Mini-Camper - Logbuch
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- Veröffentlicht: Montag, 29. Juni 2015 07:24
365 Tage im Minicamper - durch 9 Länder - 11500 km
Die Alternative
Was macht man wenn eine Pandemie einen daran hindert nach Hause zurückzukehren und man am anderen Ende der Welt sitzt und sehnsüchtig wartet bis die Grenzen wieder öffnen?
Mein Zuhause ist mein Segelschiff und das liegt im Moment für mich unerreichbar, bedingt durch die Grenzschließungen, in Neuseeland.
Ich bin zur falschen Zeit (Ende Januar 2020, kurz vor Pandemiebeginn) nach Deutschland geflogen und kann auf unbestimmte Zeit nicht zurück auf mein Schiff, das mein einziges Zu Hause ist.
Ich brauchte eine Alternative.
Für mich als "ewige Zigeunerin", die nur glücklich ist wenn sie unterwegs sein kann, hieß die Alternative:
"Citroen Berlingo Hochdachkombi Bj 2000" mit Faltdach
Den hab ich mir im Januar 2021 gekauft und zum Mini-Camper umgebaut.
Hier folgt der Bericht vom Ausbau bis zum Tag an dem ich in den kleinen Camper umziehe um mit ihm solange durch Europa zu touren bis Neuseeland seine Grenzen wieder öffnet und mich zurückkehren lässt, zu meinem Schiff, zu meiner "Carina".
Wie es begann ...
Im Dezember 2020, mitten in der Pandemie, wurde mir klar, dass es möglicherweise noch Jahre dauern kann bis ich wieder aufs Schiff darf und reisen kann. Ich brauchte etwas um die Tage und Abende zu füllen an denen alles geschlossen war und Kontakte zu Familie und Freunden nicht oder nur sehr eingeschränkt erlaubt waren.
So entstand die Idee, die Zeit in der ich auf meine Rückkehr zum Schiff warte, mit dem Ausbau eines Mini-Campers zu überbrücken und sobald innereuropäisches Reisen wieder möglich ist damit auf Tour zu gehen.
Die Suche nach einem geeigneten Fahrzeug, für das ich möglichst wenig Geld investieren wollte, begann ... und zu Sylvester wurde ich fündig.
Am 2. Januar 2021 fuhr ich nach Bielefeld um dort den kleinen Berlingo abzuholen. Er war ein ganz normaler PKW mit Rücksitzen und Gepäckabdeckung und für sein Alter (21 Jahre) mit 137 000 km, neuem TÜV und keinem sichtbaren Rost, noch ganz passabel.
Das Besondere an ihm war jedoch sein Faltdach. Das kann ich komplett über die gesamte Fahrzeuglänge öffnen um nachts von meinem Bett aus "Sterndal zu schaugn" oder einfach tagsüber aufrecht darin zu stehen.
Der Ausbau musste allerdings noch einige Wochen warten, den alle Geschäfte, vor allem Baumärkte waren geschlossen. So hatte ich genügend Zeit zu planen. Und das war gut so, denn die Pläne die ich zeichnete sahen jeden Tag anders aus. Erst Mitte Februar stand der endgültige Grob-Plan. Und dann kam endlich der Tag an dem die Baumärkte öffneten.
Ich hab mir extra den Nachmittag frei genommen, bin 5 Stunden durch den Baumarkt gelaufen um ALLES einzukaufen was ich brauchen könnte.
Das war gut so, denn wenige Tage später mussten die Baumärkte bereits wieder schließen und das ewige "online-schoppen" ging mir schon ganz schön auf die Nerven. Vor allem wenn man so viele verschiedene Dinge braucht und dazu unzählige Bestellungen bei verschiedenen Händlern aufgeben muss. Manche Sachen muss man einfach vorher sehen und in die Hand nehmen können bevor man weiß ob sie brauchbar sind. Es war also nicht ganz einfach ...
Die Rücksitze hatte ich inzwischen ausgebaut und fuhr nun, gefüllt mit Baumaterialen, in den Bayerischen Wald um bei meinen Kindern in der Hobby-Werkstatt mit dem Ausbau zu beginnen.
Der Ausbau ...
Für den Ausbau haben wir 2 1/2 Wochenenden benötigt. "WIR" das war in erster Linie "Markus", denn er hatte den größten Teil der Ausbauarbeiten übernommen während ich die Regie und Planung inne hatte, als Handlanger diente, Schleifarbeiten ausführte und die kleineren Details übernahm, genauso wie Claudia.
