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Logo Unter weißen Segeln

Carina's Logbuch

Mo 23.11.2015

Die unendliche Geschichte…

 

Heute ist  mein letzter Tag in der Portimao Marina. Morgen geht’s weiter - ostwärts. Der Vormittag ist gefüllt mit den letzten Vorbereitungen für die nächste Segeltour und den Nachmittag verbringe ich in Silves, einer kleinen Stadt 10 km landeinwärts.

Als ich abends heimkomme bin ich ziemlich müde vom langen umherwandern, koch mir nur noch ein paar Nudeln, mix ein Pesto drunter und freu mich auf mein Bett. Da brummt mein Handy – eine SMS – von einer spanischen Nummer, geschrieben in gutem Deutsch. Da interessiert sich jemand für meinen Außenborder, den ich zum Verkauf ausgeschrieben habe. Yipiiieeehhh, in letzter Minute. Jetzt muss ich die nur noch davon überzeugen dass sie ihn heute noch, oder morgen früh vor  08:00 Uhr abholen. Passt, sie kommen heute noch um 21:00 Uhr. Bin ich froh!!! Sonst hätte ich mir tatsächlich überlegt die Weiterfahrt um einen weiteren Tag zu verschieben – und das wäre umsonst gewesen. Den Motor hätten sie schon haben wollen, aber leider habe ich nicht die in Portugal geforderten Papiere. Die verlangen hier einen grünen Zulassungsschein!! Ähnlich wie ein KFZ Schein oder eine Bootsregistrierung. Ich habe ein Registrierungspapier vom Verkäufer für den Außenborder, aber das genügt nicht –und so wird leider nichts aus dem Verkauf. Irgendwann versenk ich ihn  einfach, denn auch der mitgebrachte Begutachter konnte den Motor nicht starten.

 

Delfine im Terminstress

Ich stehe schon vor 07:00 auf, denn spätestens um 08:00 muss ich los, wenn ich mein Ziel, die Ilha da Culatra vor Faro, noch vor Einbruch der Dunkelheit erreichen will. Und das will ich unbedingt.

Kosta, Stefanie und Teddy kommen um mich zu verabschieden. Sie finden es genau so schade wie ich, dass mein Außenborder gestern nicht gekauft wurde und so wandert er kurzerhand auf  ihr Schiff, die „ikoko“. Vielleicht findet sich ja doch noch ein Käufer bevor ich im Frühjahr zurück bin, oder sie haben selbst Verwendung dafür. Ich bin einfach nur froh dass ich nicht 2 Außenborder spazieren fahren muss. Dann gibt’s noch ein paar herzliche Umarmungen, gute Wünsche, helfende Hände an den Leinen, viel Gewinke und weg bin ich.

Draußen, vor der Hafeneinfahrt weht eine leichte Brise und so dauert es auch nicht lange bis alle Segel gesetzt sind und der Motor Pause hat. Die Morgensonne wärmt schon ein wenig und lässt die orangefarbenen Felsen der Algarveküste leuchten. Und das Frühstück im Cockpit (Kaffee und ein paar  belegte Brote) schmeckt unter Segeln gleich noch viel besser. Viel Wind ist es nicht. Wir machen nicht viel Fahrt – anfangs 4 Knoten, dann 3 dann 2 und 2 Stunden später ist es mit der herrlichen Ruhe wieder vorbei, der Motor muss wieder ran, sonst kommen wir heute nicht mehr in Culatra an. Als Alternativen gäbe es sonst nur Albufeira oder Vilamura, beides Marinas – und genau das will ich heute nicht.

Kurz nach Mittag zieht eine Schule Delfine an steuerbord vorbei. Carina hätte Lust ein wenig mit ihnen zu spielen. Sie mag es wenn sie unter ihr durchtauchen, nebenher schwimmen und mit ihr „Fangen spielen“. Also rufe ich hinüber: „Hallo Freunde, wollt ihr nicht ein bisschen rüberkommen?“ Der Leitdelfin hebt nur unmerklich den Kopf in unsere Richtung und grummelt „Keine Zeit“. Was kann denn ein Delfin so Wichtiges zu tun haben, dass er nicht mal Zeit hat ein wenig mit einem Segelschiff zu spielen? „Termine“ lautet die kurze Antwort. Termine??? Delfine haben Termine? „Klar, Whalewatching, um 14:00 Uhr in der Albufeira Bay, sonst sind die Touri’s enttäuscht und die Veranstalter sauer“. Aha, und zahlen die wenigsten ordentlich? „Schon, aber leider steckt alles der Veranstalter ein. Für uns als Akteure bleibt da nix übrig“.

Hätte ich diese Geschichte nicht gerade erfunden, täten mit die Delfine richtig leid. Wahr an der Geschichte ist nur, dass die Delfine tatsächlich an uns vorbeizogen und heute keine Lust hatten mit Carina zu spielen, dass in dieser Gegend tatsächlich „Whalewatching für Touristen angeboten wird und dass Delfine zur Familie der Wale zählen und das Sichten von Delfinen für eine Whalewatching-Tour den Erwartungen genügt. Zum Glück ist das Meer (zumindest aus meiner Sicht) noch vom Stress verschont. Was da unter mir in den Tiefen des Meeres vor sich geht, mag ja für das eine oder andere Getier schon stressig sein. Für uns über der Wasseroberfläche ist es „Entspannung pur“ solange nichts außergewöhnliches passiert. Das kommt aber meist schneller und öfter als man denkt.

 

 

Ilha Culatra bei Ebbe

 

Ich wusste auf was ich mich da einlasse, aber ich dachte nicht dass es so schlimm wird, und wäre es auch noch dunkel gewesen, hätte ich mir wahrscheinlich in die Hosen gemacht. Ich weiß jetzt wann ich diese Einfahrt zwischen den Inseln „Ilha Barreta und Ilha da Culatra“ bestimmt nie wieder passieren werde.

