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Carina's Logbuch

Mai 2019

Der harte Weg von Neuseeland nach Tonga

 

Überfahrt mit Hindernissen

und ein Ankerplatz mitten im Meer – Minerva Reef

 

Seit Wochen verfolge ich die Wetterberichte um eine Vorstellung für die Zugrichtung und Entwicklung der Wettersysteme zwischen Neuseeland und Tonga zu bekommen. Am 21. Mai läuft mein Visum für Neuseeland aus und spätestens dann muss ich weg sein. Es gestaltet sich schwierig. Es ist hier wie in unseren Breiten, im Atlantik -  ständig wechselnd, unbeständig und viele Fronten bringen stürmisches Wetter. Die 1070 Seemeilen lange Überfahrt wird ca 2 Wochen dauern und die Vorhersagen ändern sich täglich. Kaum sieht man ein Wetterfenster zum Losfahren hat es dafür einige Tage später weiter im Norden zu viel Wind oder der Wind kommt die ganze Strecke gegen an. Endlich tut sich ein beständiges Wetterfenster auf und viele Schiffe starten nach Fiji, aber ich kann noch nicht weg, denn noch habe ich Wolfgang an Bord der am 5. Mai das Schiff verlassen wird und dann ist es bereits wieder zu spät. Ich warte und beobachte weiter. Die Carina ist längst startklar und der Großteil des Proviants bereits besorgt und verstaut.

Dann endlich – ein letztes hässliches Tief mit stürmischen Fronten wird am Fr/Sa durchziehen und danach kommt eine lange Periode mit stabilem Wetter und etwas leichteren Winden aus der richtigen Richtung. Sonntag der 12. Mai wird somit mein geplantes Startdatum. Ich reiche meine Formulare zum Advanced Notice of Departure beim Zoll ein (das muss man spätestens 4 Tage vor der Abreise tun) und rufe Freitag an dass ich am Sonntag ausklariert werden möchte. David ein südafrikanischer Bootsnachbar erklärt sich bereit mich Sonntagmorgen abzuholen und an Land zu bringen so dass ich bereits mein Dinghy am Vortag putzen und verstauen kann um dann gleich nach dem Ausklariern zu starten.

Am Samstag fährt mich Wayne mit dem Auto nochmal  nach Paihia um die letzten Einkäufe - Obst, Gemüse, Käse und Brot – zu besorgen und ich gönne mir in der Marina noch eine letzte heiße Dusche.

Die angekündigte Front mit den stürmischen Winden verspätet sich und wird nun sonntags dafür umso stärker erwartet.  Meine Abreise muss ich also auf Montag verschieben. Ich laufe nochmal beim Zoll vorbei – ändere mein Abreisedatum auf Montag, stoppe an Davids Schiff um Bescheid zu geben und zurück auf der Carina nehme ich den Außenbordmotor vom Beiboot und befestige ihn auf seinem Platz an Deck, checke nochmal alles an Bord und bin bis auf wenige letzte Handgriffe fertig. Das Beiboot werde ich morgen früh raufholen und verstauen.

Den Passageplan hatte ich schon längst auf den Navionics Charts auf dem Tablet erstellt, nun übertrag ich ihn noch auf den Plotter und morgen werde ich ihn noch im Logbuch festhalten. Es bleibt ein sonniger absolut windstiller Tag und als Wayne nach einem letzten gemeinsamen Abendessen die Carina verlässt ist alles noch ganz ruhig.

Der Sonntagmorgen sieht ganz anders aus. Es regnet und stürmt. Windböen von bis zu 50 Knoten fegen über den Ankerplatz, zerfetzen meine Nationalflagge und werfen das Dinghy um das nun Kieloben im Wasser treibt. Gottseidank hatte ich gestern noch den Außenborder abgenommen. Es wird ein ziemlicher Kampf das Beiboot bei dem Sturm wieder umzudrehen. Es an Deck zu holen ist heute unmöglich, genauso wie es unmöglich wäre damit an Land zu fahren – ich würde kentern.

Keiner am Ankerplatz verlässt heute das Schiff. Ich nutze das Sauwetter um die letzten Vorbereitungen im Schiff zu treffen und bin mir nicht mehr so sicher ob ich tatsächlich morgen früh ausklarieren und lossegeln will. Auch wenn der Wind sich bis dahin beruhigt haben wird, das Meer wird immer noch sehr rau bleiben.

Gerade bin ich zu dem Entschluss gekommen meine Abreise auf Dienstag zu verlegen als es draußen klopft – bei dem Sauwetter? Wer kann da unterwegs sein? Ich steck den Kopf aus dem Niedergang – und sehe David im Dinghy das wild auf und ab tanzt. Er hat ein großes schweres Dinghy mit dem man bei jedem Wetter fahren kann, aber das Übersteigen vom Dinghy auf die Carina ist trotzdem ganz schön akrobatisch. David fragt ob er mich tatsächlich morgen früh abholen soll? Nein – wir verschieben auf Dienstag, ich mache Tee für uns und da ich sowieso nichts anderes zu tun habe als zu warten, verplaudern wir den Nachmittag. Draußen heult der Sturm in den Wanten, Wolkenbrüche ergießen sich über uns, unsere Beiboote schauen wild auf und ab tanzend abwechselnd rechts und links zum Fenster herein und die Wellen am Ankerplatz sind so heftig geworden dass alles im Schiff herumfliegt dass nicht festgebunden ist. Die Teetassen können wir gar nicht abstellen und halten sie in den Händen bis wir ausgetrunken haben. David der es sich auf der Steuerbordbank gemütlich gemacht hat, muss sich festhalten um nicht von der Bank zu rollen. Bei Einbruch der Dunkelheit macht sich David auf den Heimweg und eine Stunde später ist der Wind komplett eingeschlafen, das Meer am Ankerplatz ruhig als wär nichts gewesen. Und so bleibt es die ganze Nacht. Ich spekuliere ob ich nicht doch am Montag abreisen werde.

Montagmorgen – David muss sein Pflegehündchen „Scrabby“ zum Landgang bringen und hält kurz bei mir an um mir den neuesten Wetterbericht zu bringen. Gulf Harbour Radio warnt davor heute loszufahren – das Meer ist noch sehr rau mit 4 m Welle und die kommt sowohl aus S und N und das gibt grässliche Kreuzseen. Also absolut ungemütlich und nass. Nein ich warte – ich will Spaß haben und genießen und keine Rekorde aufstellen. Wir vereinbaren dass mich David mittags abholt um beim Zoll mein Abreisedatum zu ändern, einen letzten Flat White (so heisst Milchkaffee in Neuseeland) im Marina Café zu trinken und gemeinsam mit Hündchen Scrabby mir noch mal die Beine zu vertreten bevor ich 2 Wochen nicht mehr vom Schiff kann. Gemeinsam holen wir noch mein Beiboot an Bord dass ich nun putzen, trocknen und im Schiffsinneren verstauen kann. Und nun warte ich gelassen auf morgen während bereits wieder grässliche Böen übers Ankerfeld fegen die gar nicht vorhergesagt waren.

Einige befreundete Schiffe haben heute ausklariert, aber jetzt, spät nachmittags, sind sie immer noch da. Trotz Böen von 30 Knoten müssen sie nun los, denn man muss am selben Tag an dem man ausklariert das Land verlassen. Ich bin froh dass ich mich entschieden habe bis morgen zu warten.

 

Jetzt geht’s aber endlich los - Abreisetag – Dienstag 14. Mai 2019

08:00 Uhr morgens – ich verabschiede mich aus der allmorgendlichen Funkrunde, dem Opua CruisersNet,  in dem der hiesige Meteorologe gerade berichtet das nun das Beste Wetterfenster seit langem sei für eine Überfahrt nach Tonga und klettere dann in Davids Beiboot. Beim Zoll komme ich sofort dran, muss erstaunlicherweise gar nicht warten. Es geht ruckzuck- ein Stempel, gute Wünsche und das wars - keine Kosten. Als ich mich umdrehe um zu gehen hat sich hinter mir und über die Treppe hinunter bereits eine lange Schlange von wartenden Seglern gebildet die alle heute loswollen. 25 Schiffe haben sich für heute zum Ausklarieren angemeldet und werden heute starten, die meisten segeln nach Fiji, aber zu Beginn ist das für alle derselbe Kurs. Na das wird ja ganz schön voll werden da draußen.

Um 11:00 ist der Anker auf und an Deck fest verstaut. Wir verlassen den Ankerplatz von Opua und motoren hinaus durch die Bay of Islands. Es ist absolut windstill und das Meer spiegelglatt, also keine Chance zu segeln. Trotzdem habe ich die Segel draußen um jeden Lufthauch zu bemerken und den Motor so bald wie möglich abzustellen. Darauf werde ich allerdings noch bis 23:00 Uhr warten müssen.

Am Ausgang der Bay überholt mich ein Katamaran, einer ist ohnehin vor mir und ein anderes Schiff hinter mir. Das ist die ideale Gelegenheit um mein Radargerät auf die aktuellen Bedingungen einzustellen und zu testen. Perfekt- alle Schiffe sind im eingestellten Sea-and RainClutter und im aktuellen Range gut sichtbar. Nun noch eine Alarmzone einrichten, den Watchman-Modus aktivieren und warten ob er auch piepst wenn der Katamaran die Alarmzone verlässt. Gespannt beobachte ich wie sich der Katamaran der Grenze der Alarmzone nähert – gleich muss es piepsen – aber …  der Katamaran bewegt sich nicht mehr auf die Alarmgrenze zu sondern in sie hinein auf mich zu. Seltsam. Er muss langsamer geworden sein, evtl hat er den Motor abgestellt und segelt nun mit wenig Wind langsam dahin? Ich hole auf, der Katamaran bewegt sich gar nicht, steht still hat aber das Großsegel draußen. Ich stelle das Radar ab, denn viel mehr ob das Radar piepst oder nicht sorgt mich nun das Schiff vor mir das einfach stehengeblieben ist. Ob es ein Problem hat? Ich ändere meinen Kurs und halte auf es zu. Niemand ist an Deck zu sehen – der Katamaran treibt einfach nur dahin. Seinen Namen kann ich nicht erkennen. Als ich fast neben ihm bin gehe ich an den Funk und ruf auf Kanal 16 „Katamaran, Katamaran on my starbord side, this is sailing vessel Carina, Carina – ARE YOU OK?„ Keine Antwort am Funk, aber an Deck erscheint ein Mann der herüberwinkt und etwas ruft das ich nicht verstehe. Ich gehe noch näher heran – da erscheint auch eine Frau im Cockpit. Alles ist ok, rufen sie, sie warten hier nur auf den Wind. Noch ein wenig Smalltalk und schon bin ich an ihnen vorbei, froh dass alles in Ordnung ist.

