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Carina's Logbuch

Happy Samoa – September 2019

 

Apia – Hauptstadt Samoa‘s

Frohgemut wandere ich durch die Straßen von Apia, Samoas einziger Stadt mit ca 60.000 Einwohnern. Die restlichen 140.000 Einwohner Samoas leben in Dörfern die über die beiden Hauptinseln Upolu und Savai‘i verstreut liegen. Es scheint, nichts hat sich verändert seit ich letztes Jahr im August hier war. Die bunten hölzernen Busse tuckern immer noch durch die Straßen, der blinde Musiker sitzt immer noch im Schatten des ehemaligen Hamburger Handelshauses Godeffroy & Sohn (jetzt chinesisches Handelshaus) und singt begleitet von seiner Gitarre dieselben Lieder. An der neuen Brücke wird immer noch gebaut. Es scheint dass nichts voran ging seit letztem Jahr. Wundert mich auch nicht wenn ich ihnen so zuschaue. Die Arbeitsgruppen bestehen meist aus ca. 5 Personen von denen einer zu arbeiten scheint, ein weiterer Handlanger ist und der Rest herumsteht und zuschaut.

Die ca. 800 m lange Uferpromenade ist auf einer Seite gesäumt von 5 Kirchen (die Samoaner sind sehr gläubig und zum Christentum bekehrt) ein paar Läden und einigen Restaurants und dem berühmten Aggie Greys Hotel (jetzt Sheraton). Auf der anderen Seite stehen schöne alte Bäumen in deren Schatten der Weg in die Stadt führt. Dort treibt sich auch immer noch der Schlawiner rum der sich als der Beamte ausgibt der uns einklariert hat und Unterschriften sammelt für eine nicht bestehende Footballmanschaft und anschließend Geld dafür will.  Letztes Jahr bin ich auf ihn reingefallen, wie alle Segler, aber diesmal entkomme ich ihm, erstens weil ich ihn schon weitem  wiedererkenne und zweitens weil grad ein Wolkenbruch niedergeht vor dem ich in die Kirche flüchte – da darf er nicht J

Im Zentrum findet man eine interessante Mischung aus modernen mehrstöckigen Betonklötzen in denen sich Banken, Reisebüros, Behörden und alle Arten von Geschäften befinden. Und es gibt „Richtige Supermärkte“ mit bedeutend besserer Auswahl und „beleuchtet“ im Gegensatz zu Tonga wo man in den kleinen Chinesen-Supermärkten mangels Strom im Dunklen eingekauft hat. Als Kontrast befinden sich direkt daneben der ganz schlichte Fischmarkt, der Flohmarkt und der Busbahnhof mit den bunten hölzernen Bussen an denenen ständig geschäftiges Treiben herrscht. Unweit davon befindet ich das Culture Village, ein kleiner Park in dem „Fales“, die für Samoa typischen offenen Häuser nur aus Pfosten und Dach bestehend, für jedermann kostenlos zugänglich sind. Hier kann man zusehen wie Tatoos noch in die Haut gehämmert werden, wie ein Erdofen angelegt und darin gekocht wird und wie aus der Rinde eines dünnen Astes der Pandanuss Palme ein Stück Stoff (ein Tapa) entsteht. Die traditionellen Muster darauf werden mit Farbe bemalt oder bedruckt die aus der Frucht der Pandanuss gewonnen wird. Dahinter erhebt sich das 5-stöckige, mit einer kupfernen Kuppel gekrönte, Immigration Gebäude und überblickt den Hafen und den Ankerplatz.

Kleidung der Menschen in den Straßen ist genauso bunt gemischt. Ein Großteil der Männer trägt Röcke oder wie es hier heißt „Lavalava’s“ eine Art Pareo. Das ist immer noch die offizielle Kleidung von Polizei und Behörden, wird aber auch gerne in der Freizeit von Männern getragen. Die Frauen tragen lange schmale Röcke und darüber eine Bluse die fast bis zu den Knien reicht. Alles maßgeschneidert, sehr figurbetont und in traditionellen Mustern, farblich harmonisch auf den einfarbigen Rock abgestimmt. Dazwischen sieht man auch Männer in Shorts und T-Shirt, Frauen mit Lavalavas aber auch Leggings und T-Shirts. Ich mag diese Mischung aus Tradition und Moderne in Apia und besonders die so freundlichen offenen Samoaner. Es war die Beste Entscheidung dieses Jahres noch einmal nach Samoa zu kommen.

 

Die Marina

So, nun hab ich einklariert, einen Stempel im Ausweis der mir erlaubt 90 Tage in Samoa zu bleiben, frisches Obst, Gemüse und Brot im Rucksack und jetzt bin ich mal gespannt wie ich wieder zu meinem Beiboot und zurück auf die Carina komme.

Die Carina ankert im Apia Harbour und das Beiboot liegt am Dhingydock in der Marina. Das ist der einzig akzeptable Platz in ganz Apia um an Land zu kommen und das Beiboot in Sicherheit zu wissen. Nicht dass man in Apia Angst haben müsste es würde gestohlen, aber die Ufer sind mit Riffs und großen Steinbrocken der Wellenbrecher gespickt und am einzigen kleinen schwarzen Sandstrand neben der neuen Brücke fahren die Baumaschinen auf und ab. Also lassen wir die Beiboote lieber am komfortablen Schwimmsteg in der mit einem Gate verschlossenen Marina. Und dieses Gate verursacht mir nun etwas Kopfzerbrechen – ich habe nämlich noch keinen Schlüssel.

Diese Marina ist ohnehin etwas „anders“. Es gibt zwar „einen“ passablen Schwimmsteg mit Fingern, Wasser, Strom und „eine“ Dusche und ein Marinabüro. Um zum Büro zu kommen muss man erst mal aus der Marina rauskommen und das geht halt nicht ohne Schlüssel. Davon abgesehen muss man wissen wo das unscheinbare Büro ist, denn in der Marina oder am Gate gibt es keinerlei Hinweise. Hat man es dann nach langem Suchen und viel Fragen gut versteckt hinter dem Gamefishingclub und Lagerhallen ca 150 m von der Marina entfernt gefunden liest man im Fenster dass es unbesetzt ist und findet eine Tel.Nr und eine E-Mail Adresse. Direkt neben dem Büro befindet sich auch die Dusche, zu der man ebenfalls einen Schlüssel braucht.

Ich kenn das ja bereits vom letzten Jahr, aber da war das Gate stets offen und abends fand man Trevor, den Marinabetreiber, im GamefishingClub bei einem Bier. Diese Zeiten sind leider vorbei. Das Gate hat ein neues Schloss das immer zufällt. Trevor hat nun auch das Tauchzentrum übernommen und ist weder in der Marina noch im GamefishingClub mehr gegenwärtig. Seine Angestellte, Sharon, kommt angeblich nur morgens um 08:00 an den Marina Steg. Hat man sie verpasst … Pech gehabt. Vielleicht hat man aber auch Glück, so wie ich, und läuft Tai über den Weg. Tai ist ein Taxifahrer der, wenn er gerade keine Fahrt hat, vor und in der Marina rumlungert. Er ist der einzige Taxifahrer der einen Schlüssel und Zugang zur Marina hat und somit die besten Chancen die ankommenden Segler zu einer Inselrundfahrt oder Fahrten in die Stadt zu gewinnen. Als Gegenleistung hilft er ein wenig aus und verteilt Anmeldeformulare und Schlüssel. Ich hatte zwar das Glück ihn zu treffen aber das Pech das er gerade keinen Schlüssel hatte und Sharon nicht in die Marina kommen wollte. Wenigstens sperrte Tai für mich auf so dass ich in die Stadt gehen und meine Formalitäten und Einkäufe erledigen konnte. Und jetzt hab ich nochmal Glück und Tai ist wieder anwesend um mich wieder in die Marina hineinzulassen. Schlüssel hat er aber immer noch keinen für mich. Er zückt das Smartphone … und wenig später erklärt er mir ich solle um 17:00 wieder kommen, da käme Scharon mit dem Schlüssel.

Also rudere ich zurück zur Carina, verstaue meine Einkäufe, packe meine Duschutensilien und freue mich nun auf eine richtige Dusche und frisch gewaschene Haare. Die letzte richtige Dusche hatte ich vor 3 ½ Monaten in Neuseeland. In Tonga gab es gar keine Duschen aber auf der Carina dusche ich mit einer Art Gartenschlauch im Cockpit. Die letzten beiden Wochen hatte ich zudem Wasser sparen müssen (also nur Katzenwäsche) und hier hat es gerade 36° im Schatten – ich lechze nach einer Dusche.

