fast volle Mond lässt ein wenig die Schatten der benachbarten Schiffe und der Mole erkennen. Ich bin die erste die den Hafen verlässt. Es ist noch windstill. Draußen durchquere ich die Reede auf der die großen Tanker ankern und darauf warten in den Hafen von Sines einzulaufen. Alle haben sie die Ankerlichter an und umfangreiche Decksbeleuchtung (das ist Vorschrift für Schiffe über 100 m Länge). Auf einem blinkt ein rotes Licht und in der Dunkelheit erkenne ich dass es sich langsam bewegt. Navigationslichter hat es keine an und es ist schwierig zu erkennen in welche Richtung es genau will. Mir scheint die Peilung steht und wir würden wenn wir so weiterfahren kollidieren. Ich glaube nicht dass mich das große Schiff sieht und komme allmählich ins Schwitzen da es mir immer näher zu kommen scheint. Wohin soll ich denn ausweichen, wenn ich gar nicht genau erkennen kann wohin dieser Riese will? Abgesehen davon wäre er ausweichpflichtig und ich verpflichtet meinen Kurs zu halten. Dann scheint er abzudrehen und die Aufregung wird später mit einem traumhaften Sonnenaufgang wieder gut gemacht. Kaum ist die Sonne da, kommt auch der Wind und ich kann den Motor abstellen. Jetzt ist aber endlich Zeit fürs Frühstück. Wenn ich frühmorgens starte fehlt mir die innere Ruhe um vorher zu frühstücken, außerdem müsste ich dann ja noch früher aufstehen, also frühstücke ich lieber erst wenn ich bereits unterwegs bin. Und so genieße ich nun in aller Ruhe meinen Kaffee und esse mein Müsli.

Nach 3 Stunden segeln stirbt der Wind und wir müssen wieder motoren. Das Meer ist inzwischen spiegelglatt und ringsherum haben sich Gruppen von Nordatlantiksturmvögeln und Tölpeln niedergelassen. Ich finde besonders die Basstölpel so schön, mit ihrem schneeweißen Federkleid, den schwarzen Flügelspitzen und der gelbschwarzen Maske (@Claudia: das sind die, die wir letztes Jahr in England an den Felsen brüten sahen). Sie sind die größten, im Nordatlantik heimischen, Seevögel. Als der Wind allmählich zurückkehrt verschwinden die Seevögel wieder in die Lüfte. Eine Schule Delfine zieht an steuerbord vorbei. Es sind die ersten Delfine seit der Biskaya. Aber diese hier sind in der Gegenrichtung unterwegs und scheinen es eilig zu haben. Sie haben leider keine Lust oder Zeit mit der Carina ein wenig zu spielen.

Sonderbar ist, dass seit Cascais/Lissabon keine Fischerboote sichtbar waren und auch die zu Hauf ausgelegten Krabbenkörbe fehlen hier. Das macht es natürlich viel angenehmer als wenn man ununterbrochen den Körben ausweichen und nach Netzen und Booten Ausschau halten muss.

Es sind noch 10 Seemeilen ans Cabo Sao Vicente, das einst als Ende der Welt galt und das südwestlichste Kap Portugals ist. Von hier starteten viele der großen Entdecker. Den Leuchtturm kann man schon von hier erkennen. Der Wind hat von nichts auf 4-5 Bft aufgefrischt und allmählich bildet sich auch eine kurze steile Welle, denn Wind und Wellen stehen sich entgegen. Das heißt dass ich jetzt das Netbook wegpacken und die Luken schließen muss, denn jetzt kommen wieder vereinzelte Wellen über den Bug und spritzen uns ein wenig an.

Wenig später sitz ich wieder mit dem Netbook im Cockpit. Die Wellen haben sich wieder beruhigt, auch der Wind wird etwas schwächer und am Kap ist gar nichts los. Das ist super, so kann ich ein wenig näher heranfahren, denn normalerweise soll man es mit mindestens 2 Seemeilen Abstand passieren. Ich passiere mit etwa 500 m Abstand. Es ist wunderschön, der weiße Leuchtturm auf dem schroffen Kap strahlt in der Sonne, das Meer ist tiefblau und ich mache mal wieder viel zu viele Fotos. Die Felsen leuchten rot und golden in der Abendsonne.

Nach dem Kap ist der Wind komplett verschwunden. Es sind nur noch 4 Seemeilen ums Cabo Sagres, das südlichste Kap, auf dem Henry der Seefahrer eine Festung und sein privates Haus erbauen ließ. Beides ist noch vorhanden und von See aus gut erkennbar. Er selbst ist zwar nie zur See gefahren, hat aber dafür gesorgt dass die großen Entdeckungen stattfinden konnten und Seekarten aus aller Welt gesammelt. Er ist auch bekannt als Henry the Navigator. Gleich dahinter in der Bucht fällt der Anker für heute Nacht. Morgen kommt dann die letzte Etappe nach Portimao bevor ich den Rückflug nach Deutschland antreten muss.

