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Logo Unter weißen Segeln

Carina's Logbuch

Endlich wieder segeln – Sancti Petri

Die Carina ist endlich Ihre Fesseln los, die weißen Segel fangen den Wind ein und treiben uns bei herrlichem Sonnenschein voran, quer durch die Bucht von Cadiz. Ich fühle mich richtig befreit und es ist nicht einmal kalt heute. Das lange Warten wird mit fantastischen Segelbedingungen belohnt. Schade dass Claudia schon wieder nach Hause musste, jetzt wo das Wetter endlich so ist wie wir uns das gewünscht hatten. Wenig später denke ich mir, gut dass sie nicht dabei ist, denn jetzt hätte es ihr nicht mehr gefallen. Ganz plötzlich haben sich die Bedingungen verändert. Kurz vor Cadiz kommen auf einmal sehr kurze steile hohe Wellen daher und der Wind frischt sehr plötzlich auf. Ich habe ganz schön zu tun die Segel zu reffen und das Schiff wieder auf Kurs zu bringen. Es wird noch einige Male nötig weiter zu reffen, aber wenigstens kann man heute mal segeln und muss nicht immer motoren. Mein Ziel ist Sancti Petri, dass eine sehr flache verwinkelte Einfahrt zwischen den Riffs hat und nur passierbar ist in gemäßigtem Wetter ohne auflaufenden Schwell. Wir haben Ostwind, Schwell ist nicht zu erwarten und der Zeitpunkt der Ankunft an der Einfahrt passt auch. Ich bin bei halber Flut da, aber die scheinbar so optimalen Bedingungen sind jetzt nicht mehr gegeben. Zurück nach Cadiz will ich nicht also muss ich durch. Es sieht gruselig aus als ich die sehr schmale Passage durch das Riff nehme an deren Seiten sich die Wellen brechen. Endlich durch, drinnen wird es ruhiger aber Platz zum Ankern kann ich keinen entdecken. Boje an Boje ganz dicht, an jeder hängt eine Segelyacht, und daneben eine Marina in der noch einige Plätze frei sind. Ich will aber die Carina nicht schon wieder fesseln, sondern heute mal frei am Anker schwingen lassen.

Den Tiefenmesser ständig im Auge fahre ich vorsichtig den Fluss weiter hinauf, denn der größte Bereich fällt trocken. Dann endlich bin ich am Ende der unzähligen Bojen angekommen und lass den Anker in 6 m Tiefe fallen. Wenig später, als sich die Carina in die Strömung gelegt hat lese ich nur noch 2 m ab. Ich bin überrascht. Die Böschung steigt hier aber sehr steil an, dabei sind noch mindestens 300m Wasserfläche bis zum sichtbaren Ufer zu sehen. Nicht weiter schlimm, ist ja alles Sand hier nur vereinzelte Felsen lugen in der Nähe aus dem Wasser, die sind auch auf der Seekarte eingezeichnet, aber sie sehen bedrohlich nahe aus. Da bin ich doch näher als geplant an den Trockenfallbereich herangekommen. Es bleibt spannend bis der Niedrigwasserstand erreicht ist, aber die Tiefe und der Abstand zu den Felsen bleibt ausreichend auch wenn nur noch eine kleine Pfütze von der vorher riesigen Wasserfläche übrig geblieben ist. Nun weiß ich auch warum die Bojen hier enden. Der Sonnenuntergang ist traumhaft und nachdem der Wind endlich eingeschlafen ist herrscht ungewohnte Stille. Was für ein Unterschied zu den letzten Nächten.

 

Ganz schön flach hier – schwitz!

Der Morgen beginnt mit einer glutrot aufgehenden Sonne und ich habe es nicht eilig. Um bei Hochwasser raus zu fahren hätte ich im stockfinsteren losfahren müssen, was in diesem Fluss gefährlich wäre. Ich kann auch nicht auf den nächsten Hochwasserstand warten, dann müsste ich im Dunklen rund ums Kap Trafalgar und in die Marina einlaufen. Ich muss ungünstigerweise bei Niedrigwasser durch die flache Ausfahrt oder noch ein paar Tage hier bleiben bis sich der Zeitpunkt für Hochwasser so weit in den Morgen verschoben hat, dass ich bei Tageslicht losfahren kann. Es würde mir gut genug gefallen um hier länger zu bleiben, aber für die nächsten Tage ist starker Westwind angesagt. Das bedeutet wieder auflandigen Schwell und ich wäre in der Lagune gefangen. Ich muss also heute los, auch wenn der Zeitpunkt für die Passage ungünstig ist. Ob das gut geht? Ich bin mir nicht ganz sicher und stelle mich schon mal darauf ein umdrehen zu müssen. Noch ist kein Wind und keine Welle, das könnte gehen, wenn die Tiefe reicht. Vorsichtig taste ich mich von Bojenpaar zu Bojenpaar vor. Am Flachsten wird es bei der allerletzten Boje zum offenen Meer hin. Der Tiefenmesser zeigt 1,50, dann 1 m dann 0,80 fast sind wir durch. Ich bin sehr angespannt. Der Boden ist sandig hier und das Wasser wird steigen um mich wieder frei zu spülen falls ich doch festsitze. Mit diesem Gedanken versuche ich mich selbst zu beruhigen. Bei 0,50 m habe ich das Limit zum Umdrehen gesetzt. 0,60 m – schwitz – 0,80 m uffff – 1 m Erleichterung - wir sind durch - und dann wird es schnell tief. Geschafft!

