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- Kategorie: Carinas Logbuch
- Veröffentlicht: Samstag, 21. Januar 2023 09:51
Neuseeland 2022/2023
Sommerliche Weihnacht in der Bay of Islands, Sylvester und Cyclone „Hale“
Heute ist es windstill und bewölkt, eigentlich ein Wetter um am Ankerplatz zu bleiben. Ich habe jedoch Arbeit für heute, muss den Wassermacher dringend spülen bei dem der Abfluss Stopfen (QuickConnect) abgebrochen war und die Membran halb trocken gelaufen und halb voll Glycol zurückblieb. Also mach ich mich bereits morgens, unter Motor, auf den Weg nach Roberton Island wo das Wasser klar und sauber ist. In der hübschen Bay, die heute relativ voll ist, es sind bereits 8 weitere Yachten hier, finde ich meinen üblichen Platz und starte den Wassermacherspülgang. Zum Glück ist nun alles dicht, die Batterien voll genug und ich kann den Wassermacher 5 Stunden laufen lassen bis endlich alles Glycol ausgespült ist. Die Spülzeit nutze ich um meinen Dieseltank aufzufüllen (das mache ich immer über meine Reservekanister) die Batterien zu prüfen und destilliertes Wasser nachzufüllen (ich nutze immer noch die überall erhältlichen zuverlässigen Blei-Säure-Batterien, nach dem Motto „keep it simple“) und starte einen Testlauf nach Ende des Spülvorgangs. 1 Sunde lasse ich den Wassermacher laufen in der Hoffnung dass es nur etwas länger dauert bis er wieder Leistung bringt, aber es tut sich nichts. Der Wassermacher baut nicht genug Druck auf um das Salzwasser durch die Membran zu pressen und die wenigen Tröpfchen die er produziert schmecken salzig. Was für eine Enttäuschung. Ein ganzer Tag für nichts … Schweren Herzens und der Sorge was es wohl kosten wird einen Spezialisten zu Hilfe zu rufen mache ich mich im Regen auf den Rückweg nach Paihia wo ich diese Nacht ganz ruhig liege. Morgen kommt hier mein neuer Gast, Gaby, an.
Ein neuer Gast
Ich verbringe den Großteil des Tages damit das Schiff umzuräumen. Ich ziehe aus der Vorkabine aus, die fast das halbe Schiff einnimmt um sie meinem Gast zu überlassen. Ein Fach im Bad und ein Schapp im Salon wird auch noch für sie freigemacht. Ich weiß gar nicht wo ich all die Sachen hinpacken soll die sonst darin untergebracht sind und stopfe sie in meine ohnehin schon übervollen anderen Schapps. Für mich richte ich ein Bett in der Hundekoje die hinterm Navigationstisch offen zum Salon liegt. Privatsphäre und Platz für mich selbst werde ich die nächsten Wochen nicht haben. Trotzdem freue ich mich auf Gaby, die ich nur per E-Mail kenne und auf nette Gesellschaft für die nächste Zeit. Ich koche auch bereits ein Abendessen vor, da sie nach der 4-stündigen Anreise von Auckland her sicherlich hungrig sein wird. Es ist inzwischen 16:00 Uhr (um 17:00 kommt Gaby an) und das Meer ist jetzt gar nicht mehr so ruhig. Die Carina schaukelt ordentlich am Ankerplatzt und es wäre jetzt besser in Matauwhi zu ankern und Gaby per Fähre dort hinüberzubringen. Aber dazu ist es nun schon zu spät.
Um 17:00 Uhr hole ich Gaby an der Bushaltestelle in Paihia ab. Sie hat einen relativ kleinen Rucksack, und einen Day-Rucksack und eine offene Plastiktasche als Gepäck. Nicht sonderlich praktisch für jemand der 3 Monate durch Neuseeland reisen will und ganz ungünstig für eine rauhe nasse Dhingyfahrt zur Carina. Und so wird es dann auch. Wir müssen gegen kurze und steile Wellen fahren und der Außenborder spielt wieder mal Rakete, so dass ich auch nicht langsam durch die Wellen fahren kann. Und so kommt es wie es kommen muss, Gaby, die sich bei diesem Seegang sehr unwohl im Beiboot fühlt, und ihr Gepäck sind pitschnass bis wir an Bord ankommen. Das noch ungewohnte an Bord klettern, vom Beiboot aus, gestaltet sich auch etwas schwierig und weil ich ihr nicht gleich eine schaukelige erste Nacht zumuten will, lichten wir sofort den Anker und segeln die 1 Stunde hinüber in die ruhige Matauwhi Bay.
Dort liegen wir nun ganz ruhig, Gaby hängt all ihr nass gewordenes Zeug zum Trocknen auf (ungeschickterweise hatte sie alle Sachen die kein Wasser mögen, wie Bücher Suppenpackerl, Karten … in der offenen Tasche) während ich das Abendessen beriete. Und dann sitzen wir gemütlich im Cockpit und betrachten unseren ersten gemeinsamen Sonnenuntergang während wir uns allmählich persönlich kennen lernen.
Der nächste Tag ist erst mal Ankunfts- und Erholungstag, sich an Bord zurechtfinden und ein schöner sonniger Tag für eine Wanderung nach Russel über den Long Beach und hinauf zum Flagstaff um den sich viele Geschichten der Kämpfe zwischen Maori und der englischen Einwanderer ranken. Dieser Ort ist nicht nur geschichtlich höchst interessant sondern auch einer der schönsten Aussichtspunkte der Bay of Island. Man kann hinunterschauen auf das kleine Örtchen Russel, hinüber in die Matauwhi Bay in der Carina gemeinsam mit vielen andern Schiffen vor Anker und an Bojen schaukelt, bis hinter nach Opua und hinaus über die gesamte Bay mit ihren zahlreichen Inseln von der die Bay of Islands ihren Namen hat. Dazu ist der Himmel wieder strahlend blau und die Sicht gut. Auf dem Wasser tummeln sich Sportfischer, zieht ein Motorboot einen Fallschirm hinter sich her an dem 2 Touristen durch die Luft schweben und die Aussicht genießen, Segelboote streuen weiße Tupfen über die Bay und aus dem Busch ertönt der klare Ruf der Tui’s, meiner Lieblingsvögel. Um den Tag perfekt zu machen nehmen wir den Rückweg durch den dichten Busch in dem sich zahlreiche, für Europäer unbekannte, Bäume, Büsche und Farne den Platz streitig machen.