Ohne die Beiden wäre es sicher nicht so schnell gegangen und auch nicht so schön geworden.
Zuerst musste alles ausgebaut werden, Sitze, Verkleidung, Gurte ...
Dann sägten wir die Multiplex Boden-Platte in Form auf der letztlich alles Mobiliar verschraubt werden sollte.
Es war eine ziemliche Fieselarbeit bis sie endlich korrekt passte. Man glaubt es nicht wie viele Ecken und Kanten so ein Auto hat.
Dann kam ein PVC-Belag drauf und die erste Kiste die den Kopfteil des Bettes bilden wird.
Die Bettkonstruktion war recht aufwändig, denn ich hatte mir in den Kopf gesetzt, dass mein Bett in der Breite stufenlos verstellbar sein müsste von 60 cm bis 1 m. Also mussten wir die Bettlatten so ineinander versetzt anordnen, dass man sie zusammenschieben und auseinanderziehen kann. Der feststehende Teil des Bettes wurde mit dem Boden verschraubt, während der bewegliche Teil Füße mit Rädern bekam. Die Bodenplatte und das Bett zu bauen und einzupassen hat uns ein volles Wochenende gekostet.
Am nächsten Wochenende kam der Küchenblock dran.
Und wieder fuhr ich, mit dem inzwischen fertigen Bett, gut beladen zu meinen fleißigen Helfern.
Wieder ein Wochenende mit viel Tüftelei und Arbeit in der die Küche entstand.
Der untere Teil ist für Stauraum vorgesehen und feststehend, während der obere Teil, auf dem der Kocher steht, zum Heck hin ausziehbar ist, sodass man bei schönem Wetter draußen kochen kann.
Statt Klapptüren, die immer nur im Weg sind, bekam die Küche Schiebetüren und das Wachbecken, bestehend aus 2 Plastikschüsseln, wurde versenkt eingebaut, so dass es nicht herumrutscht aber jeder Zeit rausgenommen werden kann. Denn welchen Sinn macht es das Wasser zum Geschirr zu tragen, wenn es oft viel einfacher ist, das Geschirr zum Wasser zu tragen (z.B. an einem Fluss oder auf dem Campingplatz).
Trotzdem hat der kleine Camper, den ich "Berli" getauft habe (Kurzform von Berlingo), auch einen Wassertank und fließend Wasser, betrieben über eine mechanische Fußpumpe (unten rechts), wie auf dem nächsten Foto zu sehen.
Auch eine Toilette hat er, das klassische Porta Potti.
Unter Küche und Bett haben die Outdoormöbel (Stuhl und Tisch) ihren Platz. Jetzt ist er fast fertig, fehlt nur noch der vordere Abschluss der Küchenzeile, den eine weitere Box bilden wird, in der die mit Kartuschen betriebene Camping-Gasheizung (ein Mr.Heater Buddy) ihren Platz finden wird.
Noch ein weiterer Tag Arbeit und die Hardwarearbeiten sind erledigt. Sogar die Powerstation zur Stromversorgung für Beleuchtung, Laptop, Handy... hat Ihren Platz auf der Mittelkonsole zwischen Fahrer- und Beifahrersitz bekommen. Nun folgten noch viele Stunden hinter der Nähmaschine und für all die kleinen Detailarbeiten.
Es fehlen nur noch die kleinen Details und Verschönerungsarbeiten, wie Vorhänge auf die passende Größe bringen und montieren, Haken, Hängenetze anbringen, Solarzelle verkabeln ...
Und so sieht er nun fertig aus:
Unter dem Kocher befindet sich ein Ausziehtischchen auf dem ich Essen oder meine Teetasse abstellen kann während ich mich mit einem guten Buch auf mein Sofa kuschle. So kann man auch Regentage gut überstehen.
Bei schönem Wetter und geöffneter Heckklappe kann ich die Küche nach hinten ausziehen und im Freien kochen.
Fürs Nachmittagsschläfchen hänge ich einfach das Zwischenbrett des Bettes ein und hab ein gemütliches Sofa auf dem ich mich ausstrecken kann und trotzdem noch genügend Platz bleibt um mich im Camper bequem und frei bewegen zu können.
Für die Nacht hab ich es lieber etwas bequemer und breiter. Mit 2 Handgriffen ist das Bettgestell ausgezogen und schon hab ich 1 m Breite für eine geruhsame Nacht.