Kurz vor 17:00 rudere ich zurück in die Marina und finde Tai auf einem Sportfischer Boot mit Tautua dem Fischer aber sehe keine Sharon. Die kommt heut nicht mehr, sagt Tai und Schlüssel habe er auch keinen. Morgen früh zwischen 08:00 und 09:00 würde sie kommen und einen Schlüssel bringen. Aber ich wollte doch duschen!!! Meine Haare kleben, ich bin verschwitzt und überhitzt. Ich muss wohl sehr erbärmlich geklungen und ausgesehen haben denn Tautua erbarmt sich meiner und leiht mir seine eigenen Schlüssel. Und dann lass ich das kühle Nass mindestens 20 Minuten über mich rieseln bis ich wieder auf Normaltemperaturen und blitzsauber bin. Ich bring die Schlüssel zu Tautua zurück und habe in ihm einen neuen Freund gefunden mit dem ich noch so manches Plauderstündchen am Dhingydock verbringen werde, denn direkt dort liegt sein Schiff.

Am nächsten Morgen treffe ich zwar wieder keine Sharon an, aber Tai ist eine treue Seele und er wartet auf mich mit einem Anmeldeformular und einem Schlüssel. Wie auch letztes Jahr kostet die Benutzung des Dinghydocks, der Dusche und endlos viel gutem chlorfreiem Wasser pro Woche 50 Tala (= 17 Euro). Ja, richtig „Tala!“ klingt wie der deutsche „Taler“ und erinnert mich daran dass Samoa einst eine deutsche Kolonie war, auch wenn die damalige Währung „Goldmark“ hieß.

 

Zum „Kava trinken“ auf dem Waka

Obwohl dieses Jahr bedeutend weniger Segelschiffe hier in Apia sind (nur 5 am Ankerplatz und 5 in der Marina) ist es doch sehr gesellig. Wir sind eine nette kleine Gemeinschaft aus Neuseeland, Holland, Schottland, Brasilien, England, Frankreich, Südafrika und „4“ Schiffe aus Deutschland. Jeder kennt jeden und auf dem Weg zur Marina hält man an dem einen oder anderen Schiff um ein wenig zu plaudern oder gemeinsame Pläne zu schmieden.

Draußen vor der langen Halbinsel, gut geschützt hinterm Riff, ankert wie auch letztes Jahr die Gualofa, ein traditionelles Waka, eines der 2-rümpfigen Flösse (ähnlich wie ein Katamaran) auf dem die polynesischen Vorfahren den Pazifik befuhren und die pazifische Inselwelt von Hawaii bis nach Neuseeland besiedelten. Und auf diesem Waka sind wir (Bill, Penny und ich) zum Kava trinken eingeladen. Als (nicht erwartete) Gegenleistung hatten wir beschlossen ein Potluck zu veranstalten. (Potluck = man guckt in seinen Pot (Topf) und mit etwas Luck (Glück) findet man darin etwas Essbares dass man mitbringt). Und so tuckern wir nun mit dem Beiboot, beladen mit Reis und Huhn von Penny und Erdäpfelkaas und Krautsalat von mir, hinaus zur Gualofa. Leider beginnt es gerade zu regnen und noch bevor wir unter das schützende Sonnensegel der Gualofa kriechen können sind wir bereits tropfnass. Aber bei Temperaturen von über 30 Grad ist man schnell wieder trocken.

Wir sind beeindruckt vom Waka. 2 Holzrümpfe, verbunden über eine hölzerne Plattform und ein sehr kleines Deckshaus. Auf dem Holzdeck ist eine Sonnenuhr und der südliche Sternenhimmel eingraviert und eine riesige Pinne, so groß dass es oft 2 Mann braucht um sie zu halten, wirft den Schatten auf diese Sonnenuhr. Die Gualofa ist Kulturerbe Samoas und 2 junge Samoaner leben auf ihr, hegen und pflegen sie, versuchen Gelder zur Instandhaltung aufzutreiben und segeln für eine kleine Gegenleistung Passagiere durch den Hafen.

Wir sitzen auf Holzkisten die an Deck befestigt sind und als Stauraum dienen, oder einfach auf dem Boden des schönen Holzdecks während der Regen aufs Sonnensegel prasselt. An den Ecken sind Eimer aufgestellt um das kostbare Wasser zu sammeln. Karl, der aussieht wie ein Inder, Samoaner ist und einen deutschen Namen hat (sein Urgroßvater war Deutscher) schüttet ein Päckchen Kavapulver in ein sauberes Tuch, bindet es zu und weicht dieses in einer Schüssel mit Wasser ein. Nach einigen Minuten gießt er es ab und füllt das nun fertige Getränk in eine traditionelle Kava Schale um. Diese Schalen sind aus Holz, handgeschnitzt, schön verziert und haben zahlreiche Füßchen. Karl schöpft mit einer schön polierten Kokosnusshälfte (dem traditionellen Kava-Trinkgefäß) ein wenig Kava aus der Schale und reicht sie nun herum. Das bräunliche Getränk sieht aus wie Abspülwasser und hat einen leichten Geschmack nach nassem Rindenmulch – naja, Kava ist ja auch eine Wurzel die kleingehackt oder pulverisiert und eingeweicht wird. Alle trinken aus derselben Schale und wenn sie ihre Runde gemacht hat wird wieder nachgefüllt. Das Kava hinterlässt eine pelzige betäubte Zunge, als hätte man beim Zahnarzt eine Spritze bekommen, und hat auch auf das Nervensystem eine berauschende Wirkung. Die pelzige Zunge ist nach der 2. Runde verschwunden und die berauschende Wirkung bleibt wohl Mangels Quantität zum Glück aus. Vielleicht lag es auch daran dass wir zwischendurch (gar nicht traditionell) unser Potluck verspeist haben.

Es ist erstaunlich wie die Waka‘s früher ihren Weg gefunden haben. Nur nach den Sternen navigierend, den Wolken und den Strömungen folgend wurden die polynesischen Inseln besiedelt. Und es war nicht immer der Zufall der sie auf die eine oder andere Insel brachte. Viele der Inseln (einschließlich Neuseeland) waren den Polynesiern bereits bekannt und wurden zielgerichtet angesteuert. In Neuseeland z.B. heißen die Volksstämme nach dem Waka mit dem ihre Vorfahren einst gekommen waren. Von Samoa weiß man dass es seit mindestens 3000 Jahren besiedelt ist und Handel, Vermählungen und Kriege mit dem benachbarten Tonga und Fidschi stattfanden. Und dazu segelte man auf diesen traditionellen Waka‘s zwischen den Inseln, Hunderte von Meilen übers offene Meer.

 

Wissenswertes über Samoa und ein bisschen Geschichte

Samoa liegt im Herzen des Pazifiks, knapp 200 Meilen nördlich von Tonga, 500 Meilen östlich von Fidschi und ca. 1300 Meilen westlich von Französisch Polynesiens Hauptinsel Tahiti. Die Samoaner sind ebenfalls Polynesier und vermutlich ist Samoa eine der ersten Inselgruppen des Westpazifiks die von Polynesiern besiedelt wurde. Die größten Inseln sind Savaiʻi (1708 km²) und Upolu (1118 km²) mit der Hauptstadt Apia. Sie sind vulkanischen Ursprungs und von schroffen, dicht bewachsenen Berghängen gekennzeichnet. Höchster Berg ist mit 1858 m der Vulkan Silisili auf Savaiʻi.

 

Der erste Europäer, der Samoa erreichte, war der Niederländer Jakob Roggeveen 1722. Aber erst durch die Missionare ab 1830 wurde die (vorübergehende) Vorherrschaft Europas über Samoa begründet. Die Samoaner wurden schnell christianisiert. Williams missionierte die Samoaner vom Glauben an die vielen Naturgötter von Sonne, Meer, Himmel zum Glauben an nur einen Gott. Dieser Missionar wird von den Samoanern sehr verehrt und nachdem er in Vanuatu getötet und aufgegessen wurde hatte man seine Gebeine nach Samoa zurückgeholt und in der großen Kathedrale beerdigt. Ein Denkmal an der Uferpromenade erinnert an ihn.

Da Samoa ein wichtiger Stützpunkt auf dem Seeweg vom Panamakanal nach China und Australien war, wurde es von Großbritannien, den Vereinigten Staaten und dem Deutschen Reich beansprucht. Der Konflikt verschärfte sich 1889. Ein Zyklon verhinderte einen Krieg zwischen den Großmächten, denn er versenkte alle Kriegsschiffe im Hafen von Apia (darunter die deutschen Schiffe, Adler, Olga und Eber und alle amerikanischen Schiffe) die obwohl sie vom kommenden Sturm wussten ihre Position nicht aufgegeben wollten. Alle Schiffe sanken und alle Seeleute fanden den Tod, nur das englische Schiff und seine Mannschaft blieb verschont da es rechtzeitig in tiefes Wasser hinausgesegelt war. Dies brachte die Großmächte an den Verhandlungstisch auf der Berliner Samoa Konferenz und man einigte sich auf ein Tri-Kondominium.