Zurück auf der Carina mache ich Gaby ein typisch Neuseeländisches Willkommensessen – es gibt Lamm – was sonst - dazu eine Flasche Wein und wieder einen herrlichen Sonnenuntergang mit anschließendem grandiosem, endlos tiefem Sternenhimmel.
Ein anstrengender Tag für mich
Natürlich wollen wir auch durch die Bay segeln und planen dann der Küste nordwärts zu folgen, denn aktuell wäre der Wind dafür günstig. Vorher aber gibt es einiges zu tun. Versorgung ist angesagt. Als Allerwichtigstes brauchen wir Wasser. Das bekommen wir in dieser Gegend nur in Opua. Der Plan lautet also ab nach Opua um dort am Clubsteg anzulegen, der einzige Platz wo wir per Wasserschlauch volltanken können. Leider ist der Clubsteg heute nicht frei. Ein großes Segelschiff belegt den gesamten Steg - den ganzen Tag. Ein weiteres liegt bereits daran im Päckchen und hat den Wasseranschluss für Stunden für sich beschlagnahmt. Also Planänderung. Wir ankern und ich fahre per Beiboot mit meinen vier 5-Liter Kanistern in die Marina. Gaby macht es sich im Cockpit bequem. Ich rudere, da der Außenborder grad mal wieder nicht anspringen will. Am Steg angekommen gibt es heute kein Wasser. Es werden gerade Reparaturarbeiten durchgeführt. Also zur Tankstelle rudern, aber auch da gibt es kein Wasser, ist ebenfalls abgesperrt. Am Clubsteg haben die beiden Schiffe das Wasser für sich beansprucht und so muss ich einen sehr langen Weg weit hinein in die Marina rudern bis ich an einen Steg komme der nicht von der Sperre betroffen ist um 20 l Wasser zu erhalten. Damit rudere ich zurück zur Carina und fülle sie in den Tank. Mit 20 l kommen wir natürlich nicht weit und da wir nicht wissen wann und wo wir wieder Wasser bekommen können rudere ich noch 3 mal hin und her. Ganz schön anstrengend weil auch alles im Eiltempo.
Dann Gaby ins Beiboot packen und an Land. Ein Abstecher zu Seapower; nachfragen wann denn mein bestelltes Gaszugkabel für den Raketenaußenborder ankommen wird. Oh Schreck – es kommt nicht vor April, 4 Monate Lieferzeit – wieder mal typisch für Neuseeland. Weiter zu Ted um die Gasflasche abzuholen die Wayne glücklicherweise für mich füllen konnte, noch eine Dusche für uns Beide, Fish‘nChips im kleinen Laden an der Fähre und dann zurück an Bord.
Nächstes Ziel ist der Farmers Markt in Paihia. Gaby will unbedingt segeln. Es ist gegen den Wind und die Strecke dorthin schmal. Gaby steht am Steuer und ich hab alle Segel zu bedienen. Alle paar Minuten eine Wende. Ich bin noch fix und fertig von der Rennerei in Opua und jetzt auch noch dieser Stress. Gut dass es nicht weit ist nach Paihia. Dort stellen wir aber fest dass es auch heute wieder zu viel Seegang zum Ankern hat und fahren deshalb wieder in die Matauwhi Bay um dort zu ankern. Wie immer ist es hier herrlich ruhig. Aber es bleibt keine Zeit diese Ruhe zu genießen, wir müssen ja noch auf den Markt und Proviant einkaufen. Also ab ins Beiboot, zum Clubhaussteg, zu Fuß 1,5 km nach Russel und auf die Fähre nach Paihia.
Wir kommen in Paihia an als bereits die meisten Markt Stände schon fort sind. Wir ergattern nur noch eine Tüte Avocados und eine Tüte Austernpilz-Jerky – also gewürzte, getrocknete Austernpilze, die fast wie Trüffel schmecken und die wir irgendwann mal zu Spagetti Sauce verarbeiten wollen.
Sommerliche Weihnachten in der Bay of Islands
Ein leichter Wind veranlasst uns die Segel zu setzen und nach Roberton Island umzusiedeln. Auf dieser hübschen kleinen Insel bestaunen wir die Gezeitenpools, beobachten wie sich das Wasser zwischen den Felsen durchzwängt um die Pools wieder zu füllen und wandern auf den Hügel auf dem sich eine Aussichtsplattform befindet. Hier könnte man Stunden verbringen, den Blick über die Bay gleiten lassen, den Vögeln und Zikaden lauschen und die Einsamkeit hier oben genießen während weiße Segel heimwärts Richtung Mooring oder Marina streben. Wir beschließen die Nacht in Roberton zu verbringen.