Inzwischen hat sich auf Kanal 16 zwischen anderen Schiffen eine heiße Debatte entwickelt, wer und wo dieser Katamaran wohl sei und was mit ihm los ist. Sie hätten bereits Whangarei Coastgard verständigt – und so wechseln nun einige Zeit die irrsten Vermutungen und Gerüchte zwischen den beiden unbeteiligten anderen Schiffen hin und her ohne uns Beteiligte eine Chance zu geben die Situation aufzuklären, denn solange sie quatschen bleibt der Kanal für uns belegt. Endlich – eine kurze Sprechpause. Der betroffene Katamaran nutzt diese und meldet sich am Funk, bedankt sich für die Besorgnis der anderen und teilt mit dass alles ok sei und er nur auf Wind warte. Wie unvernünftig manche Segler doch sind. Anstatt, gemäß den Regeln, den Kanal frei zu lassen für eine ggf notwendige Hilfsanforderung des Betroffenen, finden sie es wichtiger Ratsch und Tratsch zu verbreiten. Ich bin fassungslos.

Ansonsten bleibt es ein wunderschöner, wenn auch windloser, sonniger Tag. Es ist so warm dass ich nur im T-Shirt im Cockpit sitze und das spiegelglatte Meer und die langsam schwindende Küste beobachte.

Um 17:30 Uhr geht die Sonne unter, es wird richtig kalt  - so kalt dass ich die Heizung 2 Stunden laufen lasse und dann in meinen Schlafsack krieche. Was für ein Geschaukel – ich muss mich dauernd festhalten um nicht aus dem Bett zu fallen. Dann endlich – kurz vor Mitternacht kommt der Wind und wir segeln mit 3 bis 4 Knoten durch die Nacht. Die anderen Schiffe sind längst alle außer Sichtweite.

 

Was für eine Nacht

Der Wind bleibt uns treu und der nächste Tag ist wieder sonnig aber kalt. Der Südwind bringt die Eiseskälte aus der Antarktis mit. Ich habe über dem Fleece Pullover noch eine warme Jacke an und ein Stirnband auf dem Kopf. So warm war ich schon ewig nicht mehr angezogen, aber das ist das zu erwartende Wetter um diese Jahreszeit auf dem Weg nach Norden. Ein Trost – es sollte mit jedem Tag den wir weiter nordwärts kommen wärmer werden.

Im Laufe des Tages frischt der Wind auf und die Carina macht flotte 5 Knoten Fahrt. Das ist recht gut für so ein kleines Schiff, denn auch wenn die Carina fast 9 m lang ist, die Wasserlinie beträgt nur 7,40 m und das ist der ausschlaggebende Faktor wie schnell ein Schiff sein kann.

Die Carina wird schneller und schneller – inzwischen 7 bis 8 Knoten – das ist zu schnell und ich reffe stark. Der Wind ist nun bei 5 bis 6 Bft und sehr böig. Die Carina gleitet, fliegt mit 6 Knoten über die Wellen. Es ist eine wahre Freude. Ich bin schon längst zu Bett gegangen, schaue aber alle Stunde mal nach draußen, prüfe Kurs und Geschwindigkeit und halte Ausschau nach anderen Schiffen. Die Windsteuerung hat mir das Steuern abgenommen so dass ich mich zwischendurch beruhigt schlafen legen kann. Um 03:00 Uhr spüre ich dass die Carina wieder zu schnell wird, ich muss weiter reffen. Ich schlüpfe in Hose und Pullover und bis ich soweit bin nach draußen zu gehen beginnt es zu regnen – richtig – es schüttet. Ich beschließe das Schlimmste abzuwarten. Die Carina rast durch die Nacht. 30 Minuten später ist der Regen etwas leichter geworden und ich sitz nun in den Pfützen die sich auf den Cockpitbänken bilden und reffe meine Segel weiter ein, stelle die Windsteuerung neu und bis alles wieder unter Kontrolle ist bin ich pitschnass. Ich lasse die nassen Klamotten gleich am Niedergang von mir fallen um nicht tropfend durchs ganze Schiff zu laufen, schnapp mir das kleine Handtuch das immer an der Pantry hängt und kriech zurück in den Schlafsack.

 

Do 3. Tag – wieder mal drauf reingefallen

Nach einer fast schlaflosen Nacht mit all dem Geschaukel und Gereffe folgt wieder ein sonniger aber kalter Tag. Die in der letzten Nacht durchnässte Wäsche flattert nun im Wind und ist schnell wieder trocken. Carina setzt ihre Rauschefahrt mit 5 bis 6 Knoten fort. Der Wind weht aus WSW mit 5 Bft und die Wellen haben 3 m erreicht. Alles ist Bestens.

Es ist bereits mittags. Ich liege im Salon und lese – ein Blick durchs Fenster – die Sonne ist auf der falschen Seite – an backbord – da sollte eigentlich Norden sein– der Wind muss gedreht haben und sich dadurch der Kurs geändert haben. Mein bestes Crewmitglied, die Windsteuerung ist am Steuern. Wenn man mit einer Windsteuerung fährt ändert sich der Kurs immer mit der Windrichtung so dass der Wind immer optimal in die Segel weht. Dafür muss man aber bei jeder Windrichtungsänderung die Windsteuerung neu einstellen und die Segel neu trimmen um den gewünschten Kurs beizubehalten. Also schnell raus – ein Blick auf den Kompass – alles ok – wir segeln immer noch NNE-Kurs. ????

Aaahhh, wieder mal drauf reingefallen. Auf der Südhalbkugel unserer Erde steht die Sonne mittags nicht im Süden sondern im Norden.

Ich höre 2 Schiffe am Funk palavern. Da sie auf ihren AIS-Displays niemand anderen sehen können,  glauben sie dass sie ganz allein hier draußen die einzigen weit und breit sind und beschließen auf „Kanal 16“ zu plaudern. Der ist dafür nicht vorgesehen sondern dient ausschließlich als Not und Anrufkanal.  Mir graut bei dem Gedanken dass sie sich ausschließlich auf AIS verlassen und dabei andere Schiffe ohne AIS, wie zum Beispiel mich, nicht sehen können und so im Schlimmsten Fall eine Kollision verursachen. Da sie auch noch Kanal 16 mit ihrem Geplauder belegen, könnte man sie nicht einmal auf sich aufmerksam machen. Es ist traurig und vor allem besorgniserregend sehen und hören zu müssen wie sich die Menschen von der Technik abhängig machen ohne dabei zu wissen wie sie tatsächlich funktioniert und wie sie zu bedienen ist. Und so macht die Technik, die eigentlich die Seefahrt sicherer machen soll und könnte, unter Umständen sogar alles gefährlicher.

Der Wind weht weiter mit 6 Bft, die Wellen werden höher, die Segel sind nun auf Minimal gerefft und trotzdem macht die Carina 6 Knoten Fahrt.

Es ist immer noch sehr kühl aber die Nächte gleichen sich nun mehr den Tagestemperaturen an und ich muss nun nicht mehr heizen. Im Meer leuchtet nachts das Plankton wie tausend kleine Sterne auf dem Wasser. Später in dieser Nacht regnet es wieder aber ich muss zum Glück nicht raus.

 

Der AIS Horror geht weiter - Freitag 4. Tag

Wind 4 bis 5 Bft – wieder etwas ausgerefft machen wir immer noch 5 bis 6 Knoten Rauschefahrt.

Abends höre ich wieder Schiffe auf Kanal 16 plaudern. Es sind andere als gestern. Und wieder glauben sie die einzigen hier zu sein, weil auf dem AIS außer dem Gesprächspartner kein anders Schiff zu sehen ist. Nachdem sie endlich ausgeratscht haben rufe ich am Funk alle Schiffe um ihnen mitzuteilen dass ich „auch“ hier bin aber über ihr AIS nicht sichtbar bin, gebe meine Position und meinen Kurs durch. 2 von den 4 haben mich mit Sicherheit gehört auch wenn sie mir nicht antworten, denn ich höre sie nun über mich reden und sie kommen erstaunt zu dem Schluss „There are more lights out here“. Es beruhigt mich ein wenig dass sie nun gewarnt sind dass sie hier nicht alleine unterwegs sind und hoffe dass sie ab jetzt wieder „selber gucken!“

 

Sa – 5. Tag Wettertaktik

Der Wind weht nur noch mit 3 Bft, der Schwell beträgt 1 m und es ist recht beschaulich hier draußen. Der letzte Wetterbericht den ich mir über die Grib-Files per Kurzwellen-Funk hole zeigt ein Starkwindfeld mit Ostwinden vor mir in das ich in den nächsten Tagen hineinsegeln würde. 30 Knoten Wind und 4 m Welle. Das ist gar nicht das Wetter das ich mag. Vor allem hätte ich dann den Wind und die Wellen gegenan, denn mein Kurs ist NordNordOst. Demzufolge lautet meine Wettertaktik, das Schiff zu bremsen, langsam weiter ostwärts zu segeln und hier ggf rumzudümpeln um den Starkwind vor mir durchziehen zu lassen bevor ich in diese Breiten komme. Und sollte ich tatsächlich etwas davon abbekommen möchte ich zumindest einen günstigeren Kurs zum Wind segeln können ohne zu weit nach Westen abzutreiben.

Ich lasse also die Segel gerefft obwohl der Wind nachgelassen hat und wir nur noch 2,5 Knoten Fahrt machen.

 

Jetzt heißt es sparen – und wo fahren wir eigentlich hin?