Ein sehr leichter Ostwind lässt uns nur sehr langsam mit nur 2 Knoten vorankommen, aber ich will einfach den Motor nicht einschalten. Ich will segeln. Und so schleichen wir dem Kap Trafalgar im Schneckentempo entgegen. Die Zeit läuft uns davon. Um nicht in die totale Dunkelheit zu kommen muss ich auf Höhe Kap Trafalgar doch wieder den Motor zu Hilfe nehmen. Das Meer ist sehr ruhig und es gäbe eine Abkürzung. Wenn man im Abstand von 50 m um den Leuchtturm von Trafalgar rumfährt hätte man eine sehr schmale Passage zwischen Leuchtturm und Riff die aber nur Ortskundigen angeraten wird. Meine Karten sind auch nicht detailliert genug. Direkt übers Riff zu fahren (die Tiefe könnte ausreichen solange kein Schwell aufkommt) traue ich mir nicht und so muss ich leider den 6 Seemeilen Umweg um die ausgedehnte Riff-Bank von Trafalgar nehmen. Und dann haben wir es richtig eilig. Carinas Motor gibt wieder mal alles und mit Unterstützung von Segeln und Strömung schaffen wir fast 7 Knoten. Den Sonnenuntergang im Rücken steuern wir auf Barbate zu. Die neue in Ayamonte gekaufte und montierte Buglaterne verweigert heute ihren Dienst und so habe ich nur Hecklicht und Topplicht als ich im Finsteren in den riesigen Hafen von Barbate einlaufe und am Rezeptionspontoon festmache. Auf meinen Funkruf habe ich keine Antwort mehr erhalten. Um diese Zeit ist das Marinabüro nicht mehr besetzt. Ich werde einfach am Rezeptionspontoon den Morgen abwarten und mich dann anmelden. Da erscheinen 2 Securitys und nehmen mich mit ins Büro. Nachdem sie mich eingecheckt haben, habe ich die Wahl zwischen 33 freien Liegeplätzen an Pontoon B. Dorthin wechsle ich jetzt. Der Hafen ist hellbeleuchtet und die freundlichen Securitys warten am Steg auf mich um die Leinen anzunehmen. Das ist nett, aber der Hafen scheint noch verlassener als alle vorhergehenden.

 

Einsame Hafentage - Eingemauert

Gerade esse ich den letzten Granatapfel und denke mit etwas Wehmut an den Rio Guadiana zurück an dessen Ufern ich ihn gepflückt hatte und wo ich die Gesellschaft der vielen anderen Segler so sehr genossen hatte. Seit ich den Fluss am 23. Dezember verlassen hatte (heute ist der 15. Januar) bin ich keinem Fahrtensegler mehr begegnet. Eigentlich gar keinem Segler mehr, weder auf dem Wasser noch in den Häfen. Alle Marinas waren menschenleer. Es gab in einigen viele Boote aber alle unbewohnt und scheinbar hatte auch niemand Lust um diese Jahreszeit mal nach seinem Schiff zu sehen oder gar rauszufahren.

Nun bin ich also in Barbate – einer großen modernen Marina mit großzügigen stabilen Stegen, Wasser, Strom, Security, allem was man von einer Marina erwartet – aber sie ist leer. Gerade mal 7 Boote hier – alles andere gähnende Leere – und die Boote wieder mal unbewohnt. Rundherum hohe Betonmauern die den Hafen vor den Wellen schützen und ich fühle mich wie eingemauert.

Das sollte sich aber am nächsten Tag zum Glück schnell ändern. Im Tageslicht sieht das hier gleich viel freundlicher aus. Die Mauern sind immer noch da, aber über sie hinweg kann ich die herrlich grünen Baumkronen eines Pinienwaldes erkennen und weiter drüben die Häuser der Stadt über die Mauer lugen sehen. Der Hafen ist riesig. Er beherbergt einen großen Fischerhafen und Fischfabriken und im allerletzten Eckchen gut geschützt die Marina. Um in die Stadt zu kommen, die direkt an den Hafen grenzt, muss man um den ganzen Hafen herum laufen. Das ist ein Fußmarsch von 30 Min. Gut dass ich das alte Klapprad dabei habe.

Die Stadt ist lebhaft mit einer schönen Promenade, kleinen Häuschen, allen Geschäften die man braucht und einem herrlich ewig langen Sandstrand. Rundherum grüne Hügel bewachsen von einem ausgedehnten Pinienwald und im Hintergrund richtige Berge. Mir gefällt Barbate, auch wenn der Weg aus dem Hafen heraus wirklich lang ist. Wenn man es nicht eilig hat ist es eben ein Spaziergang. Mein schönstes Geschenk ist, dass ich es seit ich unterwegs bin fast nie eilig haben muss.

Und es gibt doch Menschen hier

Ich werde wach weil eine Möwe auf der Luke der Vorkabine landet. Ich öffne die Luke um sie zu verscheuchen und schaue in einen stahlendblauen Himmel. Keine Wolke weit und breit. Da hält mich nichts mehr in den Federn. Raus, Kaffee kochen, Luken auf und den Tag beginnen. Ich lüfte, putze, überprüfe den Motor und den Ölstand und bin so richtig in Schwung. Was doch so ein bisschen Sonne ausmacht. Da höre ich neben mir einen Dieselmotor starten. Kaum zu glauben, in dieser ausgestorbenen Marina. Da muss ich doch gleich mal nachschauen. Tatsächlich, auf dem Schiff neben mir, das eine deutsche Flagge führt, die allerdings auf dem Kopf steht, ist ein Ehepaar meines Alters beschäftigt. Wir plaudern ein weinig von Schiff zu Schiff (in deutsch) und dann sind sie weg. Sie nutzen das schöne Wetter um ein wenig zu segeln, kommen aber abends wieder zurück, denn sie wohnen hier in der Nähe. Ich vermute dass sie schon sehr lange hier leben und deshalb vergessen haben wie die deutsche Flagge aussieht. Als ich abends zur Carina zurückkomme ist das deutsche Nachbarboot wieder da, aber die Menschen verschwunden und ich bin wieder allein im Hafen.