Am nächsten Morgen, wir sind schon fast fertig zum Weitersegeln, treiben 2 Beiboote ab, die am Strand gelassen wurden. Zum Glück treiben sie in eine Ecke der Bay in der sie erneut am Strand landen und dort von Ihren Eigentümern wieder eingesammelt werden. Wenig später treibt ein Kanu an uns vorbei das wir gerade noch am Strand liegen sahen. An Land sehe ich einen jungen Mann den Hügel hinunter rennen. Zu spät, das Kanu ist unerreichbar fern. Ich hüpfe in mein Beiboot und fange das Kanu ein um es an den Strand zurück zu bringen. Der junge Besitzer hat sich inzwischen in die Fluten gestürzt um es schwimmend wieder einzufangen. Er ist überaus dankbar als ich ihm auf halbem Weg sein Kanu übergebe und meint „I feel so stupid“ und ich „No worries, it can happen to everybody“. Es ist ja auch nicht das erste Boot das ich einfange. Wenn ich so zusammenzähle was ich schon gerettet habe reichen die Finger einer Hand nicht mehr. Und natürlich ist es auch mir schon passiert dass ein anderer mein Beiboot einfangen und zurückbringen musste.
Wir kehren zurück in die Matauwhi Bay, das Wetter ist aktuell unvorhersehbar wechselhaft und nicht geeignet für die lange Tour nach Norden. Wir legen einen Ruhetag ein und wandern an den Long Beach zum Sonnen und Baden.
Im Clubhaus trinken wir noch einen Cidre und ein Bier und treffen auf Elke die frische selbstgebackene Vanillekipferl verteilt. Na ja, es ist ja auch bereits Weihnachten, genau gesagt, Heilig Abend.
Zurück an Bord kommt Nachbar Peter vorbei, der Saxophonspieler, um uns für ein Weihnachtsessen morgen mittag einzuladen. Ich frage Peter ob er nicht Sally abholen will und mit ihr noch auf ein Gläschen Wein zu uns kommen will. Und so sitzen wir wenig später bei Sonnenuntergang fröhlich plaudernd in Carinas Cockpit
Den ersten Weihnachtsfeiertag verbringen wir also bei Peter & Sally. Es gibt Orangenpunsch und kleine Häppchen mit Pastete oder Avocado im Cockpit und später einen traditionellen Schinkenbraten mit Gemüse und Kartoffeln. Dann Kaffee und Kuchen, dazu super nette Gesellschaft mit Schwänken aus unserem Seglerleben – wer braucht da noch einen Weihnachtsbaum (wo ohnehin rundherum die Pohutukawabäume weihnachtlich rot blühen) oder gar Weihnachtslieder? Und am Nachmittag ging sich sogar die von Gaby gewünschte Segeltour noch aus.
Am 2. Weihnachtsfeiertag hieß es früh aufstehen, bereits um 06:00 Uhr, oufff, um Gaby an Land zu bringen. Sie ist heute mit einer organisierten Busreise ans Cape Reinga unterwegs und ich nutze den Tag um die Carina wieder in Schuss zu bringen.
Ich fahre früh morgens nach Opua, rudere wieder mit dem Dhingy mehrmals zum Wasserholen, stecke eine Riesenportion Wäsche in die Maschine, hänge sie auf dem Schiff auf, spüle den Wassermacher und noch bevor ich genug Wasser geholt habe um den Tank zu füllen beginnt es zu regnen. Ein Teil der Wäsche ist noch trocken geworden, der andere hängt nun im Schiffsinneren an den Handläufen. Als der Regen aufhört hat der Wind so stark zugenommen dass es unmöglich ist nochmal mit dem Beiboot zum Wasserholen zu fahren. Auch das Ankeraufholen ist bei diesem Wind ziemlich akrobatisch. Vorn an der Ankerwinsch, unten im Ankerkasten und am Steuer gleichzeitig zu sein erfordert schon ein wenig Sportlichkeit.
Ich bin gerade noch rechtzeitig zurück in Matauwhi um Gaby von der Fähre abzuholen und vorher noch einen ganz kurzen Erholungsstopp bei Elke an Bord einzulegen.
Auf dem Weg nach Süden – der gepiercte Felsen und Tutukaka bei 2,5 m Schwell
Nach 2 sommerlichen Wochen in der Bay of Islands, mit Gaby, ist es Zeit geworden weiterzuziehen, aber nicht wie ursprünglich geplant nordwärts sondern Richtung Süden. Unser Endziel ist Waiheke Island im Hauraki Golf. Nach dem aktuellen Wetterbericht haben wir 4 Tage Zeit bis das nächste Sturmtief uns erreichen wird und das ist nicht genug um bis Waiheke zu kommen und vor allem dort Schutz vor dem kommenden Sturm zu finden. Wir haben deshalb geplant auf halber Strecke Whangarei anzusteuern und dort in der Marina den Sturm abzuwarten, was Gaby ein wenig Unabhängigkeit und endlich mal einen größeren Ort bescheren soll.
Als wir am frühen Morgen den Anker aufholen hängt ein alter verrotteter Mooringblock in Carinas Kette. (Für die Nichtwissenden: Eine Mooringboje ist sozusagen ein permanenter Ankerersatz und besteht aus einem schweren Betonklotz den man auf den Meeresgrund platziert und daran eine Kette oder Leine mit einer schwimmenden Boje befestigt. Daran können dann die Schiffe festmachen ohne selbst ihren Anker nutzen zu müssen) Es ist gar nicht so einfach das schwere Teil aus der Kette zu lösen. Da es auch zu schwer ist um es an Bord zu hieven und dann irgendwo an Land sicher zu entsorgen muss ich es leider wieder zurück ins Wasser plumpsen lassen wo es dem nächsten ankernden Schiff wieder zum Verhängnis werden kann.
Wir müssen nochmal nach Opua, Wasser auffüllen, duschen und Brot kaufen. Diesmal haben wir Glück und können am Clubsteg anlegen und so geht es heute auch ganz schnell und schon sind wir wieder weg. Heute können wir auch mal die ganze Strecke segeln. Wir steuern die Omakiwi Bay für die Nacht an. Die liegt noch innerhalb der Bay of Islands und ist ganz schön voll. Na ja, wir haben „Silly Season“ Sommerferien und Weihnachten wo alles auf dem Wasser ist was einen schwimmbaren Untersatz besitzt. Bei lauter Musik vom Nachbarschiff und Kindergequengel von einem anderen holen wir den Außenborder an Bord und rollen auch das Beiboot zusammen dass wir auf Deck festbinden.