Alle Handbücher und Freunde die schon dort waren, empfehlen diese Einfahrt nur bei Slackwater zu passieren (Für die Nichtwissenden: das ist die Zeit bei Hochwasser oder Niedrigwasser, also dann wenn das Wasser stillsteht bevor Flut oder Ebbe wieder einsetzen und das Wasser wieder zu strömen beginnt.)

Durch diese schmale Passage zwängen sich Unmengen von Wasser bei Flut in die Lagune hinein und bei Ebbe wieder hinaus. Dadurch entstehen sehr starke Strömungen. Am stärksten sind die Strömungen bei Ebbe (wenn das Wasser abläuft und am stärksten strömt) und besonders bei Springzeit (Springzeit ist bei Vollmond, oder Neumond und bedeutet, dass hier besonders viel Wasser die Engstelle passiert, oder in der nautischen Fachsprache: wenn die Hochwässer am höchsten, und die Niedrigwässer am niedrigsten sind.)

Ich komme zur ungünstigsten Zeit dort an: Springzeit und halbe Ebbe. Aber ich habe keine Alternative. Eher (zum Hochwasserstand) hätte ich es nur schaffen können, wenn ich mitten in der Nacht Portimao verlassen hätte und später (für Niedrigwasser) wäre es bereits dunkel gewesen. Ich fahre grundsätzlich nicht in Marinas oder Ankerplätze die ich nicht kenne nach Einbruch der Dunkelheit sofern sich das irgendwie vermeiden lässt.

Der Wind ist heute unbedeutend, keine 5 Knoten und aus Nordost, so dass er keinen Einfluss auf die Passage haben wird. Ein Fischerboot kommt aus der Einfahrt und ein anderes steuert darauf zu. Das stimmt mich zuversichtlich – kann also nicht so schlimm werden. Kosta gab mir noch als Rat mit auf den Weg: Nahe an der Mauer halten, Pinne gut festhalten, Vollgas, und durch!!  Dann geht’s schon!!

Udo schrieb: Einige Segler hatten keine Ruderwirkung mehr, andere haben kaum 0.5 Knoten Fahrt geschafft.

Ha! Strömungen!! Da habe ich schon ganz andere Reviere besegelt – mit 4x soviel Tidenhub und Strömungen bis zu 9 Knoten. (Ich sollte nicht so vorlaut sein, denn in all diesen Regionen hatte ich immer den idealen Zeitpunkt zum Passieren wählen können). Nicht so hier. Es ist der ungünstigste Zeitpunkt von allen, wie ich gleich spüren sollte. Noch scheint alles friedlich, dann sehe ich im backbordseitigen Bereich der schmalen Einfahrt seltsame kurze, steile, weiß schäumende Wellen, eindeutig verursacht durch heftige Strömung. Na dann, halt ich mich halt steuerbord, wie empfohlen, da sieht es nicht so schlimm aus, und es sind ja auch nur ca. 100 Meter, die so schlimm sein sollen, dahinter sieht es ruhig aus. Da komm ich schon durch. Das kleine Fischerboot vor mir ist ja auch da durch. Und es ist viel kleiner, aber es hat einen viel stärkeren Motor!! Und plötzlich bin ich mittendrin!! Die Strömungswirbel sind heftig und wollen mir die Pinne aus der Hand reißen. Das Schiff ist kaum auf Kurs zu halten. Obwohl ich mich soweit wie möglich steuerbord halte, dreht es das Schiff hin und her und das Geschaukel wird so heftig dass ich stehend keine Kontrolle mehr über mich selbst habe. Also knie ich mich ins Cockpit, was aber das Steuern und den Überblick etwas beeinträchtigt. Aber so falle ich wenigstens nicht über Bord. Noch denke ich – nur wenige Meter, da sind wir gleich durch – aber das sind wir leider nicht. Die Strömung muss hier mindestens 6 Knoten gegen an haben, denn Carinas Motor läuft auf vollen Touren, in denen er wenig über 6 Knoten schafft. Wir stehen auf der Stelle, mitten in diesem Getose. Ich bin mir nicht sicher ob wir still stehen, oder vorwärts oder rückwärts kommen. Ich denk dauernd, „lass uns doch bitte einfach da hinein, bitte, bitte!“ Wir kämpfen uns Zentimeter um Zentimeter vorwärts, und manchmal habe ich das Gefühl die wenigen gewonnenen Zentimeter jetzt wieder zurückgespült worden zu sein. Liebe Gerti, liebe Conny und alle von denen ich nicht weiß ob ihr vielleicht ähnlich fühlt: Ihr müsst euch nicht für mich fürchten – es war nicht ernsthaft gefährlich, die Wellen nicht viel mehr als 1 m hoch und ich hatte auch keine Angst. Nur umdrehen hätte ich hier nicht können, das wäre dann doch gefährlich geworden. Aber ich hätte mich im schlimmsten Fall einfach wieder rückwärts hinausspülen lassen können, einfach nur Gas weg, und ganz schnell wäre ich wieder draußen im sicheren freien Wasser gewesen. Nur bei dem Gedanken, hier nachts durchzufahren, da läuft mir schon ein kalter Schauer über den Rücken.

Das hat jetzt sicher ganz lange gedauert bis ihr das alles gelesen habt. Noch viiiieeeel viel länger hat es für mich (zumindest gefühlt) gedauert bis ich endlich diesen Höllenritt hinter mir hatte. Dann wurde das Wasser ruhiger, aber die Strömung nicht weniger. Das Schiff lässt sich jetzt besser steuern, das Schaukeln hat ein Ende, aber immer noch macht unser Motor 6 Knoten Fahrt durchs Wasser aber nur 0,5 Knoten Fahrt über Grund. (Für die Nichtwissenden; Das bedeutet dass ich 5,5 Knoten Gegenströmung hatte und so nur noch mit einem halben Knoten (das ist nicht mal 1 kmh) vorankam. Mit jedem Meter wird es jetzt leichter und bald hat sich die Gegenströmung auf 3 Knoten reduziert. Geschafft!!