Das ruhige Meer ist gerade richtig um mal wieder Wasser zu machen. Der Tank ist zwar mit 50 l noch halb voll aber der Wassermacher muss ohnehin alle 5 Tage gespült oder in Betrieb genommen werden um die empfindliche Membran die das Salz und Bakterien zurückhält nicht zu beschädigen.

Aber der Wassermacher streikt. Er baut nicht genug Druck auf und es scheint Luft im System zu sein. Der Druck reicht nicht aus um die Luft herauszubekommen und schon gar nicht um das Wasser durch die Membrane zu pressen – also kein Frischwasser mehr. Nach 1 Stunde vergeblichen Bemühungen immer noch kein Erfolg. Noch ist das kein Drama. Ich kann das Minerva Riff ansteuern. Bis dahin brauch ich noch ca 4 bis 5 Tage und so lange reicht das Wasser. Dort finde ich sicher andere Schiff die mir mit etwas Wasser aushelfen können um die letzten 300 Meilen bis Tonga zu schaffen. Aber trotzdem überlege ich bereits wo ich überall Salzwasser statt Frischwasser verwenden kann um zu sparen. Noch gebe ich nicht auf und versuche nach allen Regeln der Kunst die Luft aus dem System zu blasen. Bei der ganzen Aktion habe ich den Wassermacher soweit zerlegt, dass ich in Tonga sicher einen ganzen Tag beschäftigt bin wieder alles in Ordnung zu bringen. Vermutlich werde ich dort auch den Pumpenkopf austauschen müssen für den ich zum Glück Ersatz dabei habe.

All die Mühe und Aufregung des Tages wird mit einer wunderschönen Vollmondnacht wieder gut gemacht. Das Meer glitzert silbern – alles ist ruhig und es ist nachts nur wenig kälter als tagsüber und ich kann nur mit Fleecepulli noch lange draußen sitzen und das Mondlicht bewundern.

Ich schlafe hervorragend in dieser ruhigen Nacht. Kurz nach meinem letzten Check um 04:00 Uhr morgens dreht der Wind und damit ändert auch die Carina ihren Kurs denn sie fährt wie immer unter Windsteuerung. Als ich 2 Stunden später nachschaue sehe ich dass sie inzwischen SE Kurs fährt (NNE wollten wir) und somit bereits 5 Seemeilen wieder zurück gefahren ist. Aber was sind schon 5 Seemeilen bei einer Strecke von ca 1100 Seemeilen, für einen guten Schlaf. Ich korrigiere den Kurs – trimme die Segel neu und schon steuert die Pacific light Windsteuerung wieder genau dorthin wo wir hinwollen.

 

Sonntag  6. Tag

Das Meer ist immer noch ruhig und der Wind bescheiden. Ein guter Tag um auf und im Schiff mal wieder nach dem Rechten zu sehen.

Auf Deck ist alles ok, nur an der Sprayhood hat sich ein Gurt gelöst der schnell wieder angenäht wird.

Der Gemüse- und Obst Check belegt, einige Zucchini müssen weiter – deshalb gibt es heute Ratatouille.

Beim Abendessen im Cockpit bewundere ich den schönen Sonnenuntergang. Als ich mich umdrehe kommt ein roter Schein über den Horizont gekrochen und dem folgt ein roter Ball. Der Mond geht auf, glutrot, riesengroß, so rund und soooo schön. Ein Liedertext aus meinen Kindertagen kommt mir in den Sinn „Der rote Mond von Rarotonga“. Bisher hatte er für mich nur die Bedeutung eines schönen Mondes – und Rarotonga klingt exotisch, irgendwie romantisch. Aber heute ist das anders. Inzwischen weiß ich Rarotonga ist eine Südsee-Insel die zur Cook Gruppe gehört. Sie ist im Moment nur 1200  Seemeilen von mir entfernt und in genau dieser Richtung geht der Mond gerade glutrot auf. Dabei wird mir bewusst wie viele „alte“ Lieder die Südsee besingen. Die Generation meiner Großeltern war wohl auch bereits viel in der Südsee unterwegs. Zum Teil nicht freiwillig – im Krieg, aber andere wie z.B. einige bekannte Maler, Schriftsteller kamen freiwillig hierher. Wie kompliziert und entbehrungsreich muss das gewesen sein. Wie ihre Reisen dorthin wohl verlaufen sind?

Nachts flaut der Wind weiter ab – nur langsam kommen wir voran. Eine auf den Karten nicht näher definierte Untiefe ist nur noch 12 Seemeilen von mir entfernt. Inzwischen ist so wenig Wind dass wir nur noch 1 Knoten Fahrt machen und die Windsteuerung die Carina nicht mehr auf Kurs halten kann. Ich bin schon lange im Bett, aber jetzt muss ich doch was unternehmen. Also leider Motor an, Autopilot dran – Kurs so eingestellt dass wir gut an der Untiefe vorbeikommen und zurück ins Bett. Alle Stunde überprüfe ich den Wind, die Segel, den Kurs – alles ok. Um 07:00 Uhr wache ich auf – irgendwas ist passiert – Juhuu der Wind ist zurück – ich hüpf aus dem Bett, raus ins Cockpit, stoppe den Motor, trimme die Segel und habe jetzt Zeit einen traumhaften Sonnenaufgang zu beobachten. Der Himmel zwischen dem noch nachtblauem Meer und den schwarzen Wolken ist glutrot- allmählich zeichnet sich ein gelber Ball über dem Horizont ab – strahlt die Wolken an, taucht die Umgebung in sanftes Licht und steigt so golden empor dass der Vollmond auf der gegenüberliegenden Seite vor Neid verblasst. Lange saß ich da um dieses Schauspiel zu bewundern dass nur auf dem Meer oder in den Bergen so fantastisch schön sein kann. Jetzt ist es aber Zeit Kaffee zu kochen und Frühstück zu richten.

 

Was sich das Wetter um meine Taktik schert

Überhaupt nichts – denn jedes Mal wenn ich einen neuen Wetterbericht anfrage ist er anders. Mal doch nicht so starker Wind und nur ganz weit im Norden, den nächsten Tag dann doch wieder Starkwind viel weiter südlich und noch ungünstiger von der Richtung – wer soll da noch was glauben. Alle Taktik wird nun über den Haufen geworfen und wir segeln einfach wieder unter vollen Segeln NordNordOst und versuchen so weit wie möglich östlich zu bleiben. Und dann hoffen wir … das alles ganz anders wird und die bisher so angenehme Fahrt weiter so anhält, zumindest bis wir das Minerva Riff erreicht haben wo wir Zuflucht suchen könnten und abwarten bis das Wetter sich für die restlichen 300 Meilen nach Tonga bessert. Auch wenn Minerva nichts als ein kreisrundes Riff ist das immer überflutet ist schützt es zwar nicht vor dem Wind aber vor den Wellen und es ist irgendwie cool mitten im Meer zu ankern. Ich bin schon neugierig darauf – aber mindestens 3 Tage muss ich mich noch gedulden und rechtzeitig die Geschwindigkeit so timen dass ich ca mittags dort ankomme um gutes Licht für die schmale Einfahrt ins Riff zu haben und die vielen Korallenblöcke unter Wasser sehen zu können. Ich hoffe es klappt alles so.

 

Dienstag Tag 8 – in the middle of nowhere

Eine Woche bin ich nun schon unterwegs und wieder frage ich mich wo sind die Tage hingegangen – wie im Flug sind sie verstrichen. Ich vermisse nichts und fühl mich rundum wohl hier „in the middle of nowhere“ in der endlosen Weite des Pazifiks. Seit der Ausfahrt aus der Bay habe ich keine Schiffe mehr gesehen und seit einigen Tagen auch keine mehr am Funk gehört. Ich bin nun wohl wirklich ganz allein hier draußen und genieße es. 

In dieser Nacht frischt der Wind wieder auf und mit der Gemütlichkeit ist es nun wieder vorbei. Reffen und heftige Schauklerei sind wieder angesagt.

 

Mittwoch Tag 9 – Ein Alptraum wird wahr

Am Morgen haben die Wellen bereits wieder 3 m erreicht und der Wind 5 Bft. Wir segeln Halbwind, d.h. der Wind kommt von der Seite und die Wellen leider auch. Die Wellen sind kurz, steil und unangenehm, rollen übers Vorschiff dessen Bug immer wieder ins Wasser eintaucht und plätschern gelegentlich ins Cockpit. Ich muss mich erst wieder an diese Situation gewöhnen und leg mich nach dem Frühstück ein wenig in den Salon. Um 10:30 Uhr höre ich einen kurzen lauten Knall draußen. Was war das? Nichts Ungewöhnliches ist sonst zu hören oder zu spüren und bin versucht mich einfach auf die andere Seite zu drehen und weiter zu dösen. Nein, ich muss mich aufraffen und nachschauen was das war.

Als ich im Cockpit stehe bin ich erst mal starr vor Schreck. Mein absoluter Alptraum ist wahr geworden. Die Reffleine der Genua ist direkt an der Rollvorrichtung gebrochen, das volle Segel ausgerauscht das nun das Schiff viel zu schnell werden lässt – und ich kann es nicht mehr einreffen (wegrollen). Auf der Carina ist das Genuareff über eine Endlosleine gelöst und um die wieder herzustellen ist ein komplizierter zeitaufwändiger Spleiß notwendig den ich unmöglich unter solchen Seegangsbedingungen anfertigen kann. Abgesehen davon ist die Leine dazu nun zu kurz und eine längere habe ich nicht parat. Die soeben gebrochene Reffleine war nagelneu. Ich muss jetzt schnell was unternehmen denn unter diesen Windverhältnissen müsste ich mindestens das 3. Reff in der Genua haben. Ich muss den Druck aus dem Segel nehmen und fiere deshalb erstmal die Schoten auf. Das hat zur Folge dass die Schoten wild um sich schlagen, sich ineinander vertörnen und nun mit noch mehr Wucht alles erschlagen und wegreißen was ihnen in den Weg kommt. Was soll ich tun? Wie das Segel unter Kontrolle bringen? Mein Hirn arbeitet auf Hochtouren und mein Mut ist ganz unten im Keller. Das Schiff ist viel zu schnell, schaukelt wir irre in den Wellen – unmöglich bei solchen Bedingungen auf dem Vorschiff mit einem wild schlagenden Segel zu kämpfen. Aber ich habe keine Wahl – so kann es nicht bleiben – es würde mein Rigg beschädigen, schlimmstenfalls den Mast brechen. Ich muss da vor. Das Segel muss irgendwie runter.