Am nächsten Morgen, starten wir wieder früh. Noch ist kein Wind, deshalb motoren wir unter einem strahlend blauen Himmel um das Cape Brett herum und bestaunen den Piercy Rock, den Felsen mit dem Loch das so groß ist dass bei ruhigem Wetter die Ausflugsdampfer durchfahren können.
Heute ist es allerdings nicht so ruhig, wir haben 2 m Schwell. Es wird sehr schaukelig, wir sehen ein paar kleine blaue Pinguine und bekommen für den Nachmittag sogar noch Segelwind. Am Spätnachmittag kommen wir in der malerischen Mimiwhangata Bay an. Leider haben wir aufgrund des kommenden Sturms keine Zeit hier länger zu verweilen. Ein Sonnenbad, Abendessen, Sonnenuntergang und dann ab ins Bett denn morgen soll es wieder früh weiter gehen.
Bei der Ausfahrt am Morgen spinnt der Motor. Kaum sind wir aus der geschützten Bay draußen und fahren entlang des Fels Kaps zieht er nicht mehr richtig. Auch mit Vollgas tut sich nicht viel. Ich drehe um, zurück in die sichere Bay um das zu überprüfen. Ich blase viel schwarzen Ruß aus dem Auspuff und mache einen zweiten Versuch. An ziemlich derselben Stelle passiert dasselbe wieder, also nochmal zurück in die Bay und ankern. Ich kann nichts Offensichtliches finden und blase mit Vollgas nochmal viel schwarzen Ruß raus. Dann drehe ich noch einige Runden unter Vollgas in der Bay bevor wir uns zum 3. Mal hinauswagen. Vielleicht hatten wir uns auch etwas im Propeller eingefangen dass der Rope-Cutter dann unter Vollgas wieder freigeschnitten hat. Diesmal geht alles gut und der Motor läuft wie gewohnt. Wir halten sehr viel Abstand zum Kap und zur Küste auf dieser Tour um etwas mehr Handlungsspielraum zu haben sollte der Motor wieder mucksen, denn die meiste Strecke müssen wir wieder motoren, mangels Wind oder falscher Windrichtung. Der Motor hielt durch bis nach Tutukaka. Gott sei Dank, denn die Einfahrt nach Tutukaka bei 2,5 m Schwell ist grenzwärtig. Es geht sehr schmal zwischen mächtigen Felsen hindurch und die Gezeitenströmung tut ihr Übriges. Die Einfahrt, die bei normalen Bedingungen schon respekteinflößend ist, erscheint heute gruselig und Angst einflößend, erfordert lokale Kenntnisse und 100 %ige Kontrolle über das Schiff. Ich bin unter Hochspannung aber nachdem ich diese Einfahrt schon so oft durchfahren habe weiß ich genau von welcher Seite ich sie nehmen muss um heil hineinzukommen. Ich beobachte auch ein einheimisches Motorboot wie es die Einfahrt nimmt, in derselben Weise wie ich es geplant habe. Also äußerste Konzentration und durch. Es ist schon sehr gruselig den Surge am Redrock zu sehen an dem wir nur wenige Meter vorbeimüssen. Ein kleiner Fehler und das war‘s mit uns. Alles ist gut gegangen und wir ankern wieder sicher mit einigen andern in der Bay von Tutukaka. Allerdings rollt das Schiff nur so von einer Seite zur anderen denn der Schwell kommt aus Osten und genau durch diese Einfahrt herein. Hier wollen wir auf keinen Fall bleiben um den kommenden Ost-Sturm abzuwettern.
Zum Glück hat der Schwell bis zum nächsten Morgen etwas abgenommen und ist nun nur noch 1,50 m hoch. Wir starten wieder früh bei Niedrigwasser und vermeiden so die Gezeitenströmung. Die Ausfahrt (nur 16 Stunden später) war fast wie an normalen Tagen, was für ein Unterschied zum Vorabend.
Wieder scheint die Sonne und wir genießen die herrliche Küste, den Bream Head, ein hohes, bizarres Fels Kap, die liebliche Smugglers Bay und kommen nachmittags an unserem heutigen Ziel, der geschützten Parua Bay im Hatea River an. Das ist gut so, denn inzwischen haben Wind und Welle wieder zugelegt.
Als erste das Neue Jahr begrüßen - Sylvester in der Parua Bay
Ein Beiboot hält auf uns zu – ein Herr grüßt freundlich und verweist auf unsere deutsche Flagge. Er sei Bob, Neuseeländer, von der nebenan ankernden Matahari. Er arbeite oft in Deutschland und plant in Europa ein kleineres Schiff zu kaufen um es hier her zu segeln und wollte wissen welchen Weg ich genommen habe. Ich finde das lässt sich alles viel besser in Ruhe an Bord besprechen und lade ihn spontan ein zum Abendessen zu kommen und Sylvester mit uns zu feiern.
Bis dahin gibt es aber noch einiges zu tun, abgesehen vom Kochen fürs Abendessen, denn heute ist Pflegetag auf der Carina. Und auch das Beiboot benötigt dringend Aufmerksamkeit. Wir entrollen es an Deck und befreien es nun mit einer Plastikspachtel von all den Baby-Barnackles (eine Art Seepocken) die sich an seinem Boden angesiedelt haben. Unglaublich nur 3 Wochen in der Bay of Islands und der Boden ist dicht an dicht mit Barnackles bedeckt. Genauso sieht sicherlich auch Carinas Bauch aus, aber der muss noch ein wenig warten, so viel Zeit haben wir heute nicht.