 Aber während ich im Schutz der langen Sandinsel Culatra fahre, grüble ich wie ich bei mehr als 3 Knoten Strömung in diesen engen Gewässern das Ankermanöver alleine fahre. Es sollte eines der leichtesten überhaupt werden. Am auserwählten Ankerplatz vor dem Fischerhafen von Culatra ist so gut wie gar keine Strömung, genügend Platz und der Anker hält auf Anhieb. Nur noch Ankerball setzen und Ankerlicht aufhängen und „geschafft“. Das ganze hinter mir liegende Drama wird nun belohnt mit einem fantastischen Sonnenuntergang mit kuriosen Wolkenbildern vor mir, einer warmen Tasse Tee und einem aufgehenden Vollmond hinter mir. Kann es etwas Schöneres geben? Ok, Sonnenuntergang und Mondaufgang mit vollem Magen! Ich habe Hunger und werde jetzt in der Pantry verschwinden und mir was kochen.

Später … jetzt bin ich satt, aber es ist inzwischen dunkel. Es ist schön, die funkelnden Lichter von Faro und Olhao an der Festlandküste zu sehen und eine Dieselheizung zu besitzen die im Schiff gemütliche Wärme verbreitet, während es draußen allmählich kühl (15°) wird.

 

Mi. 25.11.2015

Morgenstimmung am Ankerplatz

 

Am meisten am Fahrtenseglerleben liebe ich die Morgenstunden am Ankerplatz. Aufzuwachen von der Morgensonne die durch die Luke scheint und in der Nase kitzelt, vom Geschrei der Möwen und dem leisen Brummen der auslaufenden Fischerboote. Aus der Koje kriechen, den Kessel aufsetzen für Kaffeewasser und zum Waschen. An Bord der Carina gibt es kein Warmwasser, und weil ich mir nicht so gerne mit kaltem Wasser die Zähne putze, mach ich mir halt einfach etwas mehr Wasser warm. Im Schiff ist es noch ein wenig kühl von der Nacht, aber draußen wärmt die Morgensonne schon ordentlich. Und das ist die schönste Zeit des Tages, im T-Shirt mit einer Tasse Kaffee im Cockpit sitzen und die Stimmung auf mich wirken lassen. Noch ist es windstill, das Meer glatt und es ist Niedrigwasser. Überall auf den trockengefallenen Sandbänken sind die Muschelsammler unterwegs (hier gibt es die köstlichen Vongole). An mir vorbei zieht ein kleines Fischerboot dass sein Treibnetz einholt – und er hat einige große Fische im Netz. Mich irritiert ein wenig dass das Netz direkt neben der Carina ausgelegt war und es nicht sichtbar ist. Es war gestern abend sicher noch nicht da, denn da bin ich doch genau über diese Stelle gefahren. Es muss nachts ausgelegt worden sein. Wieder ein Grund mehr, niemals nachts einen Ankerplatz anzusteuern. Das Netz hätte sich im Propeller verfangen und ihn gestoppt.

Es ist so friedlich und still hier draußen. Im 100 m entfernten Fischerhafen herrscht reges Treiben. Hin und wieder passiert ein Fischer, die Carina auf dem Weg in die Lagune oder aus der Lagune in den Hafen, gefolgt von einer kreischenden Möwenschar. Winzig kleine Baggerschiffe, beladen mit einem großen Sandberg kommen vorbei. Sie halten die schmalen Fahrrinnen in der Lagune frei.

Das kleine Fähre aus Olhao legt an der Insel an. Sie erinnert mich ein wenig an die Fähre in Madagaskar, die zwischen der Insel Nosy Be und dem Festland verkehrt. Zumindest ist diese hier genauso gesteckt voll, einige Passagiere stehen außerhalb des Fahrgastbereichs am Heck und auf dem Dach werden Kisten transportiert. Eine davon sieht aus wie eine Schatzkiste. Menschen steigen aus, wandern über den langen Landungssteg, einige zielstrebig Richtung Land, beladen mit Plastiktüten oder Einkaufstrollys hinter sich herziehend. Scheinbar Inselbewohner die ihren Einkauf am Festland erledigt haben. Andere haben kleine Rucksäcke auf dem Rücken und bleiben erst mal auf dem Landungssteg stehen und betrachten die Umgebung – offensichtlich Tagesausflügler die vom Festland auf die Insel kamen. Eine gute Idee, ich werde jetzt auch mein Beiboot klar machen und einen Ausflug auf die Insel unternehmen.

 

 

Wellnesstag auf Culatra

 

Heute leiste ich mir eine Fußmassage. Die gibt’s hier kostenlos, man braucht keinen Termin und muss nicht mal warten, keine Menschenseele vor mir und auch keine hinter mir. Ich wandere ganz alleine 3 km barfuss über den Sandstrand und massiere die Fußsohlen.

Am Leuchtturm vom Cabo de Santa Maria angekommen finde ich eine kleines nettes Dorf vor. Hübsche gepflegte Häuschen, die mit Betonsteinen begehbar gemachten Sandgassen sind von Agaven und Yuccapalmen gesäumt. Alles macht einen adretten Eindruck, aber alle Häuser sind verschlossen und scheinen verlassen. Vermutlich sind das Ferienhäuschen die nur im Sommer bewohnt sind. Ich laufe an der langen Mole entlang zur Einfahrt in die Lagune um mir von Land aus zu betrachten wo ich gestern durchgefahren bin. Es ist in etwa der selbe Gezeitenstand wie gestern und ich kann es kaum fassen. Die Strömung hier ist bedeutend heftiger als wenn die Donau Hochwasser führt. Es sieht aus wie ein Trichter durch den das ganze Wasser mit rasender Geschwindigkeit strömt. Die Strömungswirbel, oder Eddies, wie sie in englisch heißen, sind gut erkennbar. Hätte ich das vorher gesehen, keine Menschenseele hätte mich dazu bewegen können hier durch zu fahren. Vor der Einfahrt sehe ich die grässlichen Wellen die entstehen weil 2 Sandbänke mit nur 10 und 7 m Tiefe einen 40 m tiefen Pool wie eine Klammer umschließen. All das Wasser das hier aus der riesigen Lagune mit ungeheuerer Wucht strömt, wird von diesen Sandbänken aufgestoppt und muss sich nun durch eine ca. 300 m breite Passage zwängen. Ein Baggerschiff passiert die Einfahrt. Auch es scheint auf der Stelle zu stehen und es dauert einige Minuten bis es sich sichtlich vorwärts bewegt. Was mir auffällt, alle, das Baggerschiff und auch die gestrigen Fischerboote passieren die Backbordseite der Einfahrt. Beim späteren Nachlesen stelle ich fest, das war die empfohlene Seite. Ich hatte da wohl was verwechselt und bin durch die schlimmere Seite gefahren. Egal, nun bin ich drin und wandere vergnügt über die Insel.