 

Was für eine Nacht – alle Schiffe drehen sich in den Wind? Wer’s glaubt

Solange sich das Boot bewegte schien weder Welle noch Schwell zu sein. Jetzt wo es in der Bucht von Sagres vor Anker liegt schaukelt es wie verrückt. Es liegt quer zum Schwell und rollt von einer Seite auf die andere, hin und her und her und hin … Ich überlege schon den Platz aufzugeben und in die Nachbarbucht zu gehen, aber auch die ist gegen Südosten offen und verspricht kaum Besserung. Also versuche ich den Trick mit der Ankerspring. Ich knote eine Leine an die Ankerkette und belege sie auf der hinteren Winsch. So kann ich das Schiff ein wenig drehen und das Geschaukel hat erst mal ein Ende. Die nebenan ankernde Ketsch rollt weiter, hin und her …. Das geht ein paar Stunden ganz gut mit meiner Spring, aber dann kippt die Strömung, die Flut setzt ein und damit liege ich nun mit meiner Spring genau verkehrt. Ich löse sie wieder und alles ist gut. Ich bin hundemüde nach dem langen Tag und gehe schlafen. Zumindest versuche ich es. Es ist gar nicht so einfach denn inzwischen rollt das Schiff wieder und ich auch. In meinem Bett rolle ich von rechts nach links und von links nach rechts und …. , rausfallen kann ich nicht, denn ich liege in der Vorkabine in der das Bett von einer Bordwand bis zur anderen reicht. Ich bin zu müde um aufzustehen und noch mal den Ankerspringtrick anzuwenden und irgendwann schlafe ich dann doch ein.

Die Morgensonne scheint mir durch die Luke ins Gesicht. Wieder ein strahlendblauer Tag. Nachts sind noch 2 weitere Schiffe angekommen und ankern neben uns. Hat da mal irgendjemand gesagt, dass sich am Anker alle Schiffe in die gleiche Richtung drehen? Der hätte jetzt da sein sollen!!!!! Wir liegen zu viert (alles Segelschiffe zwischen 8 und 12 m Länge) ca. in einem Quadrat und „jeder“ Bug schaut in eine andere Richtung. Genaugenommen sieht es aus als würden wir hintereinander her im Kreis fahren. Also glaubt nicht alles was man euch erzählt und haltet beim Ankern ausreichend Abstand.

Inzwischen ist Donnerstag, der 31.September und stehe sich seit 3 Stunden unter vollen Segeln noch immer 2 Seemeilen von meinem Ankerplatz entfernt. Heute hab ich endlich mal Zeit und es nicht eilig voranzukommen, (sind heute nur 20 Seemeilen) und ich hatte Carinas Motor für heute eine Ruhepause versprochen. Leider hat sich auch der Wind eine Ruhepause genehmigt und jetzt ist meine Geduld zu Ende. Also leider wieder Motor an. Es ist brütend heiß und zum ersten Mal spanne ich unterwegs mein Sonnendach auf. Auf dem Wasser treibt so allerhand daher, von Grasteppichen über Holz, Plastikflaschen, Tüten, Eimer und es gibt überhaupt keine Wellen und keinen Schwell. Ich komme mir vor wie in der Adria, dabei bin ich doch noch im Atlantik!!! So hatte ich mir das nicht vorgestellt. Hoffentlich bleibt das nicht so, das gefällt mir nicht und ich müsste mir sonst ganz schnell ein anderes Revier suchen.

Alles Schlechte hat auch was Gutes. Nachdem kein Wind zum Segeln ist und ich wieder mal zum Motoren verdammt bin, nutze ich die Gelegenheit um mir in aller Ruhe die traumhaften Felsformationen vor Lagos ganz genau anzuschauen. Ihr kennt die sicher, sind auf jedem Prospekt, auf jeder Postkarte und vielleicht wart ihr ja auch schon dort. Von Land aus habe ich sie schon 2x gesehen, aber das ist das erste Mal vom Meer aus, und ich fahre ganz nah heran, ganz nah … Und siehe da, da ist auch der Wind wieder und ich kann die restliche Strecke nach Portimao segeln.

Angekommen in Portimao. Hier wird die Carina die 6 Wochen bleiben die ich in Deutschland sein werde. Nächste Woche Donnerstag geht mein Flug. Das heißt dass ich einige von Euch bald sehen werde. Ich freu mich auf Euch. Hoffentlich erkennt ihr mich noch, denn ich sehe verdammt erholt aus.

Bis bald Erika

 

Zusammenfassung der bisherigen gesamten Reisedaten

Nun lebe ich seit insgesamt 100 Tagen auf meinem Schiff.

Davon habe ich 50 !!! Tage in der Werft in Concarneau verbracht, und 50 auf dem Wasser.

35 Tage hatte ich Wolfgang als Begleitung – 7 davon hat er mit mir in der Werft verbracht.

Insgesamt habe ich von Concarneau/Bretagne nach Portimao/Portugal-Algarve 930 Seemeilen zurückgelegt, 580 davon gemeinsam mit Wolfgang, die restlichen 340 alleine. Wie viele wir davon tatsächlich gesegelt und wie viele motort sind, habe ich noch nicht ausgerechnet, aber geschätzt war es mindestens 1/3 oder mehr dass unter Motor zurückgelegt wurde

Dabei habe ich nahezu 11 Breitengrade Richtung Süden und 6 Längengrade Richtung Westen gequert.

Von den 50 Nächten auf dem Wasser haben wir 5 gemeinsam auf hoher See verbracht, 15 gemeinsam in Marinas, und 8 gemeinsam vor Anker. Alleine habe ich 6 Nächte in Marinas und 16 vor Anker verbracht.

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