Da dies aber auch nicht so recht funktionierte wurde Samoa geteilt. Der östliche Teil (Insel Tutuila mit Hauptstadt PagoPago) wurde Amerika und der westliche Teil (Savaii und Upolu mit Hauptstadt Apia) wurde Deutschland zugesprochen während England mit anderen pazifischen Inseln entschädigt wurde.

Somit wurde Western Samoa zu Deutsch-Samoa und war von 1900 bis 1919 deutsche Kolonie. Zu dieser Zeit hatte Samoa 33.000 Einwohner.

Zu Beginn des Ersten Weltkriegs besetzte Neuseeland Westsamoa und erhielt es 1920 als Völkerbundmandat, 1946 als Treuhandgebiet.

Am 1. Januar 1962 wurde Westsamoa als erstes fremd beherrschtes Land Polynesiens wieder unabhängig. Der Staatsname wurde 1997 von Westsamoa zu Samoa geändert.

Samoa hat keine eigenen Streitkräfte. Neuseeland hat sich in dem Freundschaftsvertrag von 1962 verpflichtet, jedes Hilfeersuchen Samoas zu prüfen. Gegenwärtig hat Samoa keine internationalen Konflikte.

Seit der Kolonialzeit wird in Samoa Plantagenwirtschaft betrieben, Hauptexportprodukt vor 1914 war Kopra (Kokosnüsse zur Ölgewinnung). Die Landwirtschaft beschäftigt auch heute noch zwei Drittel aller Samoaner. Neben Kokospalmen werden insbesondere Bananen, Taro, Yams, Kaffee und Kakao angebaut.

Die Industrie besteht aus der Herstellung von Autoteilen, Holzverarbeitung zu Baumaterial sowie Zigarettenproduktion aus importiertem Tabak.  

Tourismus: etwa 90.000 Besucher pro Jahr, die meisten davon sind Auslandssamoaner aus Amerikanisch-Samoa, Neuseeland und Australien.

Die Wirtschaft wird stark von im Ausland arbeitenden Samoanern getragen die Devisen ins Land bringen. Neuseeländische Freunde berichten dass diese Samoaner genauso erbärmlich auf engstem Raum und sparsam leben wie unsere Gastarbeiter um fast das gesamte verdiente Geld nach Haus zu schicken. Das wird von der Familie und der Dorfgemeinschaft so erwartet. Das ganze Dorf besteht oft aus nur einer oder 2 Großfamilien.

Samoa bekommt beträchtliche Entwicklungshilfe, überwiegend aus Neuseeland, Australien, China und Japan. Natürlich nicht ohne Gegenleistung. So verlangt China z.B. große Fischgründe und es ist erschreckend zu sehen wie viele chinesische Fischer hier bereits die Meere leerfischen und wie die einheimische Fischerei zurückgeht. Den Begriff „nachhaltig“ scheinen die Chinesen nicht zu kennen, kein Fisch und ist er noch so klein kann ihnen entrinnen. Die Fischfangflotten bestehen aus Hunderten von Fischerbooten die feinmaschig das Meer systematisch abfischen. Ich musste das leider bereits mit eigenen Augen sehen, als ich von den Galapagos Inseln zu den Marquesas unterwegs war und 2 Tage und 2 Nächte durch eine chinesische Fischfangflotte gesegelt war. Bereits am ersten Tag hatte ich bei Schiff Nr. 200 zu zählen aufgehört. Die Fischer waren im Abstand von 500 m schachbrettartig aufgestellt und es war fast unmöglich zwischen den ausgelegten Netzen durchzukommen. Dieses Schicksal blüht nun allen polynesischen Inseln und ihren Fischgründen, denn die so notwendige Unterstützung ist schwer auszuschlagen.

In Samoa fährt man seit 2009 links um günstige Autos aus Neuseeland zu nutzen die die dortigen Familienangehörigen schicken. Da man bei der Umstellung auf Linksverkehr mehr Unfälle befürchtete wurde die Sperrstunde eingeführt und auf 22:00 festgelegt.

Ein Erdbeben am 29. September 2009 mit Epizentrum rund 200 Kilometer süd-südwestlich von Apia mit der Stärke 8,0  löste einen Tsunami aus. Große Teile der Südküste wurden überschwemmt, es entstanden schwere Sachschäden und mindestens 154 Personen starben. Der Tsunami-Warndienst im Südpazifik hatte eine Warnung über SMS herausgegeben, die Flutwelle war jedoch schon nach 15 Minuten aufgelaufen, so dass sich viele Menschen nicht mehr in Sicherheit bringen konnten.

Geografisch liegt Samoa östlich des 180. Längengrades (= Datumsgrenze) bei etwa 172°West. Samoa ist aber der Zeitzone UTC+13 zugeordnet, also westlich der Datumsgrenze. Das war jedoch nicht immer so.

Bis zum 4. Juli 1892 befand sich Samoa an der Westseite der Internationalen Datumsgrenze - obwohl seine geografische Position ja im Osten liegt. Der Grund dafür waren die engen Beziehungen zu Australien. Aber nach und nach gewann San Francisco an Bedeutung und pragmatisch entschieden sich die Behörden, sich auf die Ostseite zu verlegen, also dahin wo sie geografisch eigentlich hingehören. Dies konnte nur durch einen Doppeltag erreicht werden und so gab es in Samoa Montag den 4. Juli 1892 zweimal.

2011 kehrte Samoa zurück an die Westseite der Datumsgrenze, die es ursprünglich besetzt hatte um auf der Seite Neuseelands, ihres wichtigsten Nachbarn im Pazifik zu sein. Am Samstag den 29. Dezember 2011 um 12:00 sprang die Uhr auf 12:01 Montag den 31. Dezember. Den Sonntag 30. Dezember 2011 gibt es somit in Samoa nicht.

Amerikanisch Samoa dagegen, nur 70 Meilen entfernt, liegt weiterhin auf der östlichen Seite. Das stört aber niemand, denn die beiden Samoas wollen ohnehin nicht viel miteinander zu tun haben.

Heute gibt es in Samoa etwa 310 Dörfer, einschließlich der rund 45 Dörfer, die das zusammenhängende Stadtgebiet der Hauptstadt Apia bilden, der einzigen Stadt des Landes.

Jedes Dorf ist nach wie vor selbstständig, kann in internen Angelegenheiten frei entscheiden und tut dies auch. Es gibt weder eine zentrale Stadtverwaltung für Apia, noch Gemeindeverwaltungen der Dörfer oder ein Meldewesen. Jedes Dorf hat seinen eigenen Grundbesitz zu dem auch das angrenzende Meer gehört und es hat nach wie vor seinen Matai (Häuptling) der von der Dorfgemeinde gewählt wird, und der hat das Sagen. Wenn man als Segler in der Bucht vor dem Dorf ankern will muss man zum Matai gehen und um Erlaubnis fragen. Die bekommt man auch, genauso wie die Erlaubnis im Dorf herumzuwandern. Will man als Fremder einen Wasserfall besuchen oder an einem Strand baden gehen, wird man meist mit einer kleinen Nutzungsgebühr rechnen müssen die direkt dem Dorf zugutekommt.

Der Großteil der Häuser in den Dörfern sind „Fales“, (geschätzt 70 %) die traditionellen offenen Wohnhäuser der Samoaner nur aus einem Holz- oder Steinboden, Holzpfosten und einem Stroh-oder Wellblechdach bestehend. Es ist irgendwie befremdlich zu sehen wie die Menschen leben. Es gibt keinerlei Privatsphäre, denn die Häuser haben ja keine Wände. Möbel gibt es auch kaum. Eine Strohmatte aus Pandanuss auf dem Boden, als Schlaf- und Sitzplatz, ein Häufchen Kleidung in einer anderen Ecke. Eine Küche gibt es nicht, denn gekocht wird nach wie vor im Erdofen, einer Mulde hinterm Haus in der heiße Steine oder Kokosnusshälften glühen auf denen Fleisch und Gemüse abgedeckt mit Palm- und Bananenblättern langsam garen. Gelegentlich sieht man in den Häusern ein einzelnes Bett, oder ein paar Plastikgartenstühle, vielleicht sogar einen Tisch. Einige wenige Häuser haben inzwischen einen Teil mit Wänden verkleidet, aber auch dahinter befinden sich kaum Möbel. Eine eigenartige Mischung die so modern wirkenden Samoaner doch noch so traditionell und ursprünglich leben zu sehen.