 

Frühling am Kap Trafalgar

Nachdem das Wetter sooo schön ist beschließe ich die Küste entlang zum Wachturm auf den Klippen zu wandern. Ich packe ein Sandwich und einen kleinen Orangensaft und den Fotoapparat ein und gehe einfach drauf los. Ich vermute dass es einen Weg dorthin gibt, habe aber keine Karten. Ich schlüpfe durchs Hintertürchen aus dem Hafen und befinde mich auf einem kleinen Parkplatz von dem aus ein Holzweg durch die Dünen führt. Da wollte ich zwar nicht hin, aber die Neugierde siegt und ich folge dem Weg. Wenig später stehe ich an einem weitläufigen einsamen goldenen Sandstrand der links von der Hafenmauer und rechts von den Klippen begrenzt ist auf denen der Wachturm (das heutige Ziel) steht. Ich stapfe durch den Sand auf die Klippen zu, klettere den Abhang zwischen Pinien und Sträuchern hinauf und finde einen ausgewiesenen Wanderweg der in die richte Richtung führt. Die Küste und auch die Klippen sind hier von einem herrlichen Pinienwald bewachsen der von Menschenhand gepflanzt wurde um die Küste vor dem Versanden zu bewahren. Inzwischen ist das ein herrlicher Wald mit alten Steinpinien, Wachholderbüschen, Lavendel, Ginster, Palmbüschen, Kakteen und vielen anderen Sträuchern geworden der unter Naturschutz steht. Überall duftet es herrlich nach Kräutern, der Ginster blüht und duftet bereits. Auch der Lavendel hat erste Blüten angesetzt und Vögel huschen zwitschernd zwischen den Bäumen hin und her. Ich pflücke ein paar Wachholderbeeren um den Gewürzvorrat an Bord aufzubessern. Die Sonne scheint, es ist T-Shirt-warm. Es ist Frühling! Und ich bin glücklich. Der Weg führt an der Steilküste entlang zum Wachturm. Nicht nur von hier, sondern den ganzen Weg dorthin, hat man einen herrlichen Blick über die Küste, auf Barbate und den Hafen und man kann sogar bis nach Afrika schauen. Die hohen Berge Marokkos heben sich deutlich vom Horizont ab und ich kann sogar Tanger erkennen. Sogar die großen Schiffe die die Strasse von Gibraltar passieren kann man heute sehen so klar ist die Sicht. Afrika liegt ja auch nur 30 Seemeilen ( = 55 km) von hier entfernt.

Eigentlich habe ich ja mein Ziel, den Wachturm, erreicht, aber meine Füße laufen einfach weiter, immer weiter, so schön ist es hier und so viele verschiedene Pflanzen gibt es zu entdecken und die Aussicht ist immer wieder atemberaubend. Und so gehe ich bis ich am 7 km entfernten Kap Trafalgar ankomme. Weit draußen auf einer schmalen Landzunge steht der Leuchtturm und dahinter, für uns unsichtbar, erstreckt sich ein weitläufiges gefährliches Riff weit hinaus ins Meer.

Ein historischer Ort. Hier war es, wo am 21. Oktober 1805 eine der bedeutendsten Seeschlachten der Geschichte statt fand als sich die Briten unter Admiral Nelsons gegen Napoleons Expansion zur Wehr setzten. Nelsons Flotte war mit 27 Schiffen der französisch-spanischen Flotte von 33 Schiffen zahlenmäßig unterlegen. 18 Schiffe sanken während dieser Schlacht, viele Seeleute verloren ihr Leben, darunter auch Admiral Nelson. Seine Flotte ging jedoch siegreich aus dieser Schlacht hervor. Das Flaggschiff, die HMS Victory ist das einzige noch existierende und noch einsatzfähige Schiff aus dieser Schlacht und kann im Hafen von Portsmouth / England bewundert werden.

 

Tarifa – wir kommen

Der seit Tagen anhaltende Ostwind sollte ab morgen auf West drehen und laut Wetterbericht soll das so für die nächsten 4 Tage bleiben. Danach gibt es wieder Ostwind und rund um Tarifa und auch Trafalgar bis zu 50 Knoten. Ich werde also diese Chance nutzen um bei diesen optimalen Bedingungen nach Gibraltar zu kommen. Ich freue mich auf Tarifa, den Ort der Afrika am nähesten liegt. Nur 8 Seemeilen breit ist die Strasse von Gibraltar dort, die Europa von Afrika und den Atlantik vom Mittelmeer trennt. Haltet mir die Daumen dass das Wetter konstant genug bleibt um vor Tarifa zu ankern und das Beiboot auszupacken um damit an Land zu kommen. Tarifa hat keinen Hafen für Sportboote und so wäre das die einzige Möglichkeit die Stadt zu erkunden.

Danke, das Daumenhalten hat geholfen.

Ich bin unterwegs an einem sonnigen warmen Tag mit raumen Wind (das heißt er kommt aus dem hinteren Sektor) und segle fröhlich vor mich hin. Am Funk höre ich gerade ein PanPan. Vor der Küste Afrikas ist ein Schiff mit 23 Menschen an Bord abgetrieben und alle Schiffe sind aufgefordert Ausschau zu halten und zu helfen. Mein erster Gedanke: Wahrscheinlich wieder ein Boot mit Flüchtlingen die man einfach alleine losgeschickt hat. Eine Stunde später wird das PanPan aufgehoben, das heißt Hilfe ist vor Ort und ich bin wieder beruhigt. Auch wenn ich viel zu weit vom Geschehen entfernt bin, beunruhigen mich Hilferufe doch immer wieder.

Ich habe gerade das letzte Kap vor Tarifa vor mir, das Punta de los Corrales, vor dem sich ein weitläufiges Riff ausdehnt. Nachdem es heute sehr ruhig ist, kaum Welle und nur eine leichte Brise, habe ich meinen Kurs zwischen den Riffs hindurch abgesetzt. Da habe ich ca 500 m Platz zwischen den beiden Riffs die nur 2m Tiefe aufweisen. Dazwischen hat es 50 m Tiefe. Während ich so sorglos darauf zusegle sehe ich dort etwas im Wasser das mich beunruhigt. Brecher? Felsen? Kann doch laut Karte gar nicht sein. Vielleicht ein Thunfisch? Oder gar ein Wal? Dafür ist aber nicht die richtige Jahreszeit. Aber es kommt auf mich zu! Ach zum Glück nur Delfine, aber eine relativ große Art wie sie mir auf der bisherigen Reise noch nicht begegnet ist. Sie ziehen vorbei, der Wind frischt etwas auf und ich betrachte die Karte mit den vor mir liegenden Riffs. Jetzt wird mir doch etwas mulmig, denn ich stelle mir gerade vor wie das unter Wasser aussieht. Ein tiefer Canyon, durch den ich da fahren will an dessen Seiten die Felsen senkrecht aufsteigen. Das bringt auch entsprechende Strömung mit sich, da sich ja das Wasser da durchzwängen muss. Und wenn die Karte oder das GPS nicht genau genug sind? Oder genau an dieser Stelle ein Fischernetz ausgelegt ist wie so oft? Der Wind noch mehr auffrischt und ich genau dort reffen muss? Dann fehlt nicht viel und ich sitze auf dem Riff mit all den anderen Wracks die hier schon nahe der Oberfläche liegen. Ich drehe ab, kehre um, und nehme lieber den einstündigen Umweg um das Riff außen herum in Kauf. Jetzt fühle ich mich wieder wohler und reffen muss ich auch, denn je näher ich Tarifa und der Strasse von Gibraltar komme um so stärker wird der Wind. Und zu allem Überfluss liegen hier tatsächlich unzählige Fischernetze aus die mit orangen Bojen an ihren 3 Ecken gekennzeichnet sind. Gegen die Sonne sind sie oft sehr schwer zu erkennen.