Ich bereite im Cockpit alles vor um das Segel herunterziehen zu können. Lege mir den Sicherheitsgurt an, hänge mir eine Tasche mit Bändseln um, um damit das abgeschlagene Segel an der Reling festzubinden. Aber mir gefällt diese Idee gar nicht – Wie soll ich das alleine in diesen rauen Bedingungen schaffen. Ich müsste zig male vom Cockpit zum Bug und zurück krabbeln was unter diesen Bedingungen extrem gefährlich ist, ewig dauert und das wildgewordene Segel wird mich wahrscheinlich über Bord werfen. Ich bereite ein dünnes Bändsel vor an das ich Nadel und Faden nähe in der Hoffnung dies an ein Ende der Reffleine annähen zu können und damit die Reffleine wieder in den Rollreffanlage einzufädeln. Mit etwas Glück könnte ich so zumindest einen Teil des Segels wegrollen und es provisorisch befestigen denn richtig reparieren kann ich das hier nicht. Nochmal versuche ich mir in aller Ruhe zu überlegen was ich alles brauche und mach mich dann auf den gefährlichen Weg nach vorne. Ich picke mich mit einer Seite des Sicherheitsgurtes an den Strecktauen ein die an beiden Seiten vom Cockpit zum Bug gespannt sind und mit der anderen an den Fallen die auf dem Deck vom Mast zum Cockpit laufen. Bis zum Mast geht das einigermaßen gut auf dem nassen rutschigen Deck. Vom Mast vorwärts wird es nun schwieriger. Es gibt keine Handläufe mehr an denen ich mich festhalten kann, die Reling ist gerade mal kniehoch und die Schoten der Genua schlagen wild um sich. Auf dem Bauch liegend versuche ich das Strecktau auf der gegenüberliegenden Seite zu greifen um mich mit dem nun freien Ende meines Gurtes dort einzupicken. Geschafft. Nun hänge ich an beiden Tauen fest und kann nun weder rechts noch links über Bord geworfen werden. Ich erreiche den Bugkorb an den ich mich nun kniend klammere. Wellen waschen übers Vordeck und der Bug taucht mit mir immer wieder ins Wasser ein. Ich bin pitschnass. Die Schoten schlagen mit voller Wucht auf meinen Kopf, wickeln sich um meinen Hals. Die sind eine größere Gefahr als alles andere hier, noch ein paar solche Schläge und ich würde bewusstlos werden. Den Gedanken das Segel runterzuziehen verwerfe ich schnell – das ist unmöglich. Ich versuche ein Ende der gebrochenen Reffleine einzufädeln was mir auch gelingt, aber sie durchzuziehen und am anderen Ende durch die Rollen wieder heraus geht so nicht – ich benötige Werkzeuge, Zange, Schraubenzieher – also zurück ins Cockpit. Wieder eine aufwändige Kletterei die unglaublich viel Konzentration und Kraft erfordert. Mit dem Werkzeug nun wieder nach vorne. Die Sicherungsgurte sind mir bei dieser Kletterei ständig im Weg, verhängen sich an Wanten und an der Ankerwinsch. Endlich wieder vorne schlagen mir die Schoten mit voller Wucht mitten ins Gesicht – das schmerzt und gibt eine blaue Backe. Der nächste Schlag eine dicke Lippe – ich versuche mit dem Kopf so nahe wie möglich am Deck zu bleiben um weitere Verletzungen zu vermeiden. Nach endlosen Gepfriemel und Kampf habe ich es geschafft das ausgefranste Ende der Reffleine einzufädeln. Nun sollte es möglich sein das Segel wieder einzurollen. Es geht tatsächlich – ein Stück noch ein Stück und dann muss ich wieder zurück ins Cockpit die Schoten weiter auffieren und wieder vor um das Segel weiter weg zu rollen. Das geht mit dieser Notreparatur nur direkt am Vorstag. Wieder mühselige Kletterei – zurück wieder vor – und weiter wegrollen. Die Schoten haben sich dabei so um das Segel und das Vorstag verwickelt dass das Segel nun zwar zum größten Teil weggerollt ist aber sich eine große Tasche im Segel gebildet hat in der sich der Wind verfängt und das Rigg erschüttert oder das Segel zerreißen wird. So geht das auch nicht – ich muss die Schoten aufklarieren und das Segel frei flattern lassen. Also wieder vor. Nun beginnt der Kampf mit den Schoten die unglaubliche Kräfte entwickeln. Es dauert ewig bis ich die auseinander bekomme und ich muss einige male vor und zurück um alles in Ordnung zu bringen. Die Schoten haben inzwischen die Buglaterne abgerissen, die Ankerwinschabdeckung runtergerissen und ins Meer geworfen. Die Windsteuerung hält das Schiff auf Kurs und das Großsegel sorgt für ausreichend Fahrt. Wieder vorne am Bug werfe ich einen Blick zurück übers Schiff  Ich erschrecke - die Wellen sind riesig – furchteinflößend. Ich konzentriere mich besser wieder auf meine Arbeit, jetzt ist keine Zeit zum Fürchten. Endlich nach 3 Stunden Turnerei unter extremen Bedingungen habe ich das Segel soweit frei und bin zurück im Cockpit. Das nun bedeutend kleinere Vorsegel schlägt im Wind, das Rigg vibriert - ich bin tropfnass und erschöpft, meine Beine zittern von der Anstrengung. Ich hätte jetzt keine Kraft mehr nochmal da vor zu klettern. Ich trau mich nicht das Segel zu trimmen, fürchte der Druck im Segel wird diese provisorische Reparatur wieder zerstören. Inzwischen hat der Wind zugenommen wir sind nun bei 6 Bft +. Die Wellen über 3 m. Bis Tonga sind es noch 500 Meilen,  bis zum Minerva Reef noch 200. Dort könnte ich im Schutz des Riffs ankern und die Reffleine reparieren. Jetzt aber lass ich die nassen Klamotten einfach ins Cockpit fallen und mich auf eine Bank im Salon. Das Segel flattert das Rigg ächzt. Nein so geht es auch nicht. Ich raffe mich noch einmal auf und klettere zitternd nach draußen. Vorsichtig trimme ich das Vorsegel und lasse es nun etwas zu lose mithelfen. Dann falle ich total erschöpft auf mein Bett und schlafe bereits um 5 Uhr ein.

Am nächsten Morgen trimme ich das Segel ein wenig besser. Der Wind ist bei 6 bis 7 Bft . Die Wellen bei 4 m. Noch 2 Tage und eine Nacht muss das Provisorium durchhalten dann bin ich in Minerva.

Das Provisorium hält erstaunlich gut, mit der Genua im 3. Reff unveränderlich fix. Am Freitagabend um 17:00 Uhr bin ich nur noch 12 Meilen von der Einfahrt ins Minerva Riff entfernt, leider zu spät. In einer Stunde wird es dunkel sein und ich kann das Riff nicht sehen. Ich muss leider hier draußen und auf den nächsten Morgen warten.

 

So nah und doch so fern – der lange Kampf um die letzten 12 Meilen

Der Wind hat jetzt am Abend ein wenig nachgelassen und ich beschließe beizudrehen. Dazu wendet man aus einem Halbwindkurs heraus und lässt dabei die Genua back stehen, löst also die Schot nicht um das Segel auf die andere Seite zu holen. Die Carina dreht nun ihre Nase 60 Grad zum Wind verringert ihre Fahrt auf 1,5 bis 2 Knoten und liegt nun relativ ruhig. Was für eine Wohltat nach all dem wilden Ritt hierher. So kann ich durchaus die Nacht abwarten. Ich leg mich schlafen. Nach 3 Stunden sind wir 8 Meilen nach Westen abgetrieben. Das ist zu viel – ich sollte mich nicht zu weit vom Eingang ins Riff entfernen – und so hol ich die Genua wieder rüber und kreuze nun zurück Richtung Riff-Einfahrt - so war zumindest der Plan. Wir kreuzen auf und ab, machen 5 bis 6 Knoten Fahrt aber kommen kaum in die gewünschte Richtung voran, nach der 2. Kreuz ist Stillstand. Wir kommen keinen Meter mehr ostwärts, kreuzen aber weiter auf der Stelle auf und ab.

Der Sturm hat weiter zugenommen - 40 Knoten aus Ost (also da wo wir hin müssen) und 4-5 m Welle und ich mittendrin, mit einer provisorisch reparierten Reffanlage, hart am Wind kämpfend um nicht noch weiter nach Westen abgetrieben zu werden. Zwischendurch muss ich immer wieder mal beidrehen weil der Sturm nun zu heftig für meine Besegelung wird an der ich ja nichts ändern kann. Ich vertreibe mir die Zeit und fotografiere die Wellen. Ein paar Fotos werden ganz gut – die nächste Welle zerstört meine Kamera. Jetzt ist leider Schluss mit Fotografieren denn in Tonga gibt es keine Kameras zu kaufen.

Die Wellen rollen nun einfach über die Carina hinweg als wären wir ein U-Boot - im Cockpit ist es nun zu gefährlich – die Wellen würden mich über Bord spülen. Nur ganz kurz zum Wenden muss ich raus und gleich wieder zurück – die Schotten ständig dicht damit kein Wasser ins Schiff läuft. Nach jeder Wende tropfnass. Raus aus dem nassen Zeug rein in Trockenes – zurück in die nassen Klamotten wieder raus – wieder jede Menge Salzwasserduschen – Wende - Segel Trimm – wieder rein. Ab jetzt stündlich. Bald muss ich erkennen dass ich es heute nicht zum Riff zurück schaffe – was für eine Enttäuschung - noch eine Nacht in diesem Getose hier draußen. Am Funk kann ich die Schiffe hören die im Riff rechtzeitig Schutz gefunden haben, darunter auch einige die ich kenne. Ich versuche Kontakt aufzunehmen aber niemand antwortet mir. Es ist zum Verzweifeln. Der Kampf geht weiter – die ganze Nacht. Dann eben morgen ins Riff und ich bete dass mein Provisorium hält denn würde die Reffleine jetzt brechen und das Segel wieder ausrauschen hätte ich keine Chance mehr in diesen Bedingungen etwas zu reparieren und mein Rigg würde das nicht überstehen. Die abgerissene Buglaterne, nur noch am Kabel hängend, hat sich inzwischen um den Bugkorb gewickelt und ist erstaunlicherweise immer noch da.