Bob kommt wie vereinbart und bringt in seinem Rucksack die komplette Bord Bar mit. Rum, Gin, Tonic, Wein, rot und weiß … und wir starten mit einem Gin Tonic. Da unsere Bordvorräte fast komplett aufgebraucht waren, mussten wir fürs Abendessen ein wenig improvisieren und so gibt es erst mal Guacamole aus den restlichen Avocados und Cräcker als Vorspeise und Spagetti mit Soße aus Austernpilz-Jerky als Hauptgang. Die Nachspeise war mehr flüssig…. Alles in allem ein gelungenes Essen und ein sehr lustiger unterhaltsamer Abend mit Bob. Um Mitternacht kramt Gaby ein aus Deutschland mitgebrachtes Mini-Feuerwerk aus das wir erst nach telefonischer Anweisung aus Deutschland zum Laufen bringen. So nahe hinter der Datumsgrenze sind wir so ziemlich die ersten auf dieser Erde die das Neue Jahr begrüßen. Alle anderen müssen noch einige Stunden länger warten, Deutschland sogar ganze 12 Stunden. Happy New Year!
… und wieder Whangarei
Am ersten Tag des neuen Jahres brechen wir auf nach Whangarei. Bob hatte uns liebenswürdigerweise seinen Dauerliegeplatz, in der Town-Bassin Marina, kostenlos überlassen, da er die nächsten Wochen nicht vorhat zurückzukehren.
Da Feiertag ist habe ich vorsichtshalber schon am Morgen die Brücke angerufen und uns angekündigt und so haben wir diesmal einen Termin. Um 16:00 werden wir an der Brücke erwartet. Wir kämpfen wieder mit viel Wind (30 kn) und Strömung, aber diesmal mit uns so dass wir viel zu schnell sind. Mit kaum Gas machen wir immer noch 6 kn Fahrt. Das ist zu schnell wir wären zu früh an der Brücke. Der Motor läuft nun nur noch im Leerlauf und trotzdem machen wir noch 4 kn. Die Brücke öffnet für uns mit einem Happy New Year, obwohl wir zu früh dran sind.
Ich grüble wie wir an den Piles(Pfosten) anlegen sollen, speziell bei diesem Wind – aber wenigstens kommen wir bei Hochwasser an und müssen keine Strömung berücksichtigen. Immer noch fegen vereinzelte Böen über uns hinweg und ich beschließe erst mal längsseits an einem freien Finger-Steg anzulegen und die Sachlage an den Piles zu Fuß zu erkunden um dann später bei Windstille hinüberzuwechseln.
Der anvisierte Steg war wider Erwarten nicht frei, der Wind hat grad vergessen zu blasen und wir fahren direkt zu den Piles. Gaby fischt fleißig und erfolgreich die vorbereiten Festmacher von den zwischen den Piles gespannten Leinen, deren Ablängung aber überhaupt nicht auf unsere Schiffsgröße passen (Bobs Schiff ist 4 m länger). Nach einer vom Wind gnädigen ½ Stunde haben wir dann doch alle Leinen belegt und hängen sicher an den Piles. Der Steg ist so kurz dass wir ihn nur mit der Bugspitze erreichen. Es ist auch kein Schwimmsteg, wir müssen also entweder bei Niedrigwasser eine Leiter hinauf oder bei Hochwasser ein Treppchen hinunterklettern. Aber wir haben freien Zugang an Land und können uns nun unabhängig voneinander bewegen Ein Segen für Gaby, die allmählich Cabinfever bekam und gut für mich mal keine Pläne machen zu müssen und mich ums Schiff kümmern zu können.
Der nächste Tag bringt dicke Wolken und ein gemütliches langes Frühstück das man der Uhrzeit halber schon eher ein Mittagessen nennen sollte, dann eine Tour zu den Supermärkten, weil alle Vorräte zu Ende waren, und dann kommen spontan Veronika und Robert zu Besuch. Wie schön – der weitere Einkauf wird verschoben – Gaby verlässt uns für eine Wanderung – wir ratschen noch lange.
Inzwischen ist Bootsnachbar Des angekommen und ich stelle mich vor als Teilzeitnachbar. Ohh, wir haben versehentlich seine Festmacher verwendet, na ja, da tauschen wir halt ein wenig hin und her bis jeder wieder seine Leinen hat und alles passt. Ich habe nun keine Heckleine mehr, die schwimmt unerreichbar fern am hinteren Pfosten im Wasser. So bindet Des die Carina einfach seitwärts an seinem Schiff an.
Ich nutze die Gelegenheit fest vertäut zu sein und Wasser in Hülle und Fülle zur Verfügung zu haben. Ich hole die gesamte Ankerkette aus dem Ankerkasten. Sie hatte sich nach so langer Zeit vor Anker und dem ewigen herumschwingen in der wechselnden Strömung so vertörnt dass die letzten 20 m gar nicht mehr herauszubekommen waren. Ich lege sie auf Deck aus, entwirre und wasche sie mit frischem Wasser und lasse sie wieder unvertörnt zurück in den Kasten. Das Deck wird geschrubbt, die Sonnencremeflecken von Gabys Nivea Sonnenmilch die das Cockpit orange verfärbt hatten mit Grunt (einem aggressivem chemischen Mittel) entfernt. Der Wassermacher wird gespült und der Tank wieder mit Frischwasser aufgefüllt. Ein erfolgreicher Pflegetag auf der Carina geht zu Ende und ich bin gerade rechtzeitig fertig als Gaby von der Wanderung zurück ist und bereite nun das Abendessen – es gibt frischen Thunfisch den ich heute an der Fischtheke erstanden habe – Yummy yummy
Und das war dann auch der letzte halbwegs trockene Tag in Whangarei, ab jetzt: Regen Regen Regen, und heute ganz besonders heftig, weswegen Whangarei von den Einheimischen auch „Whanga-rain“ genannt wird. Veronika und Robert die heute zum Abendessen eingeladen sind kommen pitschnass an und bringen mir die mit Diesel aufgefüllten Kanister mit die ich ihnen 2 Tage vorher mitgegeben hatte. Das ist eine unschätzbare Hilfe für mich, sie haben ein Auto, ich hätte mit den 5 Kanistern zu Fuß zur 1 ½ km entfernten Tankstelle gehen müssen. Als Belohnung gibt’s Lamm Haxe mit grünen Bohnen und Kartoffeln und vorher Baby-Clams in Gemüsetomatensoße mit frischem Ciabatta. Wie immer hat Veronika einen leckeren Kuchen gebacken und als Nachspeise mitgebracht. Wieder ein wunderschöner Abend mit lieben Freunden.