Vor der Isla Tarifa, einer der Stadt vorgelagerten Insel die mit einem Damm verbunden ist, hole ich die Segel ein und motore um sie herum, denn östlich von ihr will ich zwischen Insel, Damm und Hafeneinfahrt ankern. Da ist aber nicht viel Platz! Die Hafeneinfahrt ist so verwinkelt dass die großen Fähren die hier zwischen Spanien und Afrika verkehren weit in meine Ankerbucht hineinfahren müssen. Ich kann meinen Rocna-Anker auf dem Grund liegen sehen, so klar ist das Wasser. Aber warum gräbt er sich nicht ein wie sonst? Warten wir mal ab. Und so sitze ich gemütlich auf dem Vordeck in der Sonne und warte dass die Strömung den Anker im Sand vergräbt. Da kommt gerade eine Schnellfähre aus dem Hafen, begleitet von einem Lotsenboot. Die Fähre nimmt Kurs auf Tanger und das Lotsenboot nimmt Kurs auf die Carina. Wahrscheinlich sind sie neugierig oder wollen mal Hallo sagen. Das Boot kommt längsseits, der Lotse streckt den Kopf aus dem Fenster und erklärt mir dass hier ankern verboten sei. Hmm, was nun? Wohin jetzt? Er meint ich soll in den Hafen fahren, gleich bei der Einfahrt, rechts in der Kurve dürfte ich an der Hafenmauer festmachen. Das ist zwar kein idealer Ort, aber mir bleibt nichts anderes übrig. Ich richte Fender und Leinen und fahre hinein. Oh das geht gar nicht! Ich kann nicht an der viel zu hohen Mauer alleine festmachen. Wie soll ich denn da hoch kommen? Nein, unmöglich und kein Mensch weit und breit. Ich fahre einfach weiter in den Hafen hinein, an der Fähre vorbei und sehe einen einzelnen kurzen Steg. Da mache ich jetzt einfach mal fest. Ich befestige gerade die letzte Leine und als ich aufschaue blicke ich in 2 freundliche Polizistengesichter. Uuupps, Hafenpolizei. Ach ja, hätte ich ja bald vergessen. Das ist ja der Grenzhafen zwischen Spanien/Europa und Marokko/Afrika. Wie schnell man sich doch daran gewöhnt grenzenlos zu reisen. Auch wenn ich keine Grenze überschritten habe, aber die Kontrollen sind da. Ich muss leider hier wieder weg, darf aber an einem freien Steg bei den kleinen Motorbooten längsseits gehen und sie helfen mir sogar beim Festmachen. Dann soll ich ins Büro kommen zum bezahlen.

Das Büro liegt im gegenüberliegenden Fährterminal und dort sitze ich nun dem Hafenpolizisten gegenüber und warte bis er umständlich ein Formular ausgefüllt hat. Es dauert, und er braucht einige Versuche bis das Formular druckbereit ausgefüllt ist, denn er macht das zum Ersten Mal. Ich zahle 14 € für die Nacht und darf bleiben so lange ich möchte. Da hab ich aber wirklich Glück gehabt, denn Tarifa beherbergt normalerweise keine Yachten und ich habe den einzig möglichen Platz zum Festmachen bekommen.

Da sitze ich nun zufrieden im Cockpit und eine Gefühlsmischung aus Glück, Freude, und ein wenig Stolz macht sich breit. Eigentlich gibt es keinen besonderen Grund stolz zu sein, aber für mich ist das ein wichtiger Punkt meiner Reise den ich nun erreicht habe und ich habe ausnahmsweise einen Platz im Hafen bekommen, direkt unter dem 1000 jährigen Kastell das die Strasse von Gibraltar überwacht, mit Blick auf die Altstadt und die Fähren und die Fischerboote.

Tarifas Altstadt ist nicht sehr groß aber sehr hübsch und das alte Kastell und die Ausstellung darin über die Geschichte der Strasse von Gibraltar, sind sehenswert. Ich werde mindestens 2 Tage hier bleiben. Hier sperre ich das Schiff jedes Mal zu wenn ich es verlasse. Ich kann es nicht wirklich begründen aber die Nähe zu Afrika macht es für mich gefühlt unsicher. Normalerweise steht bei mir immer alles offen, auch wenn ich den ganzen Tag unterwegs bin. Da liegt das Schiff aber dann in einem abgeriegelten bewachten Hafen. Nicht so hier. Es gibt keine Gates vor dem Steg. Jeder kann hier rein. Wie unbegründet doch meine Vorsicht ist. Es gibt wahrscheinlich gar keinen sichereren Ort als diesen Hafen, denn überall ist Grenz- und Hafenpolizei und ein Dieb käme hier nicht weit. Trotzdem bin ich hier nicht so sorglos wie sonst.