Der nächste Morgen bricht an und ich bin immer noch 18 Meilen westlich des Riffs. Ich kreuze immer noch bei 40 Knoten Wind und  4 m Welle auf und ab und komme doch nicht näher. Habe in 12 Stunden nur 2 Meilen ostwärts geschafft. Ich kann die Schiffe im Riff  hören die ein Cruisers Net ins Leben gerufen haben und nun den Wetterbericht vorlesen den sie per Email erhalten haben. Ich lausche den Diskussionen welcher ihrer vielen Wetterberichte denn nun der Bessere sei, ob man morgen bereits nach Fiji oder Tonga aufbrechen könne und vielen andern Gesprächen. Es müssen viele Schiffe sein und sie sind zu einer richtigen Gemeinschaft zusammengewachsen. Wie gerne wäre ich bei Ihnen in Sicherheit. Aber meine Funkrufe bleiben ungehört und unbeantwortet. Zum allererstenmal fühle ich mich alleine hier draussen auf See. Mittags muss ich feststellen – wir schaffen es heute wieder nicht ins Riff. Ich kämpfe mit den Tränen - raff mich wieder auf – geh wieder raus zum Reffen- krieg wieder eine Salzwasserdusche ab - ich resigniere  - ich werde das Riff nie erreichen. Verzweiflung. Gib niemals auf - sag ich mir. Der Wind, die Wellen und die Strömung treiben mich immer wieder nach Westen zurück. Ich ziehe in Erwägung einfach nach Tonga weiter zu segeln in der Hoffnung dass das Rigg und die Reparatur durchhalten. Aber der Wetterbericht meldet weiter Sturm aus Osten. Ich würde keine Meile in die erforderliche Richtung schaffen, stattdessen immer  weiter nach Westen abtreiben wo es bis Australien kein Land mehr gibt das ich ansteuern könnte. Außerdem ist der Wassertank inzwischen leer. Ich habe nur noch ein paar Liter Wasser in Flaschen – sonst keinerlei Flüssigkeiten an Bord. Ich nehme den Kampf wieder auf. Ich muss es ins Riff schaffen – irgendwie. Der Motor kann mir nicht helfen, die See ist viel zu rau. Er würde mich keinen Meter vorwärts bringen. Er würde nur Schaden nehmen und dann kann nicht mal die Einfahrt ins Riff nehmen.

Inzwischen ist die 3. Nacht angebrochen in der ich um die paar Meilen zur Einfahrt zum Riff kämpfe. Ich kann wie üblich all die Schiffe im Riff plaudern hören. Heute spielen sie Trivial Pursuit über Funk und weil ich auch nichts anderes zu tun habe spiel ich mit, auch wenn mich keiner hören kann.  Meine tägliche Wasserration beträgt nun weniger als 1 l. Ich habe Kopfweh und mir ist schwindelig von der tagelangen heftigen Schauklerei. Gott sei Dank bin ich nicht seekrank. In dieser Nacht dreht der Wind ein wenig auf OstNordOst und ich schaffe ein paar Meilen Richtung Riff. Die Hoffnung steigt wieder. Spätestens übermorgen müsste ich es geschafft haben. Bei Sonnenaufgang bin ich noch 10 Meilen von der Einfahrt entfernt. Der Wind hat nun etwas nachgelassen, nur noch 20 Knoten und das Meer ist auch etwas ruhiger geworden – nur noch 3 m Welle. Um 08:00 morgens bin ich nur noch 5 Meilen von der Einfahrt entfernt.

Ich rufe alle Schiffe im Minerva Riff und bitte um Hilfe. Endlich werde ich gehört. Ich erfrage die Bedingungen für die Einfahrt ins Riff, bitte darum dass sobald ich drin bin jemand zu mir an Bord kommt um mir bei der Ansteuerung eines Ankerplatzes und dem Bergen des Segels behilflich zu sein und um eine Flasche Trinkwasser, denn meines ist nun wirklich aus.

Im Riff herrscht nun Spannung – alle Funkgespräche verstummen - das Morgennetz wird heute verschoben um alle Kanäle freizuhalten für die Kommunikation mit mir. Ein Schiff, die Amazing Grace, die wir von nun an scherzhaft den Harbournaster nennen, hat die Koordination übernommen. Der Katamaran Lady Nada bietet an zur Riffeinfahrt zu kommen mich durchzuleiten und dann 2 Mann bei mir an Borde abzuladen die mir helfen sollen. Weitere Schiffe bieten ihre Hilfe an, die auch im Riff Zuflucht gefunden hatten.

2 Stunden später erreiche ich die Einfahrt ins Riff vor der Lady Nada schon auf mich wartet. Erlöst berge ich das Großsegel und folge nun unter Motor mit flatternder Genua dem Katamaran durch die schmale Durchfahrt. Kein Land weit und breit, nur Wellen die sich am Riff brechen das gar nicht sichtbar ist da es immer unter Wasser liegt. Nur an der Brandung und der Farbe des Wassers kann man erahnen wo es durchgeht. Dann endlich sind wir durch. Woody und Liz kommen in einem Beiboot zur Carina und an Bord. Liz reicht mir als erstes eine Flasche Wasser von der ich gleich mal einen großen Schluck nehme. Ich bin sooo froh über meine Helfer und endlich im Riff zu sein. Liz übernimmt das Steuer und den Funk während Woody und ich das provisorische Reff lösen, das Segel ausrauschen lassen und nun eine längere Reffleine einfädeln um das Segel ganz weg zu rollen. Gemeinsam sind wir stark. Bald haben wir alles unter Kontrolle und fröhlich lachend und plaudernd steuern wir auf einen Ankerplatz zu. Woody und ich halten Ausschau nach Korallenblöcken zwischen denen uns Liz durchsteuert.

Dann ist der Anker unten und geleichzeitig kommt ein Beiboot angerauscht. Darin sitzt David der mich in Opua in seinem Beiboot noch zum Zoll und zurück zur Carina gebracht hatte. Er klettert an Bord mit einer Flasche Bier für jeden, mit der wir nun auf meine Ankunft im Riff anstoßen. Aller Frust, Kummer und Anstrengung sind vergessen. Ich bin total überdreht und einfach nur glücklich es geschafft zu haben, hier zu sein und so viele Helfer gefunden zu haben. Inzwischen haben Liz und Woody einen 20 l Kanister voll Trinkwasser gebracht den wir in Carinas Tank füllen. Ein weiteres Schiff bietet über Funk Trinkwasser an und auch David wird Wasser bringen und bietet an auf seinem Schiff zu duschen denn Körperpflege war bei meinem beschränkten Wasserhaushalt die letzten Tage auf Salzwasser beschränkt oder ganz gestrichen. Meine Haare sind seit 2 Wochen nicht mehr gewaschen worden. Es wäre eh umsonst gewesen denn stündlich bekamen sie einen Schwall Salzwasser ab. Trotzdem, zum Haare waschen bin ich heute, nach den Anstrengungen der letzten Tage und Nächte im Sturm, zu müde, das kann jetzt auch noch bis morgen warten.

Nachdem all meine Helfer und Willkommensbesucher die Carina wieder verlassen haben mache ich meine Einträge ins Logbuch. 3 Tage und 3 Nächte habe ich gebraucht und bin 202 Seemeilen gesegelt um die letzten 12 Meilen ins Riff zu schaffen.

Dann mach ich erst mal Schadensbilanz – oh je, es gibt viel zu tun, aber jetzt bin ich erst mal todmüde, starte noch den Wassermacher der aber weiterhin streikt und leg mich erst mal aufs Ohr.

 

Minerva Reef – ein Ankerplatz mitten im Ozean

Inzwischen etwas erholt sitze ich spätnachmittags im Cockpit und bewundere das Riff. Die Sonne scheint, der Wind hat sich beruhigt. Alles ist friedlich. Weit verstreut ankern ca 20 Schiffe. 5 weitere Schiffe hatten das Riff kurz nach meiner Ankunft bereits verlassen. Das Riff ist kreisrund mit einem Durchmesser von ca 3 Meilen. Der Korallenring der das Riff bildet ist ca 80 m breit und ständig unter Wasser. Es gibt also keinerlei Land hier. Das nächste liegt 200 km entfernt. Man kann das Riff nur an den sich brechenden Wellen rundherum erahnen und natürlich an der Wasserfarbe. Wir ankern in 10 bis 20 m Tiefe wo das Wasser tiefblau ist aber trotzdem so klar dass man den Grund und all die Fische sehen kann. Näher am Riff ist das Wasser flach und türkis. Total verrückt, mitten im Ozean zu ankern.

Eigentlich sind es 2 Riffe, eines im Süden und eines im Norden. Ich ankere gerade im Nord Riff. Die beiden Riffs erhielten ihren Namen vom Walfänger Minerva der 1829 am südlichen Riff strandete. Auch das nördliche Riff hat viele Wracks anzubieten, was Tauchen und Schnorcheln noch interessanter macht. Die politische und wirtschaftliche Zugehörigkeit der beiden Riffs ist aktuell stark umstritten. Tonga hatte Anspruch darauf erhoben und einen Leuchtturm auf dem Nordriff errichtet nachdem im Januar 1972 der amerikanische Grundstücksmakler und Millionär, Michael J. Oliver, auf einem der Riffe Sand aus Australien abladen ließ und anschließend die Unabhängigkeit der (nicht existierenden) Republik Minerva ausrufen lies. Eine Flagge wurde gehisst und eine eigene Währung, der Minerva-Dollar, ausgegeben. Im nächsten Monat erfuhr die Weltöffentlichkeit dass ein gewisser Morris C. Davis als Staatsoberhaupt und Regierungschef Minervas fungiere. Die aktuelle Staatsfläche gab man mit 0,0082 km² an und eine Stadt namens SeaCity für 30.000 Einwohner war in Planung. Das alles erscheint umso irrsinniger wenn man hier vor Ort im Nirgendwo ankert und sich fragt was eine Stadt auf einem Sandhaufen mitten im Meer für einen Sinn machen soll.