 

Jeden Tag ist Waschtag

Ich hieve ein paar Kanister voller Wasser aus dem Beiboot an Deck. Das tu ich nun seit über einer Woche mindestens einmal täglich, halt so oft wie ich an Land fahre. Ich nutze die Gelegenheit hier ausreichend Wasser zu haben und wasche nun wieder mal meine gesamte an Bord befindliche Wäsche von Socke bis Jacke, von Waschlappen bis Bettlaken. Die letzten 3 Monate in Tonga waren so feucht dass alle Textilien im Schiff nun modrig muffeln und manche bereits Stockflecken bekommen haben. Und so ist nun jeden Tag Waschtag. Der Waschsalon den es noch letztes Jahr in Apia gab musste einem Auto Verleih weichen und so muss ich nun alles per Hand waschen. Jeden Abend weiche ich Wäsche in meinen beiden Eimern ein um sie am Morgen auszuwaschen und auf dem Schiff zum Trockenen aufzuhängen. Fröhlich flattern T-Schirts, Unterhosen und Pullover im Wind und es sieht aus als würde ich einen Waschsalon auf dem Schiff betreiben. Nach 2 Wochen ist es geschafft und alle Wäsche riecht wieder frisch. Ein paar wenige Teile, darunter mein Lieblingskleid, sind allerdings verdorben, die Stockflecken sind nicht mehr wegzukriegen. Schade.

 

Aufregende Zeiten

Gerade lese ich in den News von „noonsite“ (einer Seite für Segler über die ganze Welt) dass es vor Tonga einen Unterwasser-Vulkanausbruch gegeben hat und ein riesiges Asche- und Bimssteinfeld auf dem Meer treibt mit Brocken groß wie Fußbälle. Am Tag zuvor war ich wenige Meilen daran vorbeigesegelt. Da bin ich ja gerade noch rechtzeitig davongekommen.

Hier in Samoa haben wir aktuell weder Vulkane noch Tsunamis aber aufregend ist es auch hier. Hinter mir, unweit vom Riff ankert die Kiaola, ein wunderschönes Schiff aus Australien, das durch die Welt segelt und viele der weltberühmten Regatten (z.B. Sydney Hobart) gewinnt.

Seit Tagen ist es heiß und sonnig hier und nur eine leichte Brise kühlt ein wenig. Heute aber kommt plötzlich Wind auf und heftige Böen fegen kurzzeitig übers Ankerfeld. Kialos Anker slippt und sie treibt aufs Riff zu. Die Mannschaft ist nicht an Bord. Zum Glück haben die Samoaner auf dem großen Motorschiff nebenan das bemerkt, sind sofort in die Marina gedüst um die anderen Segler zu informieren. Thomas springt sofort in sein Beiboot und auch Bill am Ankerplatz macht sich auf den Weg um die Kiaola einzufangen. Gerhard ruft währenddessen über Funk Apia PortControl und bittet um deren Hilfe, die sich auch gleich auf den Weg machen. Gemeinsam schaffen sie es das Schiff per Beiboot vor der Strandung auf dem Riff zu bewahren und den Motor zu starten. Wenig später verankern sie das Schiff neu in sicherem Wasser weit weg vom Riff. Welch ein Schock für den Besitzer als er zurückkam. Dank der beherzten Helfer hat die Kiaola nur ein paar Kratzer und keine weiteren Schäden abbekommen.

 

Taxi? – Taxi?  - Nein danke

Auf dem Weg in die Stadt halten immer wieder Autos neben mir – Taxi? rufen die Fahrer. Nein danke, ich gehe zu Fuß!

Ich hab gleich eine Tour über die Insel, da kannst Du dich anschließen! Nein danke, ich gehe in die Kirche.  Oh, ach ja, und schon hab ich meine Ruhe denn es gibt kaum etwas das in Samoa so hoch respektiert wird wie die Kirche. Mir scheint ich habe einen neuen Trick entdeckt. Immer wenn ich irgendwelchen Anbietern entkommen möchte brauch ich eigentlich nur zu sagen dass ich gerade in die Kirche gehe und schon hab ich Ruhe. Aber heute ist das keine Ausrede und kein Trick – ich bin wirklich auf dem Weg in die Kirche.

 

Sonntag in Samoa

Es ist Sonntag und ich bin bereits früh morgens in die Marina gerudert, anständig gekleidet mit einem knielangen Kleid und einem Tuch um die Schultern. Ich bin auf dem Weg in die Kirche, nicht weil ich so gläubig bin, sondern weil ich Musik mag und Kirchen bieten die beste Möglichkeit den unglaublich schönen Stimmen und Gesängen der Polynesier zu lauschen.

Die Kirche, eine imposante Basilika, hell und luftig. Die Seiten bestehen aus lauter Toren die alle offen sind und durch die das Sonnenlicht die Kirche durchflutet und eine angenehme Brise weht die für Kühle sorgt. Wunderschöne Arkaden, Stuck, eine beindruckende geschnitzte Holzdecke, an den Wänden Bilder der Kreuzigung Jesus und in der Kuppel über dem Altar ist statt dem Abendmahl eine Kava-Zeremonie in einem Fale dargestellt umringt von römischen Soldaten und oben drüber die Dreieinigkeit – Gott, Jesus und Maria. Die Polynesier haben ihren uralten Glauben in den neuen geschickt integriert.

Die Kirche ist schon gut gefüllt, der Gottesdienst hat wohl eher begonnen als angekündigt. Leise setze ich mich neben die Samoaner auf eine Bank und betrachte die Menschen. Alle Frauen, in schönen langen Kleidern, die Haare ordentlich hochgesteckt, tragen eine Blume hinterm Ohr. Links wenn sie noch ledig sind, rechts wenn sie bereits verheiratet sind. Manche, Männer wie Frauen, tragen einen Blumenkranz um den Hals. Weniger als 50 % der Messe sind Predigten in Samoanisch, teilweise auch in Englisch zu Ehren der ausländischen Gäste (außer mir sind noch 6 weitere Ausländer anwesend), denn wir fallen natürlich sofort auf – europäische Kleidung, blonde bzw. graue Haare …. und werden vom Pfarrer freundlich willkommen geheißen. Der Rest ist Musik. Wunderschöne Gesänge erfüllen die Kirche. Es ist irgendwie ergreifend. Alle halten sich an den Händen während sie singen, egal ob sie sich kennen oder nicht. Und am Ende des Liedes gibt es Umarmungen, Küsschen oder zumindest Händeschütteln. Wer am Rand steht und keinen Nachbarn hat dreht sich um und reicht denen in der Bank vor und hinter ihm/ihr die Hand, auch mir. Niemand fühlt sich alleine, man gehört zu dieser Gemeinschaft.

Eine Gruppe sehr hübscher junger Frauen, alle in Weiß gekleidet, schreitet zum Altar und sie erhalten dort ihren Segen. Eine davon sieht für meinen Geschmack etwas männlich aus. Alle tragen sie ein Band quer über den Körper mit der Aufschrift „Miss Fa‘a fafine“. Noch habe ich keine Ahnung was das zu bedeuten hat, für eine Kommunion oder ähnliches sind sie bereits viel zu alt (irgendwo zwischen 20 und 30) aber sie waren alle umwerfend hübsch.

 

Unvergessen  …

In Apia muss man fürs Ankern eine Hafengebühr bezahlen. Das weiß ich bereits von letztem Jahr, aber da sich ständig was ändert in Samoa will ich heute den aktuellen Stand herausfinden.

Ich trapse die Treppe hinauf ins Hafenbüro und finde im Büro den Hafenmeister und den Lotsen sowie einen weiteren Herrn. Es sind dieselben wie im letzten Jahr. Und als ich mich nach der Hafengebühr erkundige erhalte ich auch freundlich die Auskunft dass es 100 US $ koste und für eine unbegrenzte Zeit gilt. Ah gut, dann ist ja alles noch wie letztes Jahr. Der Lotse mustert mich eindringlich und meint: Du bist doch die, die letztes Jahr den Stress mit dem verrückten Franzosen hatte. Ich bin baff. Sie erinnern sich noch an mich. Das Ereignis ist wohl in Apias Geschichte eingegangen, als der verrückte Nachbar am Ankerplatz meine Ankerkette durchschneiden wollte und mich PortControl zwei Nächte lang vor ihm beschützt hatte bis er schließlich aus Samoa ausgewiesen wurde. Ich bin unvergessen!
Wer diese Geschichte lesen möchte - ihr findet sie hier im Bericht über Samoa vom letzten Jahr

Freundliches Samoa und Seglerkrimi - August/September 2018

 

Der Tusitala und die ‚Road of the loving heart‘

‚Tusitala‘ ist samoanisch und bedeutet „Geschichtenerzähler“. So nannten sie den von ihnen überaus geachteten und heiß geliebten Schriftsteller Robert Louis Stevenson, bekannt für Romane wie ‚Die Schatzinsel‘.