Auf der Insel gibt es keine Strassen und daher auch keine Autos, nur ein paar wenige Traktoren die sich ihren Weg durch den Sand pflügen. Man geht zu Fuß. Die ganze Insel besteht nur aus Sand und so wandere ich nun 4 km auf der Hauptstrasse der Insel, einer Sandpiste, zurück ins Fischerdorf.

Ich passiere ein weiteres Geisterdorf, auch hier alle Häuser verschlossen und verlassen. Es wundert mich nicht. Wenn ich mir das anschaue, 3 Dörfer auf einer nur 10 km langen und durchschnittlich 800 m breiten Insel auf der es nichts als Sand und niedriges Gestrüpp gibt, wer soll da leben können? Einzige Einnahmequelle ist das Meer, die Fische, die Muscheln und die paar Touristen die sich als Tagesausflügler hierher verirren. Ein paar müssen es schon sein, denn der winzige bewohnte Fischerort vor dem ich ankere, hat mindestens 10 Restaurants und noch einige Kneipen, die aber jetzt fast leer sind.

Bis dorthin sind es aber noch einige Kilometer zu gehen und die Sonne geht allmählich unter. Ich habe Glück dass es auf  Niedrigwasser zugeht, denn bei Hochwasser sind Teile der Hauptstrasse (Sandpiste) überflutet und ich hätte noch ein wenig Wassertreten a la Kneipp meiner Fußmassage hinzufügen müssen. Das wäre aber zu viel Wellness für einen Tag. Ganz entkomme ich dem aber doch nicht, und zumindest ein Fuß muss sich noch einer Kneippkur unterziehen. Bis ich im Heimat-Fischerdorf ankomme ist es bereits dunkel. Gut dass der Vollmond genügend Licht spendet, denn ich habe keine Taschenlampe dabei. Das Beiboot liegt noch im Fischerhafen bei den freundlichen Fischern die mir großzügig erlaubten mein kleines Gummiboot bei ihren bunten Holzbooten zu parken.

Für die meisten ist es eine Selbstverständlichkeit, aber für mich ist es immer noch ein kleines Wunder (nach allem was ich bisher erlebt habe) wenn ein Außenborder unter meinen Händen ohne Probleme startet. Im Dunklen finden wir unseren Weg zurück zur Carina, deren Ankerlicht einen Sensor hat und sich selbstständig bei Einbruch der Dunkelheit einschaltet. Andernfalls wäre es etwas schwierig geworden das Schiff im Dunklen wieder zu finden, denn der Vollmond versteckt sich gerade hinter ein paar Wolken.

 

 

Endlich wieder ein Bett für mich alleine

 

Nachdem mein neuer Außenborder jetzt seinen Platz am Heck des Beiboots gefunden hat und mich zuverlässig an Land und wieder zurück zur Carina gebracht hat, habe ich nun endlich mein Bett wieder für mich alleine. Die letzen Nächte hatte ich es nämlich mit genau diesem Außenborder geteilt, für den ich, solange der alte Mercury noch an der Befestigung am Heckkorb hing, keinen andern Platz gefunden hatte. Ein seltsamer Bettgenosse, aber wenigstens hat er nicht geschnarcht und auch nicht nach Benzin gestunken.

 

 

Und die Geschichte geht weiter …

 

Heute habe ich erst mal gefaulenzt, ein Sonnenbad im Cockpit genossen, den Rumpf des Schiffes gesäubert, vor allem den Wasserpass und bin dann am Nachmittag mit dem Beiboot auf die Insel gefahren, hab einen Kaffee getrunken, meine Einkäufe erledigt um dann noch bevor es dunkel wird zurück zur Carina zu motoren.

Im Fischerhafen in dem Carinas Beiboot genau wie gestern an der selben Stelle vor dem selben Fischerboot festgemacht ist, steht eine Gruppe Fischer beieinander, direkt vor meinem Beiboot.

Ich grüße freundlich „Bem dia“, klettere ins Beiboot und will den Außenborder starten.
Na klar, Vorführeffekt!!!!
12 Fischeraugen sind auf mich gerichtet und der Motor startet NICHT. Wie peinlich!!

Nach dem zehnten Startversuche spüre ich förmlich das Mitleid und die helfenden Hände der Fischer. Ich habe nicht mitgezählt, aber 20 Versuche haben nicht gereicht bis der Motor endlich ansprang. Puuhhh, Erleichterung, nicht nur bei mir, auch die Fischer freuen sich und machen schnell meine Leine vom Steg los und winken mir hinterher. Aber einmal in Gang gebracht bringt er mich zuverlässig zurück zur Carina.

Ich spekuliere bereits mit dem Gedanken die nächsten Tage ein bisschen mit dem Beiboot spazieren zu fahren und die Lagune zu erkunden, aber noch ist mein Vertrauen in Außenbordmotoren noch nicht ausreichend gefestigt und zum Rudern (für den Notfall) sind die Strömungen hier zu stark.