Der tonganische König Taufa ‘ahau Tupou IV entsandte Soldaten, ließ alle Baumaßnahmen stoppen, erklärte die beiden Riffs zu seinem Reich gehörend und gab ihnen den Namen Teleki Tonga und Teleki Tokelau. So heißen die Riffs in Tonga noch heute und werden im Seewetterbericht auch so benannt der in Englisch und Tongaisch auf Kanal 16 und 12 ausgestrahlt wird. Nach einigem Hin-und her erkannten die Mitglieder des Südpazifikforums schließlich die Ansprüche Tongas an und Mr. Oliver entließ seinen Präsidenten der Republik Minerva und es kehrte erstmal Ruhe ein. Zehn Jahre später annektierte eine Gruppe Amerikaner, unter ihnen der abgesetzte Staatschef Morris C.Davis, das aufgeschüttete Fleckchen Sand. König Tupou schickte erneut Soldaten die die Besetzer des Riffs verwiesen. Doch nun erkannte auch Fidschi die Bedeutung der beiden Riffs , besonders als Fanggrund und erhob Anspruch darauf. Denn auch Inselgruppen mit minimaler Fläche werden große Seegebiete sprich Wirtschaftszonen zugewiesen.

Aktuell liegen den Vereinten Nationen Anträge von Tonga, Fidschi und der Gruppe Fürstentum Minerva rund um einen Prinz Calvin mit der Bitte um Klärung der territorialen Ansprüche vor.

Hier im Riff ist von all dem Trubel um ein Stück Land das nie die Wasseroberfläche erreicht nichts zu spüren. Das Wasser ist einfach unglaublich blau, warm und klar und sogar der über 3 m große Tiger Hai der hier zusammen mit zahlreichen Schwarz- und Weißspitzenhaien zu Hause ist, ist friedlich.

Meine Nachbarn von der Alchemy II kommen herüber um mich zu begrüßen und mir mitzuteilen dass sie morgen früh 20 l Wasser bringen werden. Das ist super denn ich würde gerne endlich meine Haare waschen die inzwischen Spagetti all Olio gleichen.

Gegen Abend kommt David zurück mit 40 l Wasser, einem großen Topf mit wunderbar duftendem Chicken Curry und einer Flasche Rotwein. Fürs Abendessen und Gesellschaft ist gesorgt. Das Curry schmeckt fantastisch, der Wein auch und wir verplaudern fröhlich den Abend. Die Strapazen und Sorgen der letzten Tage sind wie weggeblasen. Und ich schlafe fantastisch in dieser Nacht – ohne Geschaukel.

Bereits um 07:00 morgens beginnen die ersten Funkgespräche und ich kriech aus dem Bett. Die Schiffe im Riff, die sich inzwischen den Namen „Minerva Reef Yachtclub“ gegeben haben um mit einander zu kommunizieren, beschließen einen Spaziergang auf dem Riff zu unternehmen. Eigentlich muss ich mich um die Carina und all die Reparaturen kümmern aber aufs Riff würde ich auch gerne mitgehen. Da ich kein Beiboot draußen habe funke ich zurück ob mich jemand mitnimmt und so kommen 15 Minuten später Matt und Sally von der Alchemy II vorbei um mich einzusammeln. Der Frühstückskaffee den ich gerade trinken wollte bleibt stehen und wird kalt, denn das Riff wartet nicht. Es ist nur möglich bei Niedrigwasser dort rum zu spazieren.

Auf dem Riff hat sich bereits eine Gruppe von 12 Seglern und 2 Kindern eingefunden und sieht sich zum ersten Mal von Angesicht zu Angesicht. Die letzten 5 Tage die sie nun schon im Riff sind haben sie sich zwar schon oft über Funk unterhalten aber nie gesehen denn bisher war das Wetter viel zu rau um das Schiff zu verlassen. Heute ist es endlich ruhig und sonnig. Gemeinsam wandern wir, teilweise bis zu den Knien im Wasser watend, übers Riff. Korallen, kleine Fische, große Muscheln sind nur wenige Zentimeter unter der Wasseroberfläche zu bewundern und dann stehen wir an der Außenkante des Riffs das dort mehrere 100 m steil abfällt. Direkt vor unseren Füssen brechen sich die Wellen des großen weiten Ozeans. Ein irres Gefühl mitten im Ozean spazieren zu gehen. Nur vereinzelt schauen ein paar Felsbrocken aus dem Wasser. Das Wasser innerhalb des Riffs ist glasklar von unsichtbar über türkis bis zu dunkelblau, je nach Wassertiefe. Es sieht aus als würden die Kajaks und Beiboote mit denen wir zum Riff gekommen sind in der Luft schweben so klar ist das Wasser.

Ich lerne die anderen Segler kennen. Darunter auch Susann und Hans Peter von der Mi Corazon, dem Katamaran um den ich mich bei der Ausfahrt aus der Bay of Islands gesorgt hatte und die ich gefragt hatte ob alles ok sei. Sie sind aus der Schweiz und hatten mir als ich neben ihnen vorbeifuhr in Deutsch geantwortet. Deshalb hab ich auch nichts verstanden, denn ich hatte eine Antwort in Englisch erwartet.

Zurück auf der Carina hab ich nun genug Wasser um mir endlich meine Haare zu waschen und zu duschen. Da wir so weit von einander entfernt ankern dass man sich gar nicht erkennen kann zieh ich mich nackig aus um im Cockpit zu duschen. Meinen Kopf stecke ich erst mal in einen Eimer voller Wasser um meine Haare einzuweichen. Während ich so nackig, kopfüber mit den Haaren im Eimer, im Cockpit knie kommt ein Beiboot angerauscht. David, oh, schnell den Kopf aus dem Eimer, ein Handtuch um den Leib gewickelt und so sitzen wir nun im sonnigen Cockpit auf einen Plausch.

David ist wieder weg, aus Spagetti all Olio sind wieder seidige Haare geworden und meine Reffleine habe ich auch repariert. Am Abend spiele ich mit den anderen Schiffen Trivial über Funk.

Am nächsten Morgen wird der Kaffee wieder kalt, denn wieder werde ich spontan abgeholt zu einem Ausflug aufs Riff. David und die Jungs von Bonnair schnorcheln und entdecken einen Baby-Hai während ich übers Riff wandere. Gerne hätte ich auch geschnorchelt, aber ich wollte meine frisch gewaschenen Haare nicht schon wieder voll Salz haben solange ich nicht genug Wasser habe sie erneut zu waschen. Auf diese Aussage hin kommt Emily mit einem 20 l Kanister Frischwasser vorbei und auch Gabber spendet noch 20 l. Jetzt ist mein Tank wieder voll und ich muss mir keine Sorgen mehr machen. Das reicht nun locker um nach Tonga zu kommen.

Als ich am Nachmittag noch meine letzten Check´s auf Deck mache für die morgige Weiterreise nach Tonga stelle ich mit Entsetzen fest, dass der Baum aus dem Lümmelbeschlag (= das Gelenk mit dem der Baum mit dem Mast verbunden ist) gerutscht war und nur noch mit ein paar Millimetern an der Kante hängt. Viel fehlt nicht und er fällt einfach vom Mast auf Deck. Puuhhh, da hab ich aber Riesen Glück gehabt dass das noch bis hier her gehalten hat. Ich rufe David um Hilfe um den Baum wieder in den Beschlag zu montieren und alles wieder zu befestigen. Keine große Sache, nur einhändig halt nicht möglich. Schnell ist alles wieder so wie es sein soll. Wie gut dass man Freunde hat.

Der letzte Abend im Minerva Riff beschert uns den schönsten und längsten Sonnenuntergang den ich je im Pazifik erlebt habe. Der mühsame Weg hier her war es wirklich wert. Die Zeit im Riff war eine ganz Besondere, einmal wegen der Schönheit und Einzigartigkeit des Riffs selbst und zweitens wegen der besonderen Gemeinschaft zu der das Wetter und das Riff uns Segler hier zusammengeschweißt hat. Ich hätte es nicht missen wollen.

 

Wieder auf Tour

Nach 2 arbeitsreichen aber wunderschönen Tagen im Riff mach ich mich Donnerstag mittag wieder auf den Weg. Zurück bleiben nur noch 3 Schiffe, alle anderen sind bereits gestern und heute nach Fiji und Tonga aufgebrochen. Der Sturm ist längst vorbei, das Meer hat sich wieder beruhigt und eine frische Brise bringt mich zur Ausfahrt aus dem Riff. Das Licht ist gut und ich kann das Riff gut erkennen. Ca 50 m breit und 15 m tief ist die Durchfahrt. Wenige Meter nachdem ich die Durchfahrt passiert habe zeigt mein Tiefenmesser nichts mehr an – 0 m- oh Schreck, ist der jetzt auch kaputt? Das wär ganz schlecht denn alle Tonga Inseln sind gespickt mit Riffs und Korallenköpfen und ein Tiefenmesser ist unerlässlich. Schnell ein Blick auf die Seekarte - Erleichterung - das Riff fällt wenige Meter nach seiner sichtbaren Kante auf 300 m ab und solche Tiefen kann kein Tiefenmesser mehr erfassen. Also alles gut und ich nehme Kurs auf Tonga.

Die weitere Überfahrt wird sehr ruhig und langsam, denn der Wind wird ständig weniger und wir machen gerade noch 2 bis 3 Knoten Fahrt unter vollen Segeln. Jetzt kann ich ja wieder all meine Segel einsetzen – Gott sei Dank. Ich habe keine Eile. Nach Tonga sind es nur noch knapp 300 Meilen. Das ergäbe eine Ankunft am Sonntag und da tun die Behörden nichts. Das heißt man würde mich nicht einklarieren, ich dürfte das Schiff nicht verlassen und müsste ohnehin auf Montag warten. Und deshalb drifte ich nun langsam Sonntagnacht auf Tonga zu um am Morgen die Einfahrt ins Riff der Inselgruppe Tongatapu zu nehmen.