 

Traumjob – Lotse in Tarifa

Es ist inzwischen dunkel aber nicht kalt und ich sitze wieder im Cockpit mit einem Gläschen Wein und beobachte das Lotsenboot das am Steg gegenüber seinen Liegeplatz hat. Die haben ein Leben! Bei jeder Fähre die reinkommt oder die den Hafen verlässt fahren sie begleitend nebenher. Aber nur bis zur Hafenausfahrt und das ungefähr 6 mal am Tag. Die restliche Zeit haben sie frei und sobald es dunkel wird packen sie die Angeln aus und sitzen nun durch die Dunkelheit geschützt vor den Blicken des Hafenmeisters und der Hafenpolizei auf dem Lotsenboot und angeln bis zum nächsten Einsatz.

 

Alle Fahrgäste haben einen Hund dabei

Direkt vor meiner Nase machen die großen Fähren nach Tanger fest und ich kann beobachten wie die Autos von und auf die Fähre fahren und sehe die Menschen vom Terminal zum Schiff strömen. Ich wundere mich etwas, denn jeder Passagier scheint einen Hund dabei zu haben der ihm dicht auf die Fersen folgt. Zumindest sieht das im Dunklen so aus. Es dauert etwas bis mir klar wird dass das die Trollys sind die sie hinter sich herziehen.

So interessant das alles ist und so beindruckend wie das aussieht wenn der Tanger-Jet, ein riesiger Katamaran, beim Verlassen seines Liegeplatzes bis auf wenige Meter an die Carina herankommt so unangenehm ist es wenn die letzte Fähre um 23:00 ankommt. Die bleibt nämlich über Nacht hier liegen und macht einen Höllenlärm mit den die ganze Nacht laufenden Generatoren.

 

Ist das eine Schaukelei – Flucht vom Schiff

Alles hat seinen Preis, nicht nur dass der Liegeplatz hier 14 € pro Nacht kostet (ohne jeglichen Service zu bieten, kein Strom, keine Duschen, nichts) und somit auch der teuerste aller bisher besuchten andalusischen Häfen ist, sondern auch der Steg an dem ich liege ist nicht für Schiffe meiner Art gedacht. Es gibt keine Klampen zum Festmachen auf der Seite auf der die Carina liegt und so muss ich die Leinen quer über den Steg auf den Klampen der kleinen Motorboote belegen was ungünstig viel Bewegungsfreiheit für die Carina bedeutet. Es ist ein langer Schwimmsteg, der nur mit einer Kette am Ende verankert ist und die Oberfläche des Stegs folgt den Bewegungen des Schwells der in den Hafen kommt. Und diese Bewegungen muss nun auch die Carina mitmachen. Dazu kommt dass jedes auch noch so kleine Boot das vorbeifährt – und vor allem nachts sind das viele Fischerboote – wieder Wellen verursacht die uns furchtbar hin und her schaukeln. Heute ist auch noch ein böiger Wind hinzugekommen und damit auch mehr Seegang und ich kann kaum schlafen. Es schaukelt schlimmer als es bisher jemals geschaukelt hat. Ich frühstücke, räume noch ein wenig auf, aber dann kann ich nicht mehr. Es ist fast unmöglich irgendetwas im Schiff zu tun und mir ist schon fast ein wenig übel. Draußen regnet es heute in Strömen so dass ich auch nicht draußen sitzen kann wo die Schauklerei erträglicher wäre. Um 11:00 gebe ich auf und flüchte mit dem Netbook in den Fährterminal. Dort kann ich in Ruhe sitzen – es schaukelt nicht, regnet nicht und ist auch nicht kalt - und ich habe freien Internetzugang. Einige Stunden später kehre ich aufs Schiff zurück, koche was - und da es jetzt nicht mehr regnet sitze ich ein wenig im Cockpit und beschließe morgen weiter nach La Linea in die Bucht von Gibraltar zu segeln. Ab Freitag kommt ein Sturmtief hier durch und da will ich auf keinen Fall in diesem schaukeligen Hafen sein. Ich gehe ins Hafenbüro, zahle meine restlichen Liegegebühren, und setze mich dann ins Strandcafe, wo es nicht schaukelt und schreibe an diesem Bericht - und hoffe dass es morgen auf der Fahrt durch die Strasse von Gibraltar nicht regnet und der Wind nicht zu heftig wird.

 

Durch die Strasse von Gibraltar

Endlich kann ich mal wieder eine Strecke von Anfang bis Ende durchsegeln. Ich bin unterwegs in der Strasse von Gibraltar mit achterlichen Winden (also Wind von hinten) und sogar ein wenig Sonnenschein. Neben mir im Verkehrstrennungsgebiet herrscht reger Schiffsverkehr, aber die Inshore-Traffic-Zone ist breit genug um sorglos dahinzusegeln. (Für die Nichtwissenden: Ein Verkehrstrennungsgebiet ist eine Einbahnstrasse auf dem Wasser die aber nur aus der Seekarte ersichtlich ist. Sie dient der Berufsschifffahrt in vielbefahrenen Strecken um den dichten Verkehr besser zu regeln. Man kann sich das vorstellen wie eine Autobahn wo die Fahrspuren voneinander durch einen Mittelstreifen getrennt sind. Sportboote dürfen zwar im Verkehrstrennungsgebiet in der vorgeschriebenen Richtung fahren, sollten aber nach Möglichkeit außerhalb bleiben. Das tut man eh gerne, den diesen Riesen will man ohnehin nicht zu nahe kommen. So fährt man besser in der Inshore-Traffic-Zone, das ist der Bereich zwischen Verkehrstrennungsgebiet und Küste in dem die Großschifffahrt nicht fahren darf und der den Sportbooten und Fischern vorbehalten ist.) Und genau da bin ich unterwegs. Nur ein paar Fischer, die wie üblich ihre Netze ausgelegt haben sind zu beachten während neben mir Tanker, Containerschiffe und Fähren mit beachtlicher Geschwindigkeit dahinziehen. Ich höre wie angeraten Tarifa-Traffic auf Kanal 10 mit. Die kommen ja kaum zum Verschnaufen so geht das hier zu. Ein Schiff nach dem andern meldet sich an um durch das Verkehrstrennungsgebiet zu fahren oder die Häfen von Tanger/Marokko, Ceuta (spanische Enklave in Afrika gegenüber Gibraltar) oder Algeciras in der Bucht von Gibraltar anlaufen zu dürfen. Die meisten müssen warten oder bekommen einen Platz auf der Reede zugewiesen wo sie ankern dürfen.