Er kam aus gesundheitlichen Gründen nach Samoa, kaufte ein Stück Land an den Abhängen des Mount Vaea, baute die Vila Valima und lebte dort mit seiner Familie bis an sein Lebensende 1894.

Die Samoaner achteten und liebten ihn nicht nur wegen seiner schönen Geschichten sondern auch für sein tiefes Interesse an ihrer Kultur und seinen energischen Einsatz für Samoas Unabhängigkeitskampf.

Ein Beispiel wie wichtig er ihnen war ist das Dorf Solosolo. Gelegentlich ritt der Schriftsteller bis zu diesem Dorf 10 Meilen östlich von Apia an dessen ursprünglichen Namen sich niemand mehr erinnert. Da er dort sein Taschentuch abgelegt hatte wurde es auf Solosolo umgetauft. ("Solosolo" bedeutet auf Samoanisch "Taschentuch".)
Weil die Samoaner ihn und seine Gegenwart so sehr schätzten bauten sie eine Straße hinauf zur Vila Valima um ihm die Besuche in Apia zu erleichtern und sie nannten diese Straße „The road oft he loving heart“. Leider verstarb Stevenson kurz darauf im frühen Alter von 44 Jahren und man begrub ihn wunschgemäß auf dem Gipfel des 472 m hohen Mount Vaea mit Blick auf sein geliebtes Apia und das Meer. Und sie gravierten die von ihm selbst verfasste Grabinschrift auf den steinernen Deckel der Gruft

Under the wide and starry sky
Dig the grave and let me lie.

Glad did I live and gladly die,
And I laid me down with a will.
This be the verse you grave for me:
Here he lies where he longed to be;
Home is the sailor, home from sea,
And the hunter home from the hill.

Die Vila Valima wurde aufwändig restauriert und ist nun ein Museum. Von dort führt ein gut gepflegter aber steiler Wanderweg durch dichten Tropenwald hinauf zur Grabstätte auf den Mount Vaea. Und dorthin führt mich mein heutiger Tagesausflug.
Für die 8 km bis zur Vila Valima nehme ich einen der alten Busse (kostet 2 Tala = 60 EuroCent). Der Busfahrer lässt mich direkt vor dem Tor zum Anwesen aussteigen und ich wandere den schön gepflegten Weg durch den Park zur Vila hinauf. Keine Menschenseele weit und breit, keine Autos, Parkplätze oder Touristenbusse – wie angenehm. Auf einem Abhang erstrahlt weiß das einstöckige hölzerne Gebäude. Nichts ist eingezäunt oder abgesperrt und ich kann rundherumwandern und durch die offenen Türen und Fenster all die Räume und deren Inventar sehen. Die Wände sind zum Teil mit Tapas als Tapete verziert und sogar einen Kamin gibt es. Der hat zwar hier überhaupt keine Funktion, denn es ist das ganze Jahr über brütend heiß in Samoa, aber er hat ihn wohl etwas an seine schottische Heimat erinnert. Um in die Vila zu gelangen muss man an einer kostenpflichtigen Führung teilnehmen, aber das brauche ich gar nicht, hab schon genug im Vorbeiwandern gesehen. Während eine 4-köpfige  Gruppe ins Haus geführt wird, sitze ich auf den Stufen der Veranda und lausche einer Musikgruppe die im Hof gerade samoanische Weisen übt. Das macht die Stimmung perfekt, die Musik, das schöne alte Gebäude und die Abwesenheit weiterer Touristen oder Souvenir-Schnickschnack lassen die Vergangenheit wieder lebendig werden. Die traurig schönen Gesänge kann ich, nachdem ich durch den dichten Tropenwald bergaufwärts klettere, noch lange hören.

Der Weg auf den Mount Vaea ist steil und anstrengend aber auch wunderschön. Der dichte Wald spendet Schatten und die Vielfalt der tropischen Pflanzen lässt mich immer wieder zu genaueren Betrachtungen anhalten. An einigen wenigen Stellen hat man schöne Ausblicke weit über die Insel und hinunter auf Apia und das Meer mit den vorgelagerten Riffen an denen sich die Wellen brechen. Oben angekommen machen sich gerade einige Wanderer auf den Rückweg und ich hab den Hügel, das Grab und den traumhaften Blick ganz für mich alleine. Ich genieße die Stille, leg mich ins Gras und ruh mich von dem anstrengenden Aufstieg aus – bin das ‚in die Berge gehen‘ halt doch nicht mehr gewöhnt. Und es macht einen Riesenunterschied ob man das bei unseren kühlen 20 Grad oder hier bei 35 Grad tut. Dabei ist heute eh ein etwas kühlerer Tag und jetzt beginnt es auch ein wenig zu nieseln. Deshalb mach ich mich nun an den Abstieg, denn erstens werde ich im dichten Wald nicht so nass und zweitens will ich das steilste Stück geschafft haben bevor der Weg zu rutschig und gefährlich wird. Aber bald hört es wieder auf und ich mache Rast an einem kleinen Wasserfall der sich in einen natürlichen Pool ergießt in dem schon Stevenson ein Bad zu nehmen pflegte. Ich habe auch meine Badesachen dabei, aber das Wasser sieht nicht so einladend aus. Darum sitze ich nur am Ufer auf einem Baumstamm, lausche dem Plätschern und freu mich an der Schönheit unserer Natur. Der Weg zurück führt weiter durch den botanischen Garten in dem alle heimischen Pflanzen zu bewundern sind. Außer der Führung durchs Museum ist alles kostenlos.

Zurück an der Hauptstraße hoffe ich auf einen vorbeikommenden Bus. Es gibt hier keine Bushaltestellen, man winkt einfach und sie halten überall an. Aber es kommt kein Bus. Nach einer halben Stunde gebe ich auf und beschließe zu Fuß nach Apia zurück zu gehen. Es wird ein langer Weg, es ist heiß und meine Füße sind bereits müde, immer wieder drehe ich mich um, um ja keinen Bus zu verpassen, falls doch noch einer käme. Und ich habe Glück, nach ca. 2 km sammelt mich ein Bus ein und bringt mich zurück nach Apia.

 

Auf ein Bier mit der deutschen Konsulin

Durstig, müde und verschwitzt komme ich von der Vila Valima zurück in die Marina und treffe auf Thomas vom dort festgemachten Katamaran NesPuk. Ob ich Lust hätte auf einen Sundowner zu ihnen an Bord zu kommen. Da sag ich nicht nein, fülle noch meine Wasserkanister auf und bevor ich mich auf den Weg zur NesPuk machen kann ist Thomas zurück. Ob er sich kurz mein Dinghy ausleihen dürfte? Zwar etwas verwundert will ich ihm das Dinghy überlassen, aber er meint, nein Du musst mit, wir rudern jetzt da rüber zum Restaurant. Du nimmst ein Ruder und ich eins. - Na ob das was wird, ich hab da schon so meine Erfahrungen aus früheren Jahren.- Im Restaurant sitzen nämlich Stefan und Christa und die werden nun auch zum Sundowner auf die NesPuk gebeten. Es wird ein langer Abend auf der NesPuk und die Galerie der leeren Bierflaschen wird länger und länger. Es war einfach zu interessant den Erzählungen zu lauschen . Stefan und Christa sind vor 35 Jahren nach Samoa übersiedelt, haben hier das erste Restaurant eröffnet, ein Resort gegründet, lange Zeit Linefishing betrieben und haben sich jetzt auf die Fertigung von Schmuck, speziell mit schwarzen Perlen spezialisiert. Sie sind hoch angesehen in Apia und alles was Rang und Namen hat in Samoa ist mit Stefan und Christa befreundet. Christa wurde zur deutschen Konsulin ernannt und Stefan ist so eine Art Bürgermeister hier. Ich erfahre viel Interessantes über Samoa von damals und heute und es ist schon fast Mitternacht als ich zur Carina zurück rudere.

 

Miss Fa’a fafine – das dritte Geschlecht

Fa’a fafines sind Männer die eigentlich eine Frau sein möchten, sich als Frauen fühlen und so benehmen. Sie sind nicht schwul, sie bezeichnen sich selbst als Frau, gefangen im Körper eines Mannes oder als das „Dritte Geschlecht“ bzw wie sie in Samoa heißen – als Fa’a fafine. Sie haben keinerlei Geschlechtsumwandlung vorgenommen sehen aber oft aus wie verdammt hübsche Frauen. Im Alltag arbeiten sie vielleicht als Mann in einem Männerberuf, oder als Frau in einem Frauenberuf.

In Polynesien ist das nicht unüblich. In manchen Kulturen werden sogar die Jungs bereits als Kinder zu Mädchen erklärt wenn es in einer Familie zu wenige davon gibt. Sie werden gekleidet wie Mädchen, leben mit den Frauen und müssen Frauentätigkeiten ausführen. In Samoa jedoch ist es schwieriger für die Fa’a fafines. Heutzutage ist das hier nicht so selbstverständlich und sie müssen schon etwas darum kämpfen um als Frau akzeptiert zu werden. Zumindest werden sie toleriert. Eine hat es sogar geschafft Kinder zu adoptieren und steht in den Papieren der Kinder als „Mutter“ aufgeführt. Darauf ist sie besonders stolz.