 

Tonga – endlich

Montagmorgen. Aus den 1070 Meilen und 2 Wochen von NZ nach Tonga sind 1427 Meilen und 3 Wochen geworden (hab ich der gebrochenen Reffleine und dem Sturm zu verdanken) aber jetzt habe ich gerade die Riffeinfahrt nach Tongatapu hinter mir, die kleine palmenbestandene Insel Atata gerundet und es ist Zeit mich bei der Hafenbehörde und dem Zoll anzumelden.

Ich funke Nuku‘alofa PortControl an, bekomme aber keine Antwort. Stattdessen funkt die Yacht Alchemy II zurück – meine Nachbarn aus dem Minerva Reef - sie ankern in Pangiamotu. Sie teilen mir mit, heute ist Feiertag und somit keine Möglichkeit einzuklarieren. Ich quere durch die Riffs drehe eine Runde durch den kleinen Faua Harbour in dem man einklarieren muss und stelle fest dass ich dort mit der kleinen Carina nirgendwo festmachen kann. Der Zoll-Pontoon ist eine hohe schräge Mauer an der ich festmachen müsste. Da komm ich nicht rauf um die Leinen an die Poller zu bringen und ich könnte auch vom Schiff aus nicht auf die hohe Mauer klettern. Auf der gegenüberliegenden Seite liegen einige Yachten  - römisch-katholisch - oder wie man hier sagt „Mediterranean Style“ festgemacht. Das heißt Anker werfen, dann rückwärts an den Wellenbrecher um dann mindestens 20 m lange Leinen per Beiboot an Land zu bringen und dort festzumachen. Auch unmöglich für mich alleine. Bin ja gespannt wie das morgen wird. Also erst mal rüber nach Pangiamotu und dort ankern.

Pangiamotu Island: 5 Yachten liegen bereits vor Anker- 3 davon kenne ich aus der Zeit im Minerva Reef. 3 haben noch die gelbe Quarantäneflagge oben, das heißt sie müssen auch noch einklarieren. Ich klare das Schiff auf und genieße erst mal den Blick auf die kleine von gelbem Sand gesäumte palmenbestandene Insel Pangiamotu, die Wracks die der letzte Wirbelsturm aufs Riff geworfen hat und das Riff hinter mir. Vor mir ankert die schicke Rennyacht NV die mir behilflich war in Minerva einzulaufen. Ein Katamaran mit jeder Mange Flaggen unter der Saling ankert neben mir. Einer der Besatzung paddelt auf einem SUP herüber. Eifrig erzählt er mir dass gleich noch viel mehr Yachten hier ankommen werden. Oh je, die Ralley-Boote kommen. Da wird es ja ordentlich voll – 37 Schiffe werden erwartet und alle wollen sie hier auf diesem kleinen Ankerplatz. Und morgen bräuchte ich sowieso nicht zum Einklarieren gehen, erklärt er mir denn die Beamten würden hier rüber kommen um all die Ralley Boote einzuklarieren. Ich spekuliere ob ich dann eventuell auch hier einklarieren könnte? Das wär einfach.

Ein Beiboot kommt angerauscht – Matt von der Alchemy II. Ob ich Lust hätte auf einen Drink drüben bei „Big Mama’s“. Das wär jetzt cool, aber ich hab doch noch nicht einklariert und solange darf man das Schiff ja nicht verlassen und außerdem hab ich noch keine Pa’anga, also kein Tonga Geld. Macht nichts - ich bin eingeladen und hier drüben kümmert sich keiner drum ob einklariert oder nicht - überhaupt nehme man das hier in Tonga nicht so genau - und schon bin ich überredet und steig ins Beiboot. Wir holen noch Sally ab und motoren zu „Big Mama‘s“. Am kleinen Holzsteg macht gerade die winzige  Fähre fest die zwischen Nuku’alofa und Pangiamotu hin und her fährt. Freundliche Gesichter, farbenfrohe Menschen, Hallos, Lächeln, Winken, erste Kontakte mit den Tonganern. Die Fähre legt ab, wir gehen über den Steg zum Strand. Unter den Palmen hängen Hängematten, stehen Tische und Bänke unter dem großen Dach befinden sich weitere Tische und die Bar. Das ist „Big Mama’s“. Matt und Sally spendieren mir ein Glas Wein. Weiter drüben sitzt eine Gruppe junger Tonganer - sie singen. Ich mag die Polynesische Musik, sie hat einen Hauch Karibik nur etwas wehmütiger. Die Sonne geht allmählich unter und meine Stimmung ist so richtig relaxt – ich fühle ich bin ANGEKOMMEN - in Tonga.

Wir sehen weitere Schiffe kommen - Ponyo und hören das auch Mi Corazon auf dem Weg zum Ankerplatz ist, nun sind wir schon zu sechst vom Minerva Yacht Club, wie wir uns, in Minerva Gestrandete, genannt haben.

Zurück auf der Carina falle ich bereits um 0800 ins Bett. Die letzte Nacht war etwas kurz bei der Ansteuerung auf Tongatapu.

 

Wenn man wüßte wie‘s geht wär es ganz einfach – Einklarieren in Tonga

Ach hab ich gut geschlafen, nach fast 3 Wochen auf der schmalen Salonbank endlich wieder in meinem Bett in der Vorkabine. Draußen Sonnenschein und der Ankerplatz füllt sich. Mindesten 15 Schiffe sind seit gestern spätnachmittag angekommen - es wird voll hier. Außer den Ralley-Booten sind inzwischen 7 Schiffe hier vor Anker die alle noch einklarieren müssen und einer nach dem anderen macht sich auf den Weg zum Hafen von Nuku‘alofa zum Einklarieren.  Ich rufe Port-Control auf CH 14 und hoffe dass ich hier drüben einklarieren kann oder zumindest in Nukualofa vor dem Hafen ankern kann und alles per Beiboot erledigen darf. Der Hafenmeister ist sehr nett und verständnisvoll und verspricht beim Customs nachzufragen.

1 Std später frag ich wieder nach. Nein, leider, ich müsse nach Nukualofa in den Faua Harbour kommen. Hilft wohl nichts, Anker auf und rüber. 4 von den Schiffen die einklarieren müssen ankern vor dem Hafen. Das mach ich auch - ruf wieder PortControl und der Hafenmeister meint das wär ok, ich solle mit dem Dinghy rüberkommen und da wär dann schon jemand mit dem ich einklarieren könne. Gesagt getan – ich sehe auch die Beiboote der anderen aber keine Leute.  Ich klettere die hohe Mauer hinauf. Nichts sieht hier aus wie ein offizielles Gebäude. Im Schatten unter Wellblechdächern sitzen einige Einheimische, daneben liegt der Fischmarkt auf dem die Fischer ihren Fang verkaufen -Snapper, farbenprächtige Papageienfische und andere wunderschöne bunte Fische die ich vom Schnorcheln kenne aber nie dachte dass sie essbar sind. Ein Tonganer fragt ob man mein Beiboot mieten könne. Er weiß leider auch nicht wo hier das Zoll Büro oder der Hafenmeister sei. Ein anderer Tonganer schickt mich in die richtige Richtung. Nach 10 Min Fußmarsch erreiche ich das offizielle Gebäude der Nuku‘alofa PortControl. Nein, der Zoll wäre nicht hier sagt der Tonganer der vor dem Gebäude auf einer Bank im Schatten sitzt- der wäre da drüben im neuen Gebäude. Drüben im neuen „Zoll“-Gebäude erklärt man mir der Zoll wäre nicht hier – die seien auf der anderen Seite in dem grünen Gebäude. Also weiter. Das grüne Gebäude ist eher eine Lagerhalle aber ich frage trotzdem. Nein – hier ist kein Zoll Büro – das wäre da drüben – also da wo ich gerade herkomme. Aber die haben mich doch gerade hier her geschickt. Er fragt seine Kollegen. Ah ja, das Zoll Büro ist auf der Rückseite ihres Gebäudes – oh Mann hier kennt sich wohl gar keiner aus. Ich laufe durch ein Labyrinth von Containern und stehe vor einem winzigen Anbau. Davor sitzen eine paar Leute auf Kisten. Matratzen und alles Mögliche Zeug ist hier gestapelt und wird durchsucht. Ich trau mich schon gar nicht mehr fragen und umso mehr erstaunt bin ich als ich als Antwort ein „Ja, das ist hier“ bekomme und sie deuten auf den winzigen Anbau.

Vorsichtig klopfe ich und streck den Kopf in die Tür – Komm rein – hör ich hinter einem Schreibtisch einen mächtigen Herrn rufen. Ist das hier zum Einklarieren für Yachten? Ja, ich muss nur schnell ein Formular ausdrucken sagt er und ich meine “Nur keine Eile- ich habe Zeit“. Das freut ihn, denn Tonganer hassen Stress und sind unendlich geduldig – oder wie wir das nennen würden - todlangsam.