Was hat's gekostet?
- Viel Kopfzerbrechen, bis endlich der Plan stand und alles was ich drin haben wollte auch so reingepasst hat dass auch für mich noch genügend Platz bleibt.
- ca. 90 Arbeitsstunden
- insgesamt 6100,- Euro
davon entfallen
2300 für den Autokauf
1300 für Fahrzeug General-Überholung und Ersatzteile - 2000 für den Ausbau und die Ausstattung
Die Ausbaukosten gliedern sich in:
450 Holz
300 Schrauben, Winkel, Scharniere, Kleinzeug ...
310 Matratzen und Textilien (Vorhänge, Bezüge, Moskitonetze, Persenning, Befestigunsmaterial)
130 Gasheizung
100 Kochen (Gaskocher, Töpfe, Kessel ...)
260 Sanitär (Toilette, Dusche, Pumpe, Tanks, Waschbecken, Wasserhahn, Schläuche ...)
250 Elektrik (Powerstation, Solarzelle, Lampen, Kabel ...)
200 Outdoormöbel (Tisch, Stuhl, Hängematte ...) - 500 für den Fahrradträger und verstärkte Heckklappendämpfer um die Heckklappe auch mit dem Fahrrad oben zu halten
Für mich ist es jede Minute und jeden Pfennig wert den ich hinein investiert habe, denn jetzt bin ich wieder frei und unabhängig.
Am 1. Juni 2021 gebe ich mein kleines Appartement auf und ziehe um in den Berli ...
Jetzt fehlt nur noch gutes Wetter und ...
... the adventure can begin.
18. März 2022
... Und da waren viele Abenteuer auf meiner bisher 10-monatigen Reise
Im Sommer 2021 durch die deutschen, österreichischen, italienischen, schweizer und französichen Alpen.
Dann weiter quer durch Frankreich dem Lauf der Dordogne folgend, beginnend an seiner Quelle im Naturpark Lac & Vulcanos bis zu seiner Mündung in die Garonne, nahe Bordeaux.
Weiter an die französische Atlantikküste bei Arcachon und dann immer der Küste folgend ins Baskenland, Kantabrien, Asturien, Leon, durch die 'Los Picos de Europe' und dann quer durchs Land nach Portugal und dort wieder die Atlantikküste hinunter bis an die Algarve.
Im November hab ich den Berli einen Monat lang allein in Malaga zurückgelassen und bin für einen Monat nach Kanada / Vancouver geflogen, meinen Freund Jim zu besuchen.
Ab Dezember waren der Berli und ich wieder vereint und sind mit der nächsten Fähre, von Huelva/Spanien, auf die Kanaren geschippert um dort zu überwintern.
6 Wochen Teneriffa, 5 Wochen La Gomera und seit 2 Wochen La Palma.
Da bin auch jetzt gerade, während ich diese Zeilen schreibe. Schön warm und sonnig ist es hier, man vergisst ganz dass es auch noch so was wie 'Winter' gibt.
Berli bei unserer Ankunft in La Palma, Februar 2022
Berli sucht ein neues Frauchen/Herrchen
Jetzt bin ich seit 10 Monaten mit dem Berli unterwegs und hab es nie geschafft, hier auf dieser Seite, über die wunderschönen Erlebnisse, Begegnungen und Landschaften, oder auch das eine oder andere Missgeschick zu berichten. Es war einfach immer viel zu viel los, es gab viel zu viel zu sehen, es war viel zu schön und spannend um Zeit und Ruhe für Reiseberichte zu finden.
Im Mai ist unsere gemeinsame Zeit dann leider zu Ende, denn da kann ich endlich wieder zurück nach Neuseeland, auf mein Schiff, die Carina.
Das heißt ich muss mich leider für immer von meinem Berli trennen, was mir gar nicht leicht fällt, denn er hat mich nie in Stich gelassen, abgesehen davon dass die an Altersschwäche verstorbene Batterie durch eine neue ersetzt werden musste.
Der Berli ist seit Mai 2022 verkauft
und wird hoffentlich seiner neuen Besitzerin genauso viel Freude und schöne Abenteuer bereiten wie mir.
Für mich waren es 365 wunderschöne Tage in denen ich ausschließlich im Berli gelebt habe, mit all meinem Hab und Gut.
Wir haben 9 Länder bereist und dabei 11.500 km zurückgelegt
Bilder davon gibt es demnächst hier.