Ein weiterer heftiger Sturm ist im Anzug und ich muss die Carina sturmsicher machen. Ohne Heckleine und Spring fühle ich mich auch hier in der Marina unwohl. Zum Glück liegen in der Marina hölzerne Ruderkähne die man sich ausleihen kann und mit so seinem schweren Kahn rudere ich nun zur Carina, fische die Achterleinen aus dem Wasser und befestige sie an der Carina. Dabei quetsche ich mir die Hand zwischen Ruderkahn und Badeleiter – auahhh das wird noch einige Zeit schmerzen. Aber Hauptsache die Carina ist sicher. Wenn sie sicher ist, sind auch wir sicher.
Allmählich wird der Strom knapp an Bord. Obwohl es überall stürmisch ist, kommt nicht genug Wind in diese Ecke der Marina um den Windgenerator anzutreiben. Die Solarzellen musste ich einklappen, da sie sonst an den Piles und Nachbarbooten anstoßen würden und außerdem ist der Himmel so grau, dass sie kaum Strom liefern. Es gibt einen Landanschluss für 230 V den ich aber nicht benützen darf, da man hier ein spezielles Sicherheitszertifikat für die Bordelektrik erstellen lassen muss. So eines kostet viel Geld, ist ein Riesenaufwand und für mich unnötig, da ich so gut wie nie in einer Marina ende, und wenn doch reichen in der Regel auch dort Windgenerator und Solarzellen. Hier aber sind wir nach 5 versorgungslosen Tagen bereits bei nur noch 11,2 V angelangt und es ist noch keine Besserung in Sicht. Zeit die Marina bald möglichst zu verlassen. Trotzdem bleibe ich noch 3 weitere Tage um Gaby die Gelegenheit zu geben ihre weitere Reise zu planen, einen Bustransfer und eine Unterkunft zu finden.
Ich wandere mit der Gasflasche im Rucksack zur Gasstation (die einzige die meine europäischen Flaschen auffüllt) mache meine Einkäufe für die kommenden Tage die ich wieder vor Anker im Fluss verbringen werde, denn das Wetter ist noch gar nicht küstentauglich für die gesamte kommende Woche.
It’s just wonderful
Es regnet, stürmt, die Carina zerrt an der Ankerkette aber für mich scheint die Sonne. Ich genieße es mein Schiff wieder für mich alleine zu haben, wieder meinen Gewohnheiten zu folgen und mich in meinem zu Hause wieder frei bewegen zu können, nicht für andere planen zu müssen sondern einfach wieder in den Tag hineinzuleben und spontan zu entscheiden ob ich bleiben will wo ich bin oder das Wetter mich hinaus lockt zu einer schönen Segeltour oder einem Ortswechsel. Und ich bin soooo froh und entspannt, its just wonderful
Gestern Morgen hat Gaby das Schiff verlassen um Ihre Entdeckungsreise durch Neuseeland auf dem Landweg fortzusetzen und ich habe die zwar komfortable aber stickige Marina im TownBassin von Whangarei verlassen. Gezeitenabhängig gibt es bis zu 2 Knoten Strömung in der Marina die je nachdem bei Ebbe flussabwärts und bei Flut flussaufwärts durch die Marina strömt und das An- und Ablegemanöver stark beeinträchtigt. Bei endlich mal wieder strahlendem Sonnenschein bei Hochwasser nutze ich das stillstehende Wasser und löse die vielen Festmacher und Springs von der Carina mit denen ich an 3 Pfählen und am Ufer befestigt bin. Der Wind hat auch gerade eine Pause eingelegt so dass das Ablegemanöver problemlos verlief. Die Brücke öffnet wie immer auf Anforderung für mich und nun ankern wir (Carina und ich) wieder mal im Fluss vor Norsand. Ans Meer vor zu fahren macht aktuell keinen Sinn denn wir erwarten den tropischen Sturm ‚Hale‘ in den nächsten Tagen mit sintflutartigem Regen und Sturmböen. Da liegt man hier im Fluss am sichersten auch wenn der Fluss wieder Hochwasser haben wird und jede Menge Zeug den Fluss hinunterschwimmen wird. Aber noch schien die Sonne und ich kann alle Luken öffnen um die Feuchtigkeit der letzten Tage aus dem Schiff zu bekommen. Ich räume wieder alles an seinen Platz zurück was ich in andere Schapps gestopft hatte um Patz für Gaby zu machen (immerhin hatte sie das halbe Schiff für sich ganz alleine und den Rest mit mir geteilt so dass für mich, in ein winziges Eckchen zurück gezogen, kaum Bewegungsraum blieb, von Privatsphäre oder einem ruhigen ungestörten Eckchen ganz zu schweigen.)