Während ich die mir überreichten Formulare ausfülle kommt ein Paar herein die eindeutig wie Fahrtensegler aussehen. Und während der Beamte meine Papiere prüft und den Ausweis stempelt unterhalte ich mich mit den Beiden. Sie sind hier um auszuklarieren und weiter auf die nördlichen Inseln zu segeln. Ich bekomme ein Visa für 90 Tage, meinen Ausweis und kann gehen. Ist das alles? Muss ich sonst noch wo hin? Gesundheitsamt? Quarantäne? Gebühren bezahlen? Nein alles erledigt! Sonderbar – haben mir doch Matt und Sally erzählt sie mussten 100 Pa’angapro Person für Gesundheitsamt und 30 für Quarantäne bezahlen. Bin ich noch gut davon gekommen? Irgendwie ist das sonderbar. Gemeinsam mit den anderen Beiden verlasse ich das Büro. Wir sind auf dem Weg zum Bäcker und ich äußere meine Zweifel dass ich nun fertig einklariert bin. Die Beiden sind sich sicher dass der Hafenmeister nicht der Hellste sei und der Zollbeamte keine Ahnung hat da der Zoll normalerweise die letzte Station ist zu der man geht und deshalb aus seiner Sicht nichts mehr zu tun ist. Ich wäre nach wie vor illegal hier und müsse das Boot in den Hafen bringen um alles korrekt fertig zu machen und dürfte eigentlich gar nicht hier sein. Aber wo und wie ich nun zu den erforderlichen Papieren komme und wo ich diese Beamten finden würde können sie mir auch nicht sagen. Während ich grüble kommt uns die Familie von der Ponyo entgegen, ebenfalls auf der Suche nach den Behörden zum Einklarieren. Auch sie haben keine Ahnung und wandern nun ebenfalls zum Zoll Büro. Ich beschließe auf das so ersehnte Brot zu verzichten, lass die Beiden alleine weiter zum Bäcker gehen und marschiere in das Büro der Port Authority. Die Dame am Schalter der ich erkläre dass ich einklarieren müsse und wissen wolle wo ich die Beamten der Gesundheitsbehörde und Quarantäne finde kramt in einem Ordner händigt mir ein Formular zum Ausfüllen und will anschließend 70 Pa‘anga von mir. Wofür? Die Hafengebühr! Aber ich bin doch noch nicht mal einklariert und weiß noch gar nicht wie lange ich bleibe. Hafengebühr bezahlt man doch wenn man abreist. Ach so, sie nimmt das Formular zurück. Dann weiß sie auch nicht was ich tun muss. Ich solle in das Gebäude neben an zum Hafenmeister gehen.

Das Gebäude sieht aus als sei es seit Jahren verlassen. Auf mein Rufen erscheint ein Herr und bringt man mich direkt zum Big Boss. Der meint „Carina“ käme ihm so bekannt vor. Ach ja, wir hatten ja heute morgen bereits mehrfach über Funk Kontakt. Er ist ein sehr netter und wieder mächtig großer und dicker Herr. Unser Gespräch, nach viel hin und her endet damit dass ich das Schiff in den Hafen bringen muss. Der große Katamaran der den Steg blockiert würde um 1300 wegfahren und einer seiner Mitarbeiter wäre an der Mauer um mir mit den Leinen zu helfen.
Resigniert mach ich mich auf den Rückweg. Es ist Mittag und ich habe Hunger. Gerne würde ich mir an den Ständen ringsherum frisches Obst kaufen, aber ich darf ja noch keinerlei frisches Obst oder Gemüse an Bord haben bevor die Quarantäne Beamten da waren. An einem Stand wird Pommes und Fisch und Hühnchen angeboten - danach ist mir jetzt. Leider sie sind gerade ausverkauft, aber sie hätten noch Chicken Sandwich. Na dann halt so eines. Das war richtig gut. Frisch gebratenes Huhn, noch warm in einem großen Baguette mit viel frischem Salat für 1,80 Euro. Gut satt kehre ich zurück zu meinem Beiboot das jetzt ganz schön tief unten liegt. Das Wasser ist gefallen in der Zwischenzeit. Ich kann nicht mehr einfach hineinklettern ich muss von der Mauer 2 m herunter ins Boot springen. Uff, gut gegangen, nicht ins Wasser gefallen und jetzt wieder raus zur Carina.

Fender und Leinen richten, Solarzellen wegklappen, fast fertig um den Anker aufzuholen und in den Hafen zu fahren, da sehe ich die Beiboote von Ponyo und Mi Corazon aus dem Hafen kommen, jeder einen Beamten im Boot und zu ihren Schiffen zurück fahren. Oh, wie haben die das geschafft! Ich will auch dass die Beamten zu mir aufs Schiff raus kommen! Sie gehen zuerst zu Ponyo. Also funke ich Mi Corazon an ob sie die Beamten anschließend auch zu mir schicken könnten. 30 Min später erscheint Hans-Peter mit dem Beiboot und lädt 2 Beamte bei mir ab und 2 große Mülltüten. Die Mülltüten werden in mein Beiboot geladen und die Beamten klettern an Bord. Einer macht es sich gleich im Salon bequem während der andere im Cockpit bleiben will – unten wäre es zu heiß meint er. Ich glaub eher es war ihm einfach zu eng da unten. Die Tonganer sind wirklich ganz schöne Brocken von Kerlen. Gleichzeitig stellen sie ihre Fragen füllen ihre Formulare, staunen dass ich ganz alleine bis hier her gesegelt bin und interessieren sich wie das Leben an Bord so ist und was mein Schiff wohl koste. Der Gesundheitsbeamte will 200 Pa‘anga. Wieso 200? Ich habe gehört es kostet 100 pro Person, ich bin doch alleine. Ja, 100 kostet es wenn ich in den Hafen komme, wenn sie raus aufs Schiff kommen ist das „Offshore Gebühr“ und das wäre eben 200 Pa‘anga (also 75 Euro).  Hilft wohl nichts aber ich zahl das gerne, das ist mir der Service wert, denn ich glaube nicht dass ich es geschafft hätte das Schiff ohne Schäden in den Hafen an die Mauer und wieder hinauszubekommen. Der Quarantäne Beamte will 20 Pa‘anga für den Müll. Er lächelt und meint da gäbe es keine extra Offshore Gebühr. Dann stehen wir alle 3 wieder im Cockpit und ich mach ihnen klar dass ich immer nur einen von ihnen im Beiboot transportieren kann (die sind einfach zu schwer) und einer hier warten müsse. Sie sehen dass noch 2 Schiffe mit Quarantäneflagge hier ankern und bitten mich die anzufunken ob sie dort auch hinsollen. Das neuseeländische Schiff antwortet mir nicht aber der Franzose. Leider ist sein Englisch so schlecht wie mein Französisch und irgendwie ist das was wir da besprechen nur wirres Zeug. Wir beschließen dass ich die Beamten und den Müll (inzwischen 3 Tüten - mit meiner) einfach bei ihm ablade.

Die Beamten sind es nicht gewohnt von so kleinen wackeligen Beibooten aus auf Segelyachten zu klettern und dementsprechend hektisch verläuft das Ganze auch. Dabei landet der Ellbogen des Quarantänebeamten mit voller Wucht in meinem Gesicht - au das tut weh – aber Glück gehabt. Ein paar Zentimeter höher und das wäre ins Auge gegangen.

Der Franzose freut sich über die Besucher denn er braucht sie auch. Da er aber nur ein Ruderboot hat dürfte es schwierig werden die Beamten von diesem Schiff wieder wegzubekommen. Also werde ich beauftragt beim Neuseeländischen Schiff vorbeizufahren um ihnen mitzuteilen dass sie die Beamten bei ihm abholen sollen und auf ihr Schiff zum Einklarieren holen sollen. Ja das machen sie gerne. Wir plaudern noch ein wenig und ich sehe sie sind zu viert an Bord. Ich warne sie noch vor den doppelten Gebühren für den Gesundheitsbeamten die sich sparen könnten wenn sie in den Hafen gehen.

Sie holen die Beamten ab, fahren in den Hafen, legen dort an, erledigen die Formalitäten dort, zahlen nur den einfachen Preis und warten nun bis der Zoll wieder aufmacht, denn die Zollbeamten sind nach Pangiamotu hinüber gefahren um all die Ralley-Boote einzuklarieren.

Nachdem ich nun offiziell einklariert bin mach ich mich mit dem Beiboot auf den Weg in den Hafen um einzukaufen. Inzwischen ist das Wasser soweit gefallen dass es unmöglich ist vom Beiboot auf die hohe Hafenmauer zu klettern. Ich klettere auf ein anderes Schiff, von diesem auf einen großen Lastwagenreifen der an der Mauer als Fender hängt und von dort auf die Mauer.

Und nun in der anderen Richtung unterwegs sehe ich auch die kleine Hütte mit dem Schild Yacht-Clearance und im Fenster eine Tel Nr falls grad niemand da ist. Ich bin heute morgen 10 Schritte daran vorbeigelaufen. Da hätte ich mir einen halben Tag Rennerei, viel Verwirrung und Aufregung sparen können.

Die Verkaufsstände an den Straßen habe schöne Melonen, Ananas, Bananen, mhhh, aber das kaufe ich besser auf dem Rückweg, sonst muss ich so schwer tragen. 100 m vom Hafen entfernt treffe ich die beiden Holländer aus dem Zollbüro wieder. Ein kleiner Plausch sie steigen in ein Taxi und ich wandere weiter Richtung Stadtzentrum. 10 Minuten später laufe ich Rüzz über den Weg, der mir in Minerva mit Wasser ausgeholfen hat und auch heute einklariert hat. Gemeinsam gehen wir in die Stadt, finden ein Digicell Büro kaufen uns eine SimCard fürs Smartphone um Internet zu haben. Während wir das einrichten kommen Susann und Hans-Peter von der Mi Corazon herein, ebenfalls um eine SimCard zu kaufen. Ich finde den Gemüsemarkt der gerade am Schließen ist, bekomme noch ein wenig Salat und will noch ein bisschen vom Zentrum sehen bevor ich zurück aufs Boot gehe. Inzwischen haben mich Hans-Peter und Susann wieder erreicht und wir enden in einem Café auf ein Bier. Auf dem Rückweg kommen wir beim Bäcker vorbei der erstaunlicherweise noch aufhat und nochmal frisch gebacken hat. Lange Menschenschlangen im Laden. Ich reih mich ein – die Aussicht auf frisches Brot ist unwiderstehlich. Es dämmert bereits – ich habe kein Ankerlicht an der Carina an und auch keine Taschenlampe dabei – wollte ja nur kurz was einkaufen …

Die Festmacheleine des Beiboots hat sich mit dem inzwischen wieder gestiegenen Wasser unterm großen Außenbordmotor des Schiffes vor mir verhakt. Es wird eine große Aktion das frei zu bekommen ohne Tauchen zu müssen. Endlich geschafft – jetzt es ist dunkel und die Hafenausfahrt sowie die Carina außerhalb sind mehr zu erahnen als zu sehen.

Gefunden – Gott sei Dank – stockfinster – aber  zurück auf der Carina. Was für ein Tag. Aber jetzt ist es erst mal geschafft. Alle Behörden erledigt, legal in Tonga. Und viele alte Freunde getroffen. Das Brot  schmeckt fantastisch und ich bin froh hier zu sein.

ENDLICH  IN TONGA.

 

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