 

Sa. 29.11.2015

Markttag in Olhao

 

Samstag ist Markttag in Olhao. Olhao liegt an der Festlandküste gegenüber meinem Ankerplatz, aber für eine Beiboottour scheint es mir zu weit entfernt. So stehe ich um 07:30 am Fahrkartenschalter in Culatra um die erste Fähre nach Olhao zu nehmen. Ich bin die einzige weit und breit am Kartenschalter. „Olhao hin und zurück, bitte“ – „7,60 € bitte“ lautet die Antwort und eine Handvoll Münzen wird gegen 4 kleine Zettelchen eingetauscht. Ich schau verwundert auf die 4 Fahrscheine und überlege grad ob ich irgendwo umsteigen muss. Ich frag besser mal: „Warum 4 Fahrscheine?“ – „Na ja, hin und zurück - für 2 Personen“ lautet die Antwort. Wieso zwei? Ich bin doch alleine. Oh Verzeihung ich dachte sie sind zu zweit… Zwei Fahrscheine werden gegen 3,80 € ausgetauscht und ich mach mich auf den Weg zum Steg. Seltsam, diese Insel, gestern im Strandcafe, als ich einen Cafe au lait bestellt hatte, kam die Bedienung auch mit 2 Tassen anmarschiert und war sehr erstaunt dass ich alleine bin. 

Inzwischen haben sich zahlreiche Menschen am Steg eingefunden. Die meisten mit leeren Einkaufstrollys, einige Männer mit Angelausrüstung, ein Herr mit einer Fahrradfelge, und die kleine bunte Fähre ist wieder gut voll als sie ablegt. 30 Minuten braucht sie weil sie einen weiten Bogen um all die flachen Sandbänke fahren muss, die aber nur bei Niedrigwasser sichtbar sind.

In Olhao herrscht buntes Treibein in und vor den großen Markthallen. Eine Halle beherbergt Obst, Gemüse, Fleisch, Wurst und Käse, die andere Fisch und Schalentiere. Draußen unter bunten Sonnenschirmen werden weiteres Obst und Gemüse, Blumen und Vögel verkauft. Eigentlich bin ich auch zum Einkaufen hergekommen, aber die Vielfalt erschlägt mich und ich kann mich nicht entscheiden was ich kaufen soll. So wandere ich einfach einige Male über den Markt, kauf mir ein warmes Churros (eine Art Schmalzgebäck), betrachte und genieße das geschäftige Treiben und kaufe nichts. Erst beim 4. Rundgang durch die Fischhalle kann ich dann doch nicht wiederstehen und kaufe mir ein schönes großes Stück Thunfischsteak (220 g für 1,80 €) fürs heutige Abendessen.

Dann such mir in der Stadt einen Platz in der Sonne im Straßencafe mit Wifi, trinke einen großen Milchkaffee (für 1,10 €), beantworte alle Mails, hol mir die aktuellen Wetterberichte, bummle noch ein wenig durch die Strassen von Olhao und fotografiere den Storch der auf dem Kirchendach sein Nest gebaut hat.

Der Markt ist inzwischen beendet und ich habe immer noch kein Gemüse gekauft. Also gehe ich den kleinen Kramerladen, kaufe 1 Pfund Karotten, 1 Süsskartoffel und eine Tüte Erbsenschoten. Ich höre gar nicht hin als mir an der Kasse der Preis genannt wird und reiche der Dame an der Kasse einen 50 € Schein. Verzweifelt schaut sie auf den Schein und fragt mich auf portugiesisch ob ich keine Münzen hätte. Mein fragender Blick, wie viele denn, ermutigt den hinter mir an der Kasse stehenden Herrn sich helfend einzuschalten. Auf englisch fragt er mich welche Sprache ich denn spreche. Ich antworte: Englisch, Deutsch und Französisch aber leider kein Portugiesisch. „Es kostet 1,04 €“ antwortet er auf englisch und fügt hinzu: „Sie sollten portugiesisch lernen“ und die Schlange hinter ihm nickt zustimmend. „Ja das sollte ich“ antworte ich auf englisch und gleichzeitig, sage ich „Obrigada“ zur Kassiererin die mir gerade auf 1,20 herausgegeben hat. Das war portugiesisch und heißt ‚danke’ und alle, die Kassiererin und die Schlange hinter mir an der Kasse freuen sich und nicken mir lächelnd und ermunternd zu.

Am Spätnachmittag bin ich wieder zurück in Culatra am Fischerhafen wo mein Beiboot auf mich wartet. Heute, ohne Zuschauer, springt der Außenborder beim 3. Mal an. Ist das nicht sonderbar?

 

 

Der Traum

Seit gestern ist es sehr windig geworden am Ankerplatz, aber das ist kein Grund zur Unruhe, der Anker hält bombenfest, trotz Wind und Strömung. Aber für eine Beiboottour ist mir das Meer doch zu unruhig und so verbringe ich die nächsten beide Tage an Bord ohne einen Fuß an Land gesetzt zu haben.

Gestern Nacht hatte ich einen seltsamen Traum.
Ich stand am Gehsteig und unterhielt mich mit jemand. Aber ich konnte mich nicht stillhalten. Ich sprang auf und ab wie ein Gummiball. Es war mir unmöglich ständigen Bodenkontakt zu halten.

Als ich am morgen aufwachte und gerade noch dachte, welch seltsame Träume man oft auf einem Schiff hat, war mir plötzlich alles klar. Während ich noch in meiner Bugkabine lag und draußen der Wind in den Wanten heulte hob und senkte sich der Bug des Schiffes ständig weil das Meer so unruhig war. Dadurch wurde ich bei jedem Senken des Bugs in die Höhe gehoben, ein Gefühl als würde man schwerelos und sich von der Matratze lösen. Bei jedem Heben des Bugs spürte ich wieder mein volles Körpergewicht wie es auf die Matratze drückt. Und das ging wohl die ganze Nacht so. Anstelle davon aufzuwachen, hatte ich diesen „Hüpfenden-Gummiball-Traum“.