Nachdem ich also wieder meinen Lebensraum zurück erobert habe genieße ich noch ein wenig die Ruhe im Fluss, die Sonne im Cockpit und blase dann das Beiboot wieder auf, hänge den Außenborder wieder dran (der sich aktuell sehr anständig verhält – also keine Raketenstars mehr hinlegt) denn um 18:00 wenn der Wasserstand wieder hoch genug ist um an der Leiter in Norsand anzulegen werde ich hinüber motoren. Ich bin bei meinen Freunden im Boatyard zum Grillen eingeladen.
Und es war wieder ein fröhlicher unterhaltsamer Abend mit all den anderen Seglern die aktuell auf dem Trockenen sitzen, mit Scampi Spießen, glasierten Pilzen vom Grill, Salat und Wien. Und es war fantastisch wieder in meinem eigenen Bett zu schlafen in dem ich mich austrecken kann und Platz für meine Arme habe die ich die letzten Wochen beim Schlafen ganz eng um mich gewickelt hatte aus Platzmangel.
Mit dem schönen Wetter ist es ja nun schon wieder vorbei, Cyclone „Hale“ streckt schon seine Fühler nach uns aus, aber es ist trotzdem wunderbar wieder alleine und vor Anker zu sein. Die Batterien haben sich wieder erholt, die gestrige Sonne und der konstante Wind haben sie flugs wieder auf Normalzustand geladen, im Schiff hat wieder alles seine Ordnung und ich kann mich einfach frei bewegen und unbeschwert in den Tag hineintrödeln. Und ich fühle mich sooo befreit und glücklich wie lange nicht mehr.
Ich werde noch einige Tage hier verbringen, im Schiff so einige Arbeiten erledigen die in den letzten Wochen liegengeblieben sind da einfach kein Platz und keine Zeit war sie durchzuführen und dann schau mer mal was das Wetter für mich nach „Hale’s“ Durchzug zum Wochenende hin bereit hält. Jetzt muss ich aber erst mal raus und die Carina sturmsicher machen.
So, erledigt: Bimini (=Sonnendach) weggerollt damit der Wind weniger Angriffsfläche hat und es nicht zerfetzt, Schoten mehrfach fest ums Segel gewickelt damit der Wind es nicht aufblasen kann, alle Fallen, Leinen gesichert, alles was lose ist und davonfliegen könnte in die Backskiste gesteckt oder nach drinnen gebracht, die gesamte Ankerkette (50 m) ausgebracht obwohl nur 2-4 m Wassertiefe (die Kette bringt zusätzliches Gewicht und somit mehr Haltekraft), das Beiboot mit mehreren Leinen seitwärts befestigt damit es nicht abgerissen wird und sich auch nicht überschlagen kann. Und jetzt heißt es warten. Schon ein mulmiges Gefühl zu wissen dass man sich in der Zugbahn eines Cyclons befindet.
Cyclone „Hale“
Es ist mein erster Cyclone in den ich hineingerate und ich bin ziemlich aufgeregt aber heilfroh dass ich mich im Fluss 30 km Inland befinde. Gespannt lausche ich den Wetterberichten und Sturmwarnungen am Funk und suche online nach allen Wetterinfos im Seewetterbericht obwohl es eigentlich egal ist. Ich kann eh nichts daran ändern und nicht mehr tun als ich bereits getan habe. Es gibt kein Entrinnen. Ich liege hier vor Norsand vor Anker und das ist so ziemlich der sicherste Platz an dem man sich bei diesem Wetter befinden kann. Bis hier hoch kommt kaum eine Welle während draußen an der Küste 6 m Schwell und raue See zu erwarten sind. Auch der Wind schwächt sich auf den 30 km über Land etwas ab, so dass es hier nicht gar so schlimm werden wird. Und sollte es mich dennoch abtreiben bleibe ich lediglich im Schlamm oder den Mangroven stecken, so dass es keine nennenswerten Schäden am Schiff geben würde.
Noch wird Hale als Cyclon der Kategorie 1 eingestuft. Das heißt er wird nicht mehr als 34 bis 47 kn (63-87 kmh) Wind und Böen bis zu 67 kn (125 kmh) mit sich bringen und sintflutartigen Regen.
Während ich eifrig die Cyclon Warnungen verfolge lerne ich auch so allerhand über Cyclons (Zyklone). Cyclons, Hurricanes und Typhoons sind genau dasselbe, es kommt nur auf den Ort ihrer Entstehung an welchen Namen sie tragen. So nennt man die Wirbelwinde im Atlantik Hurricane, im Nordwest Pazifik Typhoon und hier im Südpazifik Cyclone.
Sie werden in 5 Kategorien eingeteilt wobei die höchste Kategorie 5 Winde mit mehr als 107 kn (200 kmh) und Böen mit mehr als 280 kmh mit sich bringen.
Ein Cyclon ist ein Tiefdrucksystem mit Sturmstärke, das sich in tropischen Gewässern über warmem Wasser und bei instabiler Drucklage bildet wobei Unmengen von feuchter Luft mit aufgenommen werden die zu sintflutartigen Regen führen. Die heftigsten, stürmischen Winde kreisen um ein Zentrum, des Auge des Cyclons.
In der Nord Hemisphäre ist Hurricane Saisonn von Juni bis November, so wie wir das von der Karibik kennen, in der Süd Hemisphäre ist Cyclone Season von November bis April mit durchschnittlich 10 Cyclons wobei einer davon Neuseeland erreicht.