Heute ist die Wahl zur „Miss Fa’a fafine“ und dazu haben Anna, Bill, Penny und ich Karten. Das ist das Highlight aller Veranstaltungen in Samoa und wir sind schon sehr gespannt. 2 Stunden vor Beginn sind wir bereits im Sportpark vor der Halle und warten auf den Einlass, denn es gibt keine Platznummern. Wer als erster kommt hat die Wahl, wer zu spät kommt muss sich mit dem zufrieden geben was übrig bleibt. Wir sitzen 30 Minuten vor Beginn in der Halle auf den Rängen in der ersten Reihe – Juhuu, geschafft. Es ist schon fast 19:00, da soll es losgehen aber die Halle ist nicht mal zu einem Drittel voll. Ist es vielleicht doch nicht so begehrt und toll? Wir Deutsche und Engländer wieder mit unserer gewohnten Pünktlichkeit – wir sind doch in Samoa. Wen kümmert da eine Uhrzeit. Bis es tatsächlich losgeht ist es 20:00 Uhr und die Halle brechend voll. Auf den beiden Plätzen neben mir, die oft von spät kommenden begehrt wurden, sitzen eine Handtasche und ein Hot-Dog. Als ich darüber eine scherzhafte Bemerkung zur neben mir sitzenden Penny mache erklärt die Besitzerin von HotDog und Tasche dass ihre Freundinnen etwas später kämen. Es war angenehmer einen HotDog als Sitznachbarn zu haben, denn als die Damen endlich kamen beanspruchten sie die Hälfte meines Stuhles – Samoanerinnen sind eben keine Barbies.

Es macht Spaß die Besucher zu beobachten. Die irrsten Klamotten die man sich nur vorstellen kann werden zur Schau getragen. Viele kann man eindeutig als Fa’a fafine erkennen. Jedoch sind die Besucher überwiegend ganz normale Frauen und Männer jeden Alters. Bierkrüge, Cola, HotDogs, Chips werden durch die Ränge gereicht und es herrscht ausgelassene Stimmung. Dann endlich wird die Show eröffnet. Das Event steht unter dem Motto „Kampf gegen Gewalt und Diskrimination von Kindern und Frauen“.

7 „Queens“ treten an zur Miss Wahl. Eine(r) hübscher als die andere. Ich erkenne in Ihnen die Frauen in Weiß wieder die ich am Sonntag in der Kirche gesehen hatte. Sie haben verschiedene Aufgaben zu bewältigen und für jede gibt es einen Preis. Wer hält die Beste Rede, wer tanzt am Besten, wer hat das schönste Badeoutfit, wer hat den lustigsten Auftritt …
Sie sind alle grandios. Die Kostüme umwerfend und die Damen (Herren) großartige Tänzer und Komiker. (Ihr müsst euch unbedingt die Fotos anschauen) Zum Glück findet alles auf Englisch statt so dass wir alles verstehen „könnten“. Leider ist Tontechnik hier noch ein Fremdwort so dass es oft schwierig ist zu hören was sie erzählen und die Meute auf den Rängen die vor Lachen grölt und anfeuert sorgt für den Rest. Die Stimmung ist umwerfend, die Show dauert und dauert und ist immer wieder spannend, beeindruckend und lustig. Anna und Penny drängeln bereits zum Gehen, aber ich weigere mich. Die Show ist zu gut, ich will sie fertig anschauen und wissen wer denn nun gewinnt. Kaum steht die Miss Fa’a fafine fest verlassen wir unsere Plätze. Ich konnte Anna und Penny nicht mehr länger halten, sie hatten Angst in den Tumult zu kommen und kein Taxi für die Rückfahrt zu ergattern.
Ich mach mir da keine großen Gedanken. Taxis gibt’s in Apia in Hülle und Fülle und natürlich erwarte ich dass sie am Ende der Show draußen vor der Halle in Massen auf uns warten. Aber … nichts. Kein Taxi weit und breit – vermutlich haben wir die Show viel zu früh verlassen. Vereinzelt kommen Besucher aus der Halle und gelegentlich kommt auch ein Taxi vorbei, aber das ist bereits jedesmal besetzt. Ich stelle mich an den Straßenrand auf die Seite aus der sie kommen müssten um gleich eines heranzuwinken und frage die Frau neben mir ob sie auch auf ein Taxi wartet. Aber nein, sie wohnt hier im Haus hinter uns. Und schon holt sie ihr Handy aus der Hosentasche, wählt eine Nummer, plappert irgendwas auf Samoanisch und erklärt mir dann mein Taxi würde gleich kommen, ich brauch nicht weiter um eines zu kämpfen. 5 Minuten später sitzen Penny, Bill, Anna und ich im Taxi auf dem Weg zurück zur Marina. Für 15 Tala (5 Euro) kann man sich die halbstündige Fahrt schon leisten, noch dazu wenn man sich das zu viert teilen kann.

 

Teuilla Festival

Die Teuilla, die Ingwerblüte, ist die Nationalblume Samoas. Und nach ihr ist das alljährlich in der ersten Septemberwoche stattfindende Festival benannt. Auf der großen Wiese im Park zwischen Palmen und Flamboyees direkt am Meer ist eine große Bühne aufgebaut, Zelte die Schatten für die Besucher spenden und über 50 kleine Garküchen um die Gäste zu verköstigen. Ein Festival in Samoa ohne Essen wäre undenkbar. Eine ganze Woche lang finden von morgens bis spät in die Nacht Vorführungen und Wettbewerbe statt. Zum Beispiel werden kulturelle Tänze aufgeführt von Gruppen aus den verschiedenen Dörfern. Musik Wettbewerbe von traditioneller sowie moderner Musik. Varieté Shows, Blumenbinde-Wettbewerbe, Feuer-Shows, Konzerte, sportliche Spaß-Wettkämpfe und zu guter Letzt die Wahl der Miss Samoa. Alles findet unter freiem Himmel statt und ist kostenfrei. Groß und Klein sitzt auf den Stühlen unterm Zelt oder einfach auf der Wiese vor der Bühne und lauscht und bestaunt die Darbietungen. Junge Männer drängen sich durch die Menge und verkaufen Bananen- und Taro Chips sowie alkoholfreie Getränke. Das Event ist rauch- und alkoholfrei. Das ist gut so, denn so bleibt alles friedlich und unter Kontrolle und man muss keine Bedenken haben mitten in der Nacht zurück zur Marina zu laufen.

Ich bin von Anfang an dabei und reihe mich mit in die Eröffnungsparade ein die mit Musik und Tanz von der Uferpromenade zum Festpark zieht. Angeführt wird sie von der Blaskapelle der samoanischen Polizei. Hätten die statt Lavalavas Lederhosen an, würde man glauben man ist auf einem bayrischen Volksfestumzug. Gefolgt wird die Kapelle von all den Miss-Samoa-Kandidatinnen und ihrem Gefolge. Penny und ich werden aufgefordert uns einer Miss Samoa anzuschließen und so wandern wir nun mit ihrer Gruppe unter fröhlichem Gesang zum Festplatz.

Auf dem Festplatz sitze ich entweder auf der Wiese vor der Bühne oder geselle mich zu den Tänzern und Musikern hinter der Bühne. Da sitzen sie ganz relaxt auf den Stufen des Wellenbrechers oder in der Wiese und warten auf ihren Auftritt. Sie freuen sich über jeden Besucher der sich hier hinter verirrt und sobald sie eine Kamera entdecken sind sie nicht mehr zu halten. Noch ein Foto, von mir auch eins, und noch eins von der ganzen Gruppe… Mein Blitzlicht reicht oft gar nicht so weit dass ich die gesamte oft aus 20 bis 30 Personen bestehende Gruppe ausleuchten kann. Immer wieder taucht noch einer von ihnen von irgendwoher auf und will auch mit aufs Bild. Ich bestaune ihre Kostüme, plaudere, fotografiere und bin fast jeden Tag auf dem Festival, mehr hinter als vor der Bühne.