 

 

Di. 01.12.2015

Auf dem Weg nach Spanien - die verlorene Buglaterne und die verwirrenden Netze

 

Heute sollte der Wind zurückgehen auf 5 und später 4 Bft und der Seegang auf 1,50 m, später 1 m. (Für die Nichtwissenden: Bft (= Beaufort) ist eine Maßeinheit für die Windstärke auf einer Skala von 0 – 12 die die Auswirkung des Windes auf das Meer beschreibt, also angibt ob das Meer spiegelglatt oder wild und rau sein wird. Wobei 5 Bft umgerechnet 17-21 Knoten oder 29-38 km/h entsprechen und das Meer ausgeprägte Wellen mit Schaumkronen und vereinzelt Gischt aufweist.)
Das scheint mir günstiger Tag für die weitere Reise zu sein, denn eine Woche in Culatra ist genug. Es ist zwar ein schöner, sicherer Ankerplatz, aber um diese Zeit des Jahres liegt hier wirklich der Hund begraben. Die wenigen Schiffe die um mich herum ankern sind unbemannt und an Land ist es außer den Fischern ziemlich menschenleer. 

Ich freue mich schon darauf wieder mal zu segeln und auf Spanien und einen Hafen in dem es wieder Menschen gibt, die vielleicht sogar eine Sprache sprechen, die ich verstehe.

Um diesmal einen günstigeren Zeitpunkt für die Ausfahrt zwischen den Inseln zu wählen und den richtigen Zeitpunkt für die Ansteuerung von Ayamonte (meinem heutigen Tagesziel) einhalten zu können ist es erforderlich spätestens um 07:30 die Ausfahrt zu passieren. Um diese Zeit beginnt es gerade mal zu dämmern. Noch im Dunklen bereite ich das Schiff für die Abfahrt vor und lichte den Anker. Punkt 07:00 Uhr bin ich unterwegs und froh dass es schon ein wenig Dämmerlicht gibt. In ca 30 Minuten werde ich an der grausligen Einfahrt, über die ich bereits ausgiebig berichtet hatte, ankommen. Und da wollte ich ja unter keinen Umständen im Dunklen durch.

Dieses Mal kann es nicht so schlimm werden, wir haben schon fast Nippzeit. Das ist bei Halbmond und bedeutet dass sich weniger Wasser durch die Engstelle zwängen muss, da der Tidenhub (= die Differenz zwischen Hochwasserstand und Niedrigwasserstand in Metern) bei Nippzeit weniger ist als bei Springzeit, oder in der nautischen Fachssprache ‚die Hochwässer am niedrigsten und die Niedrigwässer am höchsten sind’. In Zahlen bedeutet dies an dieser Stelle heute nur 2 m statt bei Spring 3 m Differenz zwischen Hoch- und Niedrigwasserstand. Ich messe nur 2-3 kn mitlaufenden Strom bei der Ausfahrt. Das bedeutet ich passiere sie mit 8-9 Knoten Geschwindigkeit. Nach der Ausfahrt erwartet mich ein ähnlich grässliches Wellen- und Wirbelspiel wie bei der Einfahrt vor einer Woche, aber diesmal hilft die Strömung dies schnell hinter mich zu bringen und eh man sich’s versieht  - Schlurp – schon sind wir durch.

Ich hatte mich auf einen schönen Segeltag gefreut, aber daraus wird leider nichts. Der Himmel ist bedeckt, der Wind kommt genau aus der Richtung in die ich will und so bliebe nur zu kreuzen. (Für die Nichtwissenden: Ein Segelschiff kann nicht genau gegen den Wind ansegeln. Es müsste gegen den Wind im Zick-Zack fahren um voranzukommen. Man nennt das in der nautischen Sprache „Keuzen“)

Das würde aber bedeuten dass ich statt der 39 Seemeilen die ich heute vor mir habe mindestens 70 oder mehr fahren müsste und dazu reicht die Zeit nicht aus. Zum einen sind die Tage um diese Jahreszeit zu kurz, es würde schon lange dunkel sein bevor ich ankäme und vor allem würde ich nicht den Zeitpunkt zwischen halber Flut und Hochwasserstand zum Passieren der nur 1,40 m tiefen Barre (= Sandbank) einhalten können. Also leider wieder eine Passage unter Motor. Die Hoffnung auf eine spätere Winddrehung um doch noch segeln zu können und eine Beruhigung des sehr rauen Meeres bleibt. Die Wellen sind heute nicht nur wie angekündigt „ausgeprägt mit Schaumkronen“ sie sind auch extrem kurz und steil. Das kommt daher dass der Wind gegen die Wellen- und Strömungsrichtung bläst und eine Windsee (Wellen die durch Wind entstehen) gegen den vorherrschenden Schwell (Wellen die aus einer vorhergegangenen Windsee aus einer anderen Richtung stammen oder auch durch Strömungen entstehen) entstehen lässt. Dadurch stehen sich 2 Wellen entgegen und daraus entsteht ein sehr unangenehmer Seegang. Der Motor kämpft sich mühselig gegen die See voran mit ca 4 Knoten Fahrt. Immer wieder stoppt uns eine Verwirbelung auf bis zu 1 Knoten Fahrt herunter. Der Bug taucht ständig in die kurzen Wellen ein und nimmt Unmengen von Wasser auf die das Deck überspülen. Im Cockpit bleibe ich überwiegend trocken, da mich die Sprayhood (ein Windschutz vor dem Cockpit) vor den Wellen und dem kühlen steifen Wind schützt.