In der Bucht von Gibraltar mit fantastischen Blicken auf den Felsen muss ich dann doch mehr aufpassen. Einige Fähren und große Tanker sind unterwegs und unzählige liegen vor Anker. Ich steuere an Ihnen vorbei hinein in die Bucht, lasse Gibraltar an steuerbord liegen denn mein Ziel ist La Linea, die spanische Stadt die direkt an Gibraltar grenzt und seit 5 Jahren über die moderne Marina Alcaidesa verfügt. Wie üblich melde ich mich per Funk in der Marina auf Kanal 09 an und werde wie üblich an den Rezeptionspontoon gebeten um dort erst mal festzumachen und mit den Schiffspapieren ins Büro zu kommen. Und wie üblich frage ich an ob jemand an den Steg kommen würde um meine Leinen anzunehmen. Leider hat grad niemand Zeit, ich müsste 15 Minuten auf Hilfe warten. Da mach ich das doch lieber alleine wie sonst auch so oft. Aber der Rezeptionspontoon ist nur eine Mauer und wieder mal zu hoch für die niedrige Carina um an die Poller zum Befestigen der Leinen zu kommen. Egal, ich fahre einfach in die Marina hinein, mache an einem beliebigen Steg fest und marschiere mit den Papieren unterm Arm ins Büro. Dort bekomme ich den perfekten Liegeplatz zugewiesen. Im innersten Hafenbecken, gut geschützt vor Wind und Schwell und vom Cockpit aus habe ich einen fantastischen Blick auf den Felsen von Gibraltar der sich direkt vor mir im Wasser spiegelt, rechts von mir geht die Sonne unter und die Palmen an der Promenade heben sich schwarz gegen den violetten Himmel ab während links von mir der Mond aufgeht. Ich bin mehr als nur zufrieden. Wieder einen Meilenstein auf meiner Reise erreicht, einen perfekt geschützten und günstigen Liegeplatz (9,90 € pro Tag) für die Carina gefunden für die Zeit in der ich sie wieder mal ein paar Wochen alleine lassen muss und bis dahin jede Menge für mich zu entdecken hier. Kann es besser sein?

 

Zu Fuß von Spanien nach England - morgens Churros - nachmittags Fish & Chips

Ich bin auf Orientierungstour unterwegs in La Linea. Der erste Weg führt in die Touristinfo um dort einen Stadtplan und alle wichtigen Infos über die Stadt zu erhalten, wie z.B. wo sind Post, Busbahnhof, Supermärkte, freies Internet und natürlich auch ‚what to see and do’. Und natürlich gehört zu einem morgendlichen Stadtgang ein Besuch in einer Churreria auf einen Kaffee und eine Portion Churros.

Wie schön, alles was für mich wichtig ist liegt in der direkten Umgebung der Marina, leicht und schnell zu Fuß erreichbar. Leider kann mir die spanische Touristinfo in La Linea keine Auskunft über das angrenzende Gibraltar geben. Dazu müsste ich in deren Touristinfo gehen. Die liegt direkt an der Grenze nur 200 m entfernt. Also nur ein Katzensprung und ich mach mich auf den Weg. Die Info liegt jedoch auf der anderen Seite der Grenze und man braucht einen Ausweis um da hin zu kommen, denn Gibraltar gehört zu England. Der Grenzpolizist schaut gar nicht richtig auf den ihm entgegengehalten Ausweis sondern winkt mich einfach durch. In der Touristinfo, im Grenzgebäude, erhalte ich die gewünschten Infos. Nachdem ich nun schon in Gibraltar bin, bin ich neugierig, vor allem auf den Weg von der Grenze in die Stadt, der einfach über die Landebahn des Flughafens von Gibraltar führt. Gibraltar selbst besteht ja nur aus dem Felsen und einem schmalen Streifen zwischen Spanien und Felsen auf dem genau eine Landebahn Platz hat, und den hat man als Flughafen genutzt. Der einzige Weg von Spanien nach Gibraltar und umgekehrt führt mitten über diese Landebahn. Autos, Radfahrer und Fußgänger müssen die Landebahn überqueren. Landet oder startet ein Flugzeug schaltet einfach die Ampel auf rot und eine kleine Schranke schließt wie bei einem Bahnübergang.

Ich finde das sehr kurios und muss natürlich unbedingt einmal über diese Landebahn gehen.

Drüben angekommen ist alles so typisch englisch, so wie ich es aus good old England gewohnt bin, und ich fühle mich so richtig wohl. Auf dem weitläufigen Hauptplatz der Stadt, dem Casemates Square, gibt es Cafes und Restaurants UND es gibt fisch & chips. Ich liebe fisch & chips und ich bin hungrig und 7 britische Pfund scheinen mir ein gerade noch akzeptabler Preis. Ich bin in England und an der Küste, also was kann schief gehen und ich freue mich auf meine fisch & chips während ich in die Sonne blinzle und das geschäftige Treiben auf dem Platz beobachte und endlich mal wieder einer mir vertrauten Sprache lausche die ich auch verstehe.

 

In die Falle gegangen

Wie konnte ich nur so dämlich sein! Auf dem touristischsten Platz weit und breit essen gehen. Die Touristenfalle schnappt zu. Der Fisch war grässlich und der Preis erschreckend. Aus 7 Pfund für eine kleine Portion grauenhaften Fisch und ein kleines Bier werden umgerechnet 16,80 €. Die scheinen hier einen besonderen Umrechnungskurs zu haben. Dabei habe ich doch auf dem Schiff noch jede Menge Pfund liegen aus der Zeit als man für ein Pfund noch 1,10 € bezahlt hatte. Ich werde wieder kommen nach Gibraltar und wahrscheinlich nicht nur einmal, denn es ist wirklich schön hier, aber nie wieder ohne meine eigenen Pfund in der Tasche. Und ich werde besser aufpassen und den Fallenstellern aus dem Weg gehen, denn in Gibraltar ist alles um vieles teuerer als im benachbarten Spanien. Auch die Marinas sind sehr teuer, sehr überlaufen und alt. Sie können in keiner Hinsicht mit der neuen Alcaidesa Marina mithalten die nur 300 m Luftlinie von Gibraltars Marina Village entfernt ist. Ich bin froh mein Quartier in Spanien aufgeschlagen zu haben und einfach nur als Tourist nach Gibraltar kommen zu können.