 

Papayas, Sauersack und Guaven

Fast jeden Tag laufe ich in die Stadt, entweder um am Fischmarkt Fish & Chips zu essen, am kleinen Kiosk von einem Samosa (eine Art Pie) für 30 Cent satt zu werden oder um auf dem großen Obst und Gemüsemarkt einzukaufen. Da gibt es eine große Auswahl von all dem was auf der Insel angebaut wird. Natürlich Kokosnüsse, Taro, Yams, Brotfrucht, Bananen, Papayas, Kakao, Kraut, Tomaten, Kürbisse, Gurken… Seit einigen Tagen interessiert mich eine grüne herzförmige stachelige Frucht – der Soursop oder zu Deutsch „Sauersack“. Diese Frucht hat viel Vitamin C, einen extrem hohen Magnesium und Calciumgehalt und man sagt ihr nach sie würde Krebs bekämpfen. Zumindest hat man in Laborstudien festgestellt dass sie einen Bestandteil enthält die eine bestimmte Art Krebszellen zerstört. Da es jedoch noch keine Studien an Menschen gibt wird dies nicht offiziell bestätigt. Ich bin einfach nur neugierig wie sie schmeckt und kauf mir eine. Die sind ganz schön groß, werden bis zu 3 kg schwer. Die Verkäuferin erklärt mir auch wie ich sie essen muss. Einfach aufschneiden und roh essen. Hmm, der Geschmack ist schwer zu beschreiben – säuerlich, daher ja auch der Name, nach Birne, Vanille, … schwer zu sagen ob ich es mag oder nicht. Penny, der ich ein Stück davon abgebe empfindet es genauso wie ich. Das Fruchtfleisch ist weiß irgendwie ein wenig schleimig faserig und hat Kerne, die man besser nicht mitisst da sie in großen Mengen giftig sind. Den Rest der Frucht presse ich einfach aus und der Saft der dabei entstand war richtig gut.

Die Guaven die ich am Markt erstanden hatte waren auch nicht so mein Geschmack und erinnern mich stark an die Fejoas aus Neuseeland aber als Kompott mit Apfel, Zimt und Rosinen waren sie köstlich.

Meine Favoriten bleiben auch weiterhin die Papayas und die winzig kleinen Bananen die fest fruchtig und süß sind, überhaupt nicht vergleichbar mit unseren Chiquita Bananen die ich gar nicht mag.

 

Im Abenteuer-Bus über die Insel

Beim ersten Morgengrauen sitze ich bereits im Beiboot und rudere an Land. Heute will ich einen Ausflug über die Insel an die Südküste machen und zwar mit einem der bunten hölzernen Busse. Mein Busplan sagt er würde um 07:00 Uhr abfahren und deshalb habe ich es eilig zum Busbahnhof in der Stadt zu kommen. Dort herrscht bereits reges Treiben. Zahlreiche Busse tuckern über den riesigen Platz aber keiner davon hat die Aufschrift „Lalomano“ nach der ich suche. Ich frage die Busfahrer – werde herumgeschickt um irgendwann festzustellen, ich hab mich in der Zeile vertan, mein Bus fährt erst um 10:00. Solange will ich nicht warten, dann fahre ich eben woandershin, z.B. nach Suimi, das liegt auch an der Südküste und dieser Bus sollte um 08:00 starten. Aber auch diesen kann ich in diesem Getümmel nicht finden. Ich laufe auf und ab, schau mir die Augen aus und ein Taxifahrer erbarmt sich meiner. Wo ich denn hin wolle. Ach, er wäre auch ein Tour-Guide. Vielen Dank, aber ich will unbedingt mit so einem bunten Holzbus fahren, und inzwischen ist es mir schon fast egal wohin. Der Taxifahrer ist nett genug mir die richtige Auskunft zu geben wo denn mein gewünschter Bus wegfahren würde und dass vor 10:00 keiner zur Südküste startet. Ich nutze die Zeit und geh auf den Flohmarkt. Inzwischen knurrt auch mein Magen und so kaufe ich mir als Frühstück Fish & Chips. Um 09:30 bin ich zurück am Busbahnhof, hab den richtigen Bus gefunden und den letzten Sitzplatz auf einem der Holzbänkchen ergattert. Der Bus würde erst um 10:30 abfahren erklärt man mir aber alle bleiben im Bus denn niemand will seinen Sitzplatz aufgeben und die 2 stündige Fahrt navh Lalomano stehend verbringen. Die Busse gehören den Dörfern in die sie fahren, bestehen aus einem gekauften Chassis und einem selbstgebauten Holzaufbau ohne Fenster. So kann der Wind herrlich durch den Bus blasen und es ist es angenehm kühl. Sollte es regnen gibt es für jedes Fensterloch eine Plexiglasscheibe die dann eingesetzt werden kann. Der Busfahrer steht mit einigen anderen Männern plaudernd unter einem Flamboyeebaum neben dem Bus. Fliegende Händler kommen vorbei bieten Wasser, Limo, Chips und Chickenbuns an. Verhungern oder verdursten muss man also hier nicht. Es ist 10:30 aber der Busfahrer macht keinerlei Anstalten loszufahren.

Ich bin inzwischen müde hab den Kopf an einen Fensterholm gelegt und mach ein Nickerchen. Da tippt mir eine Frau auf die Schulter. Ich öffne die Augen, es ist inzwischen 11:00 und alle Leute steigen aus. Komm, umsteigen, sagt die Frau und verwundert folge ich ihr. Unser Bus ist kaputt, der fährt heut nicht mehr und die gesamte Mannschaft aus dem kaputten Bus zwängt sich nun in einen gleichgroßen bereits vollen Bus. Ich habe Glück und bekomme einen Sitzplatz neben einem relativ schlanken Herrn. Immer mehr Menschen drängen in den Bus der bereits übervoll ist und draußen stehen noch einige die auch mitwollen. Irgendwie geht es. Im Gang stehen sie bereits dichtgedrängt – dichter geht wirklich nicht mehr. Auf den schmalen Holzbänken sitzen sie bereits übereinander, Kinder (alles unter 20) sowieso auf dem Schoß der Eltern oder Freunde. Erwachsene Männer haben andere Männer auf dem Schoß und wer noch keinen Mitfahrer auf dem Schoß hat, hat zumindest Gepäck dort. Unter den Bänken befinden sich Kisten, Säcke, Taschen … Dann endlich fährt der Bus los. Um 12:00 mittags passieren wir die Marina die ich bereits um 06:30 verlassen hatte um meinen Bus nicht zu versäumen.

Wenig später, am Stadtrand von Apia hält der Bus und fast alle Mitfahrer steigen aus. Ich frage meinen Banknachbarn ob wir wieder umsteigen müssen. Nein, die steigen hier nur aus, sagt er und ich denk mir Gott sei Dank  und such mir einen schöneren Sitzplatz am Fenster wo ich mehr sehen kann. Ich wundere mich zwar ein wenig über die Tasche unterm Sitz und den Schirm an der Lehne, aber da jeder sein Zeug einfach da verstaut hatte wo noch Platz war messe ich dem keine weitere Bedeutung zu.

15 Minuten später kamen sie alle zurück, voll beladen mit Kisten, Tüten, Taschen – sie waren nur einkaufen und jetzt wollen sie alle auf ihre Plätze zurück. Ich kann meinen Platz der ursprünglichen Besetzerin nicht mehr überlassen den der befindet sich ganz weit hinten und der Gang ist so dichtgedrängt voll dass ich aus dem Loch nicht mehr herauskomme. Sie nimmts gelassen, setzt sich neben mich und ihre 16 jährige Tochter muss halt nun stehen. Dafür habe ich aber jetzt keinen Platz mehr für meine Füße – da unten sind Taschen und Kisten  und auf meinem Schoß ist nicht nur mein Rucksack sondern jetzt auch eine ihrer Einkaufstaschen.  Die ungepolsterte hölzerne Sitzbank vibriert vom Bass der lauten Musik unter meinem Hintern denn ich sitze genau auf dem Lautsprecher. Der Sitzplatzwechsel war also nicht so optimal. Aber ich habe eine nette Nachbarin mit der ich mich besser unterhalten kann als mit dem Herrn neben dem ich vorher saß.

Mühselig quält sich der hoffnungslos überladene Bus die Passstraße hinauf. Immer wieder muss er mal stehen bleiben und etwas Kühlwasser nachfüllen und ich warte nur darauf dass es heißt, ein Teil von uns müsste aussteigen und den Pass zu Fuß hinaufgehen da es der Bus nicht schafft. So weit kommt es zum Glück nicht.