Auf dem Weg nach Neuseeland, das ja nicht mehr in den Tropen liegt, verlieren die Cyclone auf ca. halber Strecke an Stärke und werden daher nicht mehr als Tropical Cyclone eingestuft, behalten aber ihren Namen bei für die weitere Entwicklung des Wettersystems. Auf dem weiteren Weg über kälteres Wasser gewinnen die Winde jedoch wieder an Stärke, der exCyclone verändert etwas seine Form und die stürmischen Winde breiten sich großflächiger über Hunderte von Kilometern rund um das nicht mehr so markante Zentrum aus und können so bedeutend heftiger werden als der auslösende Cyclone. So auch diesmal, Hale ist nun kein tropischer Cyclone mehr sondern ein exCylcon, wird aber mit mehr als den ursprünglichen Windstärke, nämlich als Kategorie 2, hier voll auf die Ostseite der Nordinsel treffen, am stärksten in der Region in der ich mich aktuell befinde. Der Wetterbericht spricht von 55 kn und noch stärkeren Böen und Wellen von 6 m +. Wissend dass mir die Wellen hier im Fluss keine Schwierigkeiten machen werden und sich der Wind hier her etwas abschwächen wird hoffe ich nun dass alles gut gehen wird und der Anker hält.
Den ganzen Tag über regnet es nun schon leicht, der Wind hat zwar aufgefrischt ist aber noch unauffällig. Ich halte mal vorsichtshalber ein Mittagschläfchen um in der Nacht fit zu sein, sollte es nötig werden. Aber auch die Nacht bleibt noch verhältnismäßig ruhig. Hale will uns wohl noch etwas länger auf die Folter spannen, aber so bekomme ich wenigstens noch ausreichend Schlaf. Erst in den frühen Morgenstunden gegen 04:00 erreicht uns der exCyclon und es beginnt heftig zu blasen, schaukeln uns kurze Wellen hin und her und es regnet in Strömen. Alle Stunde betätige ich die Bilgepumpe um das Regenwasser auszupumpen dass durch den Mast ins Schiffsinnere läuft. Ein Segelmast ist ja kein geschlossenes Rohr sondern hat viele längliche ca. 10 cm lange, 2 cm breite Schlitze aus denen die Fallen (Leinen) aus dem Mast austreten und in die der Wind das Regenwasser in den Mast hineinpresst. Darin läuft es dann hinunter und da mein Mast nicht auf Deck steht, sondern im Schiff auf dem Kiel befestigt ist, läuft das Wasser in die Bilge und muss regelmäßig ausgepumpt werden.
Als ich um halb Zehn das erste Mal den Kopf aus dem Niedergang stecke ist das Beiboot schon zu 2/3 mit Wasser gefüllt. Zum Glück hat es genug Auftrieb um auch wenn es randvoll ist nicht unterzugehen. Zu gerne würde ich das Wasser ausschöpfen (was aktuell nicht geht) aber andererseits ist es ganz gut, denn es bringt mehr Gewicht ins Beiboot so dass es weniger leicht umgeworfen werden kann. Die Carina wird von den starken Böen immer wieder heftig zur Seite gelegt und schwingt powerful hin und her. Die stärksten Winde werden für heute Nachmittag erwartet. Die Spannung steigt. Spät abends wird es wieder ruhiger werden und so wird es über Nacht voraussichtlich bleiben. Das ist die Zeit in der wir uns im Zentrum des exCyclons befinden werden. Am Mittwoch kommt dann die Rückseite des Cyclons über uns hinweggefegt und ab Mittwochnacht sollten wir es überstanden haben. So zumindest die bisherigen, ständig aktualisierten Vorhersagen.
Der Fluss führt inzwischen Hochwasser und obwohl wir fast schon Niedrigwasser haben (2 m Unterschied) ist der Wasserspiegel kaum gefallen. Die Strömung ist viel stärker als sonst und erste Äste und Bäumen treiben an uns vorbei. Armes Whangarei, alles wieder überflutet. Es ist ja gerade erst 5 Wochen her als Straßen überflutet, alle Schulen geschlossen waren und der Secondhandbuchladen einen Großteil seiner Bücher in den Fluten verloren hat. Die Nachrichten vermelden Überschwemmungen, Erdrutsche, Stromausfälle und 57 geschlossene Überlandstraßen in ganz Northland. Wer nicht unbedingt unterwegs sein muss, ist angehalten zu Hause zu bleiben. Der Höhepunkt des Sturmes wird für heute abend 22:00 Uhr erwartet. Und ich pumpe stündlich das Wasser aus der Bilge.
Der Himmel scheint gerade etwas heller und der Regen hat sich zu Nieseln degradiert. Ich nutze die Chance für einen Rundgang und Deck-Check und um das Beiboot von einem Teil seiner Wassermassen zu befreien. Mit der großen Pütz (einem schweren schwarzen Gummieimer) schöpfe ich von Bord aus, Eimer um Eimer, bis ich den Wasserspiegel auf ¼ voll gesenkt habe. Inzwischen bin ich aber auch pitschnass und der Regen hat wieder an Stärke zugenommen. Also wieder hinein, was Trockenes anziehen, weiter an diesem Bericht schreiben und hoffen dass der Anker weiterhin so gut hält wie bisher.
Mittwoch abend: Hale hat sich endgültig aus unserer Region verabschiedet und zieht nun südostwärts weiter, über Auckland und das East Cape hinweg, um sich dann im Südpazifik zu verlieren.
Donnerstag morgen: strahlend blauer Himmel, immer noch eine frische Brise von 20 bis 25 Kn, aber es ist wirklich vorbei. Wir sind glimpflich davon gekommen. Nur die beiden Flaggen haben wieder gelitten und sind zerfetzt (muss sie wieder flicken) und eine der seitwärtigen Leinen des Beiboots ist durchgerissen. Ich nutze den schönen Tag für einen ausgiebigen Landgang. Wer weiß wann der nächste möglich ist, die nächsten Tage wird es wieder regnen und über den Tropen braut sich bereits der nächste Cyclone zusammen der von den Meteorologen aufmerksam verfolgt wird und diesmal hoffentlich nicht seinen Weg bis Neuseeland findet.
Was für ein Sommer!
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