 

Chaos auf der Carina

Auf dem Steg vor der Carina liegt der Anker und die gesamte Ankerkette ausgebreitet. Der Ankerkasten steht offen und jegliches Ankerzubehör, von Felsenankern, Reitgewichten, Ankerball und -boje liegen auf Deck. Im Cockpit hängen Solarduschen, Rücksäcke, Taschen, Schwerwetterzeug und Jacken, stehen Eimer liegen Schläuche und aller möglicher Krimskrams, das Vorschiff ist behängt mit Wäsche jeglicher Art. Im Schiffsinneren kann man kaum gehen. Matratzen stehen im Weg, die Kästen sind halb ausgeräumt, Lebensmittel und Werkzeug belagern den Tisch und Putzlumpen und Schüsseln mit Putzwasser warten darauf aus Versehen ausgekippt zu werden um das Chaos perfekt zu machen.

Nein, nein das Schiff hat kein Loch, es ist auch nicht untergegangen oder umgekippt. Ich mache nur Frühjahrsputz! Auch ein Schiff hat einen Haushalt und natürlich muss auch hier geputzt gelüftet, gewaschen werden wie bei euch zu Hause auch, nur eben noch etwas mehr. Da man ja direkt auf dem Wasser lebt hat man mehr Feuchtigkeit um sich rum und so muss man in regelmäßigen Abständen alles ausräumen, auswischen und gut durchlüften wenn man kein moderiges Schiff haben will. Das hat den Vorteil dass man immer wieder mal sieht wo was versteckt ist und was sich so alles angesammelt hat. Und man ist bemüht alles loszuwerden was nicht unbedingt nötig ist, da man es ja beim nächsten Generalputz wieder aus/einräumen muss. Damit werde ich nun noch ein paar Tage beschäftigt sein und gleichzeitig auch die technische Jobliste abarbeiten. Ich habe ja noch 10 Tage Zeit bevor ich für 4 Wochen zurück nach Deutschland fliege um die Bordkasse wieder mal aufzubessern. So freue ich mich dann bei meiner Rückkehr auf ein blitzsauberes aufgeräumtes startklares Schiff. Denn dann ist wirklich Frühling hier und ich werde froh sein gleich lossegeln zu können.

 

Und das Chaos geht weiter – wo ist die kurze Hose?

Wieder hängt das Vorschiff voller Wäsche, die Matratzen meines Bettes liegen an Deck zum Lüften. Die Trecking Ausrüstung liegt im Cockpit ausgebreitet und der Spinnaker der seit Jahren kein Sonnenlicht mehr zu sehen bekam liegt ausgebreitet auf dem Steg bereit zur Inspektion. Es ist windstill sonnig und endlich mal wieder richtig heiß. Ich brauch ein dünneres T-Shirt und unbedingt eine kurze Hose, sonst komm ich um vor Hitze. Wo hab ich bei all der Putzaktion eigentlich die kurzen Hosen hingepackt? Ah, gefunden! Jetzt kann es weiter gehen. Großsegel abschlagen und neu anschlagen, Kästen im Schiff auswischen und trocknen und dann wieder alles an seinen alten Platz zurück packen.

Zwischendurch muss ich schnell mal zum Volvo Händler radeln, der freundlicherweise eine Holzarbeit für mich übernommen hat. Ihr erinnert Euch vielleicht dass ich mit meinem Außenborder im Bett geschlafen habe, weil er nicht auf die vorgesehene Halterung passt. Den Versuch von dieser aus Teak bestehenden Halterung ca 1 cm mit Sandpapier per Hand abzuschleifen habe ich nach 6-wöchiger täglicher Arbeit, in der ich ca. 2 mm geschafft habe, aufgegeben und den Außenbordmotor in der großen Backskiste versenkt. Claudia hatte bei ihrem Besuch die Idee wie ich diese Halterung endlich von der Reling wegbekomme, was mir gestern gelungen war. Nach einigen vergeblichen Versuchen, mit der einzigen Säge die ich habe, eine kleine Eisensäge, die zu dicke Holzplatte und die darin steckenden Edelstahlschrauben durchzusägen beschloss ich das einem Fachmann zu überlassen. Auf der Suche nach einer passenden Werkstatt habe ich beim nächstbesten Laden (in dieser Volvo Werkstatt) gefragt wer denn so eine Arbeit ausführen könnte. Das könnten sie auch erledigen wenn ich das Brett bis morgen da lasse. Dann würde das der Motorenmechaniker zwischendurch machen. Juhuu, ich hab mein Brettchen zerlegt bekommen, so dass ich es nun mit einer dünneren Holzplatte, die ich mir aus meinem Reserveholzbestand an Bord zuschneiden werde, zusammenbauen kann und der Außenborder endlich wieder seinen standesgemäßen Platz erhält. Und kostenlos war diese freundliche Hilfe auch noch.

So genieße ich wieder mal aus meinem Cockpit beim Sonnenuntergang das Ende eines arbeitsreichen aber erfolgreichen Tages.

Gerade war ich im Marinabüro um meine Liegegebühren schon mal zu bezahlen und 2 Reservekanister mit Diesel aufzufüllen die ich auf der Sackkarre hinter mir herziehe. Während meine Rechnung erstellt wird schnappt sich einer vom Hafenpersonal meine Kanister um sie schon mal aufzufüllen. Da kann man nicht meckern - 460 € für 7 Wochen, das sind nicht mal 10 € pro Tag. Zufrieden verlasse ich das Marinabüro. Uuuupps, wo sind meine Kanister? Da kommt der junge Mann der für mich getankt hat, lädt meine Kanister und auch mich auf das Hafenmobil (so ein Personenbeförderungsfahrzeug wie sie auch in den Flughäfen rumfahren, das hier das Personal verwendet um schnell von hier nach dort zu kommen) und bringt mich bequem zurück zu meinem Steg am anderen Ende der Marina. Was für ein Service! In so einer Marina kann man sich durchaus wohlfühlen.