Die Wucht mit der der Bug in das Wasser platscht hat die Buglaterne aus ihrer Verankerung gerissen, die nun nur noch am Kabel hängend vor dem Bug baumelt. Das hatte ich schon mal in Galicien, da war nicht nur die alte Buglaterne aus der Halterung gerissen worden, da wurde die gesamte Halterung abgerissen. Die neue Buglaterne hatte ich gerade erst vor knapp 2 Wochen in Portimao montiert. Die Halterung die ich versetzt hatte, hat den Wellen getrotzt, aber das System mit der die Laterne in der Halterung befestigt ist, ist nicht sehr praktikabel. Ein kleiner Hebel klemmt die Laterne in der Halterung fest. Löst man diesen kann man die Laterne nach oben abziehen. Genau das hatte das ständige Platschen des Bugs ins Wasser verursacht. Ich denke mir bereits eine Lösung für dieses Problem aus, während ich der baumelnden Buglaterne zuschaue. Jeder Seefahrer der mich jetzt sieht muss komplett verwirrt sein, welche Art von Schiff ich denn sein könnte, denn die Buglaterne hängt nun kopfüber so dass das rote und das grüne Licht vertauscht sind. (Für die Nichtwissenden: Schiffe haben am Bug an der Steuerbordseite 8rechts) ein grünes Licht und an der Backbordseite (links) ein rotes Licht, damit man erkennen kann in welche Richtung es fährt). Bei mir sieht das nun aus als würde ich rückwärts fahren. Ich mach das Licht aus und hoffe die Laterne wird in dieser Stellung verharren bis sich der Seegang etwas beruhigt hat. Unter diesen Bedingungen kann ich das Cockpit nicht verlassen um am Bug mit der Laterne zu hantieren. Nicht nur dass das Geschaukel zu wild ist und ich über Bord fallen könnte, ich würde auch tropfnass werden von all dem überkommenden Wasser. Die Laterne bleibt tapfer, aber nach 2 Stunden hat sie den Kampf leider verloren. Das Meer hat sie mit sich genommen. Das stimmt mich ein wenig traurig. Der Buglaternenverschleiß auf dieser Reise ist enorm. Nun muss ich schauen wo ich schnell eine Neue herbekomme, denn ohne Laterne kann ich meine weitere Reise nicht fortsetzen.

Kurz nach Mittag dreht der Wind etwas auf Südost und ich versuche es noch mal mit dem Segeln, aber nicht mal mit Kreuzen komm ich voran, der Wind ist zu wechselhaft und pendelt zwischen Ost und Südost. Inzwischen hat sich auch die Windstärke auf 3 Bft verringert und das Meer wird zunehmend angenehmer, die Wellen niedriger und langgezogener. Aber die Sonne schafft es nicht sich durch die Wolkendecke zu kämpfen und es bleibt kühl hier draußen.

Noch 5 Seemeilen bis zur Einfahrt in den Rio Guadiana an dessen Mündung die Städte Villa Real und Ayamonte (mein heutiges Ziel) liegen. Inzwischen häufen sich auch die ausgelegten Krabbenkörbe die an kleinen schwimmenden Bojen mit bunten Fähnchen erkennbar sind. Sie sind nicht gefährlich für mich, man kann an jeder Seite an ihnen vorbeifahren, nur überfahren sollte man sie nicht. Ganz anders ist das mit den ausgelegten Netzen. Die stellen eine echte Gefahr dar, weil sie, falls man in sie hineinfährt, sich in der Schiffsschraube verfangen und ihn zum Stillstand bringen können – und man sie nur sehr schwer sehen kann. Wenn sie korrekt ausgelegt und gekennzeichnet sind, haben sie an ihrem westlichen Ende eine Boje mit 2 roten Fähnchen und an ihrem östlichen Ende eine Boje mit einem grünen Fähnchen angebracht. Ich fahre gerade auf eine Boje mit 2 roten Fähnchen zu. Au weia –wo soll ich jetzt vorbeifahren? Wie wird denn das Netz ausgelegt sein? Es kann sich von dieser Boje entweder gerade zu ostwärts oder südöstlich oder nordöstlich ausdehnen. Wie das weiß man nicht. Das erkennt man erst wenn man die östliche Boje erblicken kann. Da diese Netze aber sehr lang sein können sieht man die andere Boje meist nicht. Ich vermute dass es in Strömungsrichtung liegt und passiere es entsprechend. Eigentlich sollte das Netz zwischen den beiden Bojen mit kleinen weißen Fähnchen gekennzeichnet sein. Ich sehe einige weiße Flecken auf dem Wasser, etwas zu wirr angeordnet um ein Netz zu kennzeichnen, und beim näher kommen entpuppen sie sich jeweils als Möwen. Dann endlich kommt die Boje mit dem grünen Fähnchen in Sicht. Geschafft. Heil dran vorbeigekommen!! Aber die Aufregung geht weiter. Unzählige Krabbenkorbfähnchen umgeben mich – alle 50 Meter eine, systematisch ausgelegt. Dummerweise dürfen diese Fähnchen alle Farben haben und es ist erlaubt eine oder mehrere Fähnchen auf der Boje zu haben. So hat jeder Fischer seine Bojen in seiner bevorzugten Weise gekennzeichnet um sie von denen der anderen Fischer zu unterscheiden. Ungeschickterweise verwenden sie auch rote und grüne Fähnchen, was bei mir immer wieder für Aufregung sorgt: Ist es nur ein Krabbenkorb oder wieder ein Netz? Wohin soll ich steuern? Und so sieht im Nachhinein betrachtet mein Track, den das Navi aufzeichnet, aus als wäre ein Hase auf der Flucht.

Die Ansteuerungstonnen des Rio Guadiana die laut Seekarte ca 1 Seemeile vor der Einfahrt liegen suche ich vergebens. Sie sind nicht da. Und auch die anderen in den Karten eingezeichneten Bojen befinden sich nicht an den angegebenen Stellen. Da sich hier die Tiefen durch den aus dem Fluss angespülten Sand häufig ändern, hat man auch die Bojen entsprechend umgesetzt. Ich bin ein wenig zu früh dran für die Ansteuerung, aber da wir ja Nippzeit haben und es ca einen Meter mehr Wasser geben wird als in den Karten angegeben, komme ich zwischen den Bojen ohne Probleme durch.

Ich passiere die Marina von Villa Real an der rechten Uferseite. Die ist gesteckt voll und der Ort sieht auch nicht sonderlich attraktiv aus. Egal, ich will ja sowieso nach Ayamonte ein kleines Stück flussaufwärts an der linken Uferseite. Ich will erst mal dran vorbeifahren und sie begutachten bevor ich mich entscheide und mich per Funk anmelde.