Leider kann ich auf der gesamten Fahrt nur in eine Richtung aus dem Fenster schauen, auf der Seite auf der ich sitze. Die andere Seite bleibt mir komplett verborgen. Die Menschen stehen und sitzen so dicht gedrängt und übereinander dass kein Zentimeter mehr dazwischen frei ist um hindurch zu blicken. Aber auf meiner Seite ist die Aussicht von hier oben wunderschön, weit ins Land hinein und raus aufs Meer kann man schauen. Alles ist mit dichtem Grün überwuchert, Palmenwälder, Farne und am Wegesrand blühen die schönen Teuillas. Wir passieren kleine Dörfer die nur aus Fales und Kirchen bestehen und im Vorbeifahren kann man sehen wie die Menschen darin leben. So gut wie keine Möbel, selten mal ein Stuhl, gelegentlich ein Bett, man schläft, sitzt, isst auf dem Boden. Wäsche wird in Bottichen gewaschen und vor dem Haus in der Wiese zum Trocknen ausgelegt. Manchmal sieht man auch eine Wäscheleine quer durchs Fale gespannt. Irgendwie ist das alles unwirklich und doch sehe ich mit eigenen Augen dass es wahr ist. Unvorstellbar für einen Europäer dass man so in der heutigen Zeit lebt.
Irgendetwas in der Einkaufstasche die ich auf dem Schoß habe drückt unangenehm auf mein Bein und ich versuche sie etwas anders zu drehen. Meine Nachbarin glaubt ich will sie loswerden und zieht sie zu sich herüber. Das sollte mich bald vor einer unangenehmen Situation bewahren. Trotz der offenen Fenster ist es jetzt am Nachmittag doch sehr heiß geworden. Wir schwitzen und wenig später wundert sich meine Nachbarin über die Flüssigkeit die über ihr Bein hinabrinnt. Das kommt offensichtlich aus ihrer Einkaufstasche. Oh je, die Butter in der Tasche war bei der Hitze geschmolzen. Glück gehabt, hätte ich die Tasche noch länger auf dem Schoß gehabt wäre jetzt meine Hose mit Butter getränkt.

Wir sind über den Berg und ab jetzt geht’s flott bergab, Richtung Meer an die Südostspitze Samoas, nach Lalomano. Türkisfarben schimmert die Lagune vor uns in der kleine Inselchen verstreut liegen. Die ersten Fahrgäste haben ihr Ziel erreicht. Da sie aber alle viel zu viel Gepäck haben dass sie niemals nach Hause tragen könnten fährt der Bus jeden einzelnen direkt vor die Haustür, oftmals auf schmalen Feldwegen die er dann rückwärts wieder raus muss. Dort warten bereits die Angehörigen auf den Heimkehrer um sein gesamtes Gepäck und all die Einkäufe entgegenzunehmen die einfach durchs Fenster hinausgereicht werden, denn durch den Bus mit den vielen Fahrgästen kämen die niemals durch. Da der Busfahrer auch nichts sehen kann vor lauter Leute im Bus, muss der Beifahrer an jeder Abzweigung aussteigen um nachzusehen ob die Ausfahrt auch frei ist. So liefern wir nun einen nach dem andern in Lalomano und den umliegenden Dörfern ab. Ich frage den Busfahrer wann denn der letzte Bus von Lalomano zurückfährt. Aber es gibt keinen. Der einzige Bus der heute noch nach Apia fährt ist der in dem ich gerade sitze und so treten wir bereits den Rückweg an ohne dass ich auch nur einen Schritt aus dem Bus herausgetan habe.

Die Rückfahrt wird bedeutend entspannter, denn jetzt ist der Bus fast leer und ich wechsle immer wieder mal meinen Platz je nachdem auf welcher Seite mehr zu sehen ist.

Abends um 17:00 bin ich von meiner Inselfahrt zurück. Von der Südküste hab ich nicht viel gesehen aber die abenteuerliche Busfahrt war die Reise wert.

 

Carinas Bart

Samoa ist wunderschön, die Menschen freundlich und ich mag Apia. Wenn jetzt auch noch das Wasser im Apia Harbour glasklar wäre, wäre das mein absoluter Lieblingsplatz. Das Wasser ist zwar warm (29 Grad) aber leider sehr trüb und schlammig so dass man gar nicht hineinspringen mag. Das liegt in erster Linie daran dass 2 Flüsse in den Hafen münden und dass die Bagger die an der Brücke arbeiten ständig den Schlamm aufwühlen. Carinas Rumpf sieht aus wie ich, schön gebräunt, nur nicht von der Sonne sondern vom schlammigen Wasser. Und damit nicht genug, sie hat auch noch einen Bart bekommen. Der braune Schlamm ist der perfekte Nährboden und so ist Carinas Wasserlinie nach nur 3 Wochen bereits mit 20 cm langem Seegras bewachsen. Und die kleine Carina, das Beiboot, sieht nicht besser aus. Deshalb ist heute Putztag und schon bald sind beide wieder hübsch und sauber, denn so können wir doch nicht in Neukaledonien ankommen. Das ist nämlich mein nächstes Ziel und übermorgen solls losgehen.

 

Du bist doch die mit dem kaputten Motor die immer rudert?

Nach 3 ½ Wochen in Samoa zieht es mich weiter und wie immer gibt es vor der Abreise viel zu tun. Das Schiff ist startklar und der Proviant besorgt. Jetzt muss ich noch ausklarieren aber erstmal Gebühren bezahlen fürs Ankern im Hafen 100 US$ und fürs Dhingydock 50 Tala pro Woche bei 3 ½ Wochen sind 200 Tala (70 Euro). Die Ankergebühr zahlt man im Büro der Port Authority und das ist auch gleich erledigt. Bei der Dhingydock Gebühr wird das schwieriger, dazu brauch ich Sharon. Um sie nicht zu verpassen bin ich bereits vor 08:00 in der Marina und warte auf sie. Ich wandere den Steg auf und ab und auf und ab, aber keine Sharon ist in Sicht.

Allmählich erwacht das Leben auf den Booten in der Marina. Ach Sharon, ja die kommt jeden Tag um 09:00 Uhr erklären mir die Anlieger und reichen mir eine Tasse schwarzen Kaffee.

09:00 Uhr - immer noch keine Sharon.
09:15 Uhr - keine Sharon weit und breit. Was hätte ich alles in dieser Wartezeit erledigen können.
09:30 Uhr - endlich – Sharon ist da. Wir sehen uns zum ersten Mal. Sie ist sehr nett und entschuldigt sich für die Verspätung, normalerweise ist sie immer zwischen 09:00 und 09:30 in der Marina. Sie rechnet wie viele Tage/Wochen ich nun da bin. Ach, ich kassiere nur 3 Wochen bei dir, sagt sie und ich bedanke mich herzlich. Das wären dann 150 Tala (statt 200) Ach nein, gib mir 100 Tala sagt sie und ich bin hocherfreut. Allerdings hatte ich bereits so geplant dass ich nach dem Bezahlen aller Rechnungen so gut wie keine Tala mehr übrig habe. Nun habe ich noch so viele übrig, dass ich sie gar nicht mehr alle ausgeben kann. Auf dem Weg zur Immigration halte ich deshalb an der Bank an und möchte die verbleibenden Tala nun in CentralPazifische Franc umtauschen, denn solche brauch ich in Neukaledonien. Die Dame in der Bank schaut mich nur fragend an. Diese Währung hat sie wohl noch nie gehört und weil das alles viel zu kompliziert wird tausche ich nun gegen Neuseeländische Dollar, die kennt sie und die brauch ich ja spätestens ab Dezember auch wieder.

Beim Zoll lege ich meine Rechnungen vor und den Brief der Immigration um für morgen früh auszuklarieren. Der Beamte nimmt alles entgegen schickt mich zur Kasse um meine Ausklarierungsgebühr von 54 Tala zu bezahlen. Ich bringe ihm auch diese Rechnung und er sagt, du ankerst mit deinem Schiff im Hafen? Ja! Du bist doch die mit dem kaputten Außenborder die immer rudert. Ja! Den kaputten Außenborder überhöre ich bewusst denn der geht ja, ich nutze ihn nur nicht. Aber es stimmt ich bin die ganzen 3 ½ Wochen jeden Tag in die Marina und zurück zur Carina gerudert, weil es mich fit hält, es mir Spaß macht und ich es mag keinerlei Ressourcen zu verbrauchen. Aber das erkläre ich dem Beamten nicht. „Unter diesen Umständen“, fährt der Beamte fort, „bekommst Du die Ausklarierungspapiere jetzt gleich mit und musst nicht wie üblich am Abreisetag nochmal in die Marina rudern um die Papiere entgegen zu nehmen“. Das ist aber nett und es freut mich ungemein. So kann ich das Beiboot noch heute an Deck holen und verstauen und kann morgen frühzeitig los. Das spart mir mindestens einen halben Tag – Vielen vielen Dank. Das Rudern hat mir schon so oft zu Vorteilen und netten Bekanntschaften verholfen, ich werde das beibehalten.

Jetzt aber ist alles erledigt, ich brauch nur noch ein paar Karotten, eine Dusche und ich bin fertig für die Abreise. Meine letzten verbleibenden 13 Tala (3,50 Euro) investiere ich in einen 2l Krug eiskaltes Bier das ich gemeinsam mit Thomas und Lisa in der Marina Bar zum Abschied trinke.

 

Zu den Fotos

 

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