 

Der Berg ruft – auf dem Affenfelsen

Heute will ich den Felsen von Gibraltar besteigen. Jawohl, zu Fuß, auch wenn eine Seilbahn hinauf führt und Sammeltaxis die Touristen fast bis zum Gipfel und rundherum bringen. Als Kind der Berge (aufgewachsen in den oberbayrischen Alpen) wäre es eine Schande für mich, für einen nur 432 m hohen Berg die Seilbahn zu nehmen.

Der gesamte obere Bereich des Felsens von Gibraltar, der „Upper Rock“ ist Naturschutzgebiet und man muss Eintritt bezahlen. 1 € wenn man nur drin herumwandern will, 10 € wenn man auch die Touristenattraktionen besichtigen will. Dazu gehört ein maurisches Kastell, ein Heimatmuseum, eine große Grotte und die Tunnels die für den 2. Weltkrieg in den Berg geschlagen wurden. Ich nehme die 1 Euro Variante, denn ich will nur den Berg, die herrliche Vegetation und die Aussicht genießen und ich will sehen ob die Affen von Gibraltar wirklich wild leben oder eher in einem eingezäunten Gelände gehalten werden.

Ich beginne meine Tour im Hafen von La Linea, wandere über die Grenze und die Landebahn und besteige den Berg im Nordosten. Besteigen ist wohl übertrieben, denn ich wandere auf einer geteerten Strasse die nur leicht ansteigt und in weiten Serpentinen den Berg hinaufführt. Das wird mir bald zu dumm und so verlasse ich die Strasse und steige die zahlreichen Treppen empor die entlang der Mauer von Harry V schnurstracks nach oben führen. Diese Mauer führt vom Fuß des Berges bis zum Gipfel. Und an dieser Mauer treffe ich auch auf die Affen, die hier faul in der Sonne liegen oder sich gegenseitig liebevoll lausen. Viele haben ein Junges das sich vorsichtshalber dicht an Mama schmiegt während ich vorbeiwandere. Sie sind nicht scheu, man könnte sie streicheln, was nicht ratsam ist und oft muss ich warten bis sie sich bequemen mich auf der schmalen Treppe vorbeizulassen, denn einfach über sie hinwegsteigen traue ich mich nicht. Trotzdem komme ich gezwungenermaßen den meisten auf nicht mal eine Armlänge nahe. Die Affen scheint das weniger zu stören als mich.

Sie leben wirklich frei hier, aber sie beschränken sich auf den Bereich zwischen Mittel- und Bergstation. Sie werden von den Engländern gut betreut und gefüttert. Und schlauerweise hat man die Futterplätze ganz in der Nähe der Seilbahnstationen positioniert. Damit ist gewährleistet dass die Touristen die Affen auch zu sehen bekommen. Churchill hatte ein Gesetz herausgegeben dass die Affen am Felsen bleiben dürfen und ihre Zahl 24 nie unterschreiten darf. Ich habe sicher mehr als 24 Affen an diesem Tag angetroffen.

Ich wandere weiter, weg von den Strassen auf denen die Touristentaxis Schlange stehen, auf dem Grat des Berges südwärts und bin begeistert von der herrlichen Aussicht in die Bucht von Gibraltar auf der einen Seite und das vor mir liegende Mittelmeer auf der andern Seite, auf die Strasse von Gibraltar und auf das Riffgebirge in Marokko.

Für den Abstieg habe ich mich für die „Mediterannien Steps“ entschieden, die an der Steilwand auf der Mittelmeerseite entlang führen. Atemberaubend steil und als schwierig ausgewiesen, ungeeignet für Leute die nicht schwindelfrei sind. Zum Großteil ist der Weg jedoch mit einer Art Geländer bestehend aus Pfosten und Stricken befestigt. Wir Alpenbewohner würden das als mittleren bis leichten Schwierigkeitsgrad bezeichnen. Trotzdem ist der Weg lang und anstrengend und als ich nach 9 Stunden Non-Stop-Wanderung wieder auf Meereshöhe angekommen bin, bin ich ziemlich k.o. und froh bald wieder zu Hause auf dem Schiff zu sein. Ein bisschen werde ich mich aber noch gedulden müssen, denn die Ampel an der Landebahn steht auf ROT. Ein Flugzeug wird gleich landen und Autos und Fußgänger müssen warten. Die Ampel schaltet wieder auf grün und 5 Minuten später sitze ich mit schmerzenden Füssen und wunderschönen Eindrücken wieder im gemütlichen Cockpit meiner Carina.

 

Die Schlafmütze

Damit bin diesmal nicht ich gemeint sondern die Wolke die sich jeden Abend wie eine Mütze auf den Gipfel des Felsens von Gibraltar setzt und dort die ganze Nacht verweilt. Erst am nächsten Tag gegen Mittag löst sie sich wieder auf um abends wieder ihren Platz auf dem Gipfel einzunehmen. Ich mag den Felsen. Irgendwie haben wir was gemeinsam. Er setzt seine Schlafhaube erst spät nachts auf und nimmt sie erst am späten Vormittag wieder ab. Ich habe inzwischen aufgehört nach der Uhr zu leben, sondern habe mich dem natürlichen Rhythmus von Tag und Nacht angepasst. Nachdem es hier erst sehr spät hell wird, zur Zeit ca. gegen 08:30, stehe ich auch nicht eher auf und bevor ich endlich aus den Schlafklamotten raus bin ist es auch beinahe Mittag. Da werde ich mich ganz schön umstellen müssen wenn ab nächster Woche wieder ein ganz normales Arbeitsleben für mich beginnt. Zum Glück ist es ja nur auf Zeit und das Wort „Gastarbeiter“ trifft dann absolut auf mich zu.

Also bis bald in Deutschland. Ich freue mich auf alle Freunde und Verwandten die ich in dieser Zeit treffen kann.

Hasta luego

Erika

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