Beinahe hätte ich die Einfahrt übersehen, so geschützt liegt der Hafen vor dem hübschen Ort. Ohh, das sieht nicht gut aus. Mitten in der schmalen Einfahrt liegt ein riesiges Baggerschiff und baggert. Ich hatte bereits in den Handbüchern gelesen dass der Hafen sehr versandet sei und die ‚Navionics’-Seekarten auf meinem Tablet zeigen auch nur eine Tiefe von 1 m an den äußeren Pontoons an. Das würde ja gerade so reichen mit dem zusätzlichen Meter Wassertiefe den wir aktuell haben. Aber wie soll ich an diesem Bagger vorbeikommen? Wahrscheinlich ist die Marina zur Zeit gesperrt. Also doch nach Vila Real!! Da will ich aber eigentlich gar nicht hin. Den Fluss hinauf und ankern? Das wäre eine gute Alternative, aber ich brauche frisches Wasser und wieder mal eine Dusche. Als mein Tiefenmesser grad nur noch 0,8 Meter anzeigt und ich in der Karte gerade sehe dass ich mich grad auf einem Bereich mit nur 0.2 m Kartentiefe befinde, gebe ich den „Fluss-Hinuffahren-Plan“ ganz schnell wieder auf, denn der Fluss ist nicht betonnt (das heißt er hat keine Seezeichen die das tiefe Fahrwasser kennzeichnen) da nicht für die Schifffahrt vorgesehen, und meine Kartendetails mit den Wassertiefen enden gleich nach der großen Hängebrücke. Ich versuch es einfach doch mit der Marina Ayamonte und ruf sie am Funk auf dem angegeben Kanal 09. Ich bin fast erstaunt als ich prompt eine Antwort in gutem englisch bekomme. Sie hätten Platz für mich mit ausreichender Wassertiefe, aber die Einfahrt sei erst in einer Stunde passierbar (wegen dem Bagger). Ich sollte mich in einer Stunde wieder melden. Hhmmm, was soll ich denn eine ganze Stunde lang machen? Ich versichere mich in einer Stunde wieder zu melden, lass mich im Fluss treiben, bewundere den schönen Ort Ayamonte vom Fluss aus und verwerfe ganz schnell wieder den aufkommenden Gedanken es doch in der vollen Vila-Real-Marina zu versuchen. Es sind noch keine 20 Minuten vergangen, da ruft mich die Marina Ayamonte am Funk, wo ich mich denn gerade befinde? Der Bagger würde seine Arbeit unterbrechen um mich passieren zu lassen, und sie würden auch jemand an den Steg schicken der mir beim Anlegen mit den Leinen helfen würde. Yuuhuuu. Ich warte noch die Freigabe der Einfahrt ab, grüble grad an welcher Seite ich den Bagger passieren soll, denn er hat keine Signale gesetzt, wo man ihn passieren kann außer dem für „Manövrierbehinderung“. Ist ja hier auch nicht nötig, da ja kein Durchgangsverkehr. Eigentlich hatte ich mich schon für die Seite entschieden an der er nicht gebaggert hat, da sehe ich gerade dass er auf der anderen Seite eine Festmacherleine löst um mich passieren zu lassen. Er ist nämlich auf beiden Seiten vertäut und meine Wahlseite hätte in einem Desaster geendet. Es ist verdammt eng zwischen Bagger und Steg, aber zum Glück ist hier kaum Strömung – und dann sehe ich auch schon meinen Helfer am Steg F winken. Drin, Leinen fest, geschafft! Und schön ist das hier. Direkt vor einem Hügel an den sich weiße kubische Häuser schmiegen, gekrönt von 2 hübschen Kirchlein, der Hafen gesäumt von einer palmenbestandenen Promenade hinter der sich Häuserfronten erstrecken, die Gedanken an Karibik und Havanna aufkommen lassen. Alleen mit Orangenbäumen die voller Früchte hängen … Ich glaub hier bleib ich ein wenig länger, auch wenn ich wieder mal ganz alleine hier im Hafen bin – er ist aufgrund der Baggerarbeiten und der fast abgeschlossenen Runderneuerung alle Stege und Einrichtungen fast leer. Dafür ist das Städtchen vor dem ich liege umso lebhafter.

 

 

Ayamonte - Wo die Fähre bereits ankommt bevor sie überhaupt losgefahren ist

 

Der Rio Guadiana trennt die Städte Vila Real und Ayamonte und ist gleichzeitig Grenzfluss zwischen Portugal und Spanien. Zwischen diesen beiden Städtchen verkehrt eine kleine Fähre die eine fehlende Brücke ersetzt. Wenn man die Fahrpläne betrachtet mag man etwas verwirrt sein. Wie kann eine Fähre von Vila Real nach Ayamonte für geschätzte 500 m auf die andere Flussseite 1 Stunde und 15 Minuten brauchen? Und noch verwirrender wird es wenn man den Plan in Ayamonte studiert. Denn die Fähre kommt 45 Minuten früher in Vila Real an als sie in Ayamonte losfährt. ????? Das stimmt schon so. Denn der Rio trennt nicht nur 2 Länder voneinander sondern auch 2 Zeitzonen. In Spanien (Ayamonte) gilt MEZ (Mitteleuropäische Sommerzeit) so wie in Deutschland auch, während in Vila Real (Portugal) UTC (Univesral time coordinated) wie in England, gilt. Wenn es in Ayamonte bereits 18:00 Uhr ist, ist es in Vila Real auf der anderen Seite des Flusses erst 17:00 Uhr. Das ist sehr praktisch wenn man die Zeit übersehen hat und vor verschlossener Tür vorm Supermarkt steht. Dann fährt man halt schnell noch mal nach Portugal rüber zum Einkaufen.

 

03.12.2015

Heute ist mein Geburtstag und mein schönstes Geburtstagsgeschenk ist sass ich es geschafft habe mich aus dem Arbeitsleben zu verabschieden, auf meinem Schiff leben kann, alle Zeit der Welt habe um heute im T-Shirt bei Sonnenschein durch dieses hübsche Städtchen flanieren zu können, einen Kaffee im Straßencafe unter dem Orangenbaum zu trinken und dem bunten Treiben zuzuschauen. Vielleicht finde ich sogar eines mit Free-WiFi um euch diese Zeilen zu senden.

Bis dahin – viele Grüße von einer umtriebigen Erika der es richtig gut geht.